Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Der unterirdische Gang bei Kapellendorf, Thüringen
Beim Ackern sei es passiert. Ein Bauer sah sein Pferd auf einmal fast in der Erde versinken. Ein unterirdischer Gang kam zum Vorschein, den man dann im Oktober 1812 aufgegraben hat. Passiert ist das außerhalb von Kapellendorf, einem kleinen Dorf Weimar und Jena in Thüringen, an einer Stelle, die noch heute die Bezeichnung "In den Spitzen" trägt.
Man fand einen sich rechtwinklig windenden Gang mit 6 Abschnitten und einem abschließenden "Gewölbe". An den Seiten sind die Gänge gemauert, oben gewölbt und unten gepflastert. Türen gab es in dem Gang nicht, allerdings Vorrichtungen, wo man von innen Brettertüren hätte einsetzen können mit passenden, innen liegenden Löchern für Einsatzriegel. Die Gänge scheinen nur in gebückter Haltung begehbar gewesen zu sein.
In dem Bericht aus dem Jahren 1813 wird schon spekuliert, wozu
dieser Winkelgang mit Abschlußraum wohl gedient habe. Die klassischen
Hypothesen werden gesprochen:
- Zufluchtsort
- verstecktes Vorratslagen
- Ort für "Inklusa" der Nonnen.
Keine der der Hyothesen wird schon damals als wirklich befriedigend angenommen.
In der Nähe des Ganges muß einmal ein größeres Gebäude gestanden haben,
aber auch dessen Zweck bleibt im dunkeln. Die ehemalige Probstei? Der Wohnort
von Nonnen, die außerhalb des Klosters gelebt hätten.
Man fand Spuren eines großen Feuers in dem Gang in Form von "Brandsteinen" und Kohle.
War es vielleicht ein Erdstall? Der Grundriß läßt Zweifel aufkommen, aber vielleicht gab es hier eine besondere Bauform davon?
Im September 2015 waren wir, Willi Adelung, einmal in Kapellendorf und haben nachgeschaut. Ausgeschildert war da gar nichts, zumindest auf einer Ortstafel fanden wir die Bezeichung "In den Spitzen". Willi fragte sich bei den Leuten durch und wurde tatsächlich fündig. Die Geschichte ist im Dorf überall bekannt und einer hat einmal mit einem Suchgerät herumgeforscht. Tatsächlich zeigte sich auf seiner Anzeige ein Hohlraum. Ob es der gesuchte ist, das weiß man bis heute noch nicht, weil nicht nachgegraben worden ist.
Das wäre eine ideale Stelle, um einmal auch bei uns mit heute schon funktionierenden Bodenradargeräten genaue Untersuchungen anzustellen, wie das bereits in anderen Ländern passiert ist, z.B. in Frankreich.
Die Kirche im Dorf
In der Nähe der Stelle "In den Spitzen" |
Literatur:
ohne Verfasserangabe | Curiositäten der physisch - literarisch - artistisch - historischen Vor- und Mitwelt; zur angenehmen Unterhaltung für gebildete Leser, Dritter Band, Verlage des H. S. privil. Landes- Industrie - Comptoirs, 1813 |
Links:
Erdställe / Schrazellöcher / "künstliche Höhlen"
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