Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Klangsteine


Das ist das Ende vom Lied. "Beating Stalactite Prohibited" steht auf einer Tafel in der Silver Cave in Guilin/China. Da haben zu viele Menschen ausprobieren wollen, wie es klingt, wenn man die "Tropfsteinorgel" "spielt". Wie so oft auch in anderen Bereichen dieser Welt, kann nicht immer alles für alle zugänglich gemacht werden. Was im Einzelfall möglich und sinnvoll ist, das wird in der Masse zerstört. Auch die Tropfsteine.

Daß die scheinbar nur stummen Steine auch Hörbares von sich geben können, das ist im Grunde eine uralte Erfahrung, die aber kaum in der Öffentlichkeit bekannt ist. Schon in der Steinzeit hat man an Tropfsteine geklopft, wie Einzelfunde in Höhlen zeigen.

In wenigen Ländern sind "Klangsteine" Teil der Kultur. In Vietnam zum Beispiel und in China. In Gia Nghia City im Museum of Sounds in Vietnam hat man eine eigene Abteilung für die Klangsteine aus der Gegend eingerichtet. Man findet dort die "Phonolithen", eine spezielle Steinart, mit denen Klänge erzeugen kann und die einen Platz in der Kultur der Einwohner einnimmt. Eines davon soll schon ein Alter von 3.000 Jahren haben. https://www.vietnam.vn/en/daknong/bau-vat-3-000-nam-o-dak-nong/

1987 entdeckte Klaus Fessmann "die Sprachwelt des berühmten Lyrikers Werner Dürrson. Fasziniert von den Sprachklängen des Zyklusses "Höhlensprache" entdeckte er die Welt der Klänge der Steine." (Webtext)

Ich stieß 2002 auf ihm, als in Salzburg ein Symposium zum Klang der Steine stattfand. Bald darauf stand bei mir zuhause ein solcher Stein, auf dem ich damals regelmäßig spielte. Ein diesbezüglicher Höhepunkt war ein kleines Daraufspielen in der Dechenhöhle im Sauerland 2008, wo gerade das jährliche Höhle-Religion-Psychetreffen stattfand, und wo er eine lange Reise durchstand.

Faszinierend war ein Konzert im Ulmer Münster mit seiner damaligen Musikgruppe. Als Zuhörer bekam man das Gefühl, daß mit dem gespielen Stein der gesamte Baukörper mitschwingen würde - und unglaubliches Gefühl.

Anlaß für die Entstehung dieser Webseite war ein Erlebnis im Steinwald von Shinling in China im November 2024. Dort gibt es nämlich einen Kalkfelsen, der übersetzt, so etwas wie "Klangstein/Musikstein" heißt. Tatsächlich kann jeder dem Fels mit seinen Vertiefungen bei entsprechenden Bewegungen Töne entlocken! Die Touristenführer wissen das und führen das Phänomen gerne ihren Gästen vor. Man sieht es dem Stein natürlich an - er ist inzwischen glattpoliert. 


In zahlreichen Schauhöhlen nützt man den Klangeffekt seit langem, um die Besucher zu beeindrucken.

Beispiele:

- Silver Cave, Guilin, China / Vom "Music Stone Screen" heißt es in der Höhlenbeschreibung: "Music Stone Screen is composed of stone pieces of different heights and thickness. When rapping lightly on them, visitors can hear melodious tunes. It's easy to lose oneself in the wonderful scene." Das "rapping" haben wohl viele mit einem sehr kräftigen Schlag für sich übersetzt und kräftig zugelangt. Das scheint massive Spuren hinterlassen zu haben, denn heute ich dort ein großes Schild: "Beating stalaktite prohibited". 

- Luray Caverns, Virginia, USA / Für die Höhle wurde die "Great Stalactite Organ" gebaut, ein Instrument, das direkt den Tropfsteinen die Töne "entlockt", in dem sie mit ummantelten Hämmern angeschlagen werden. Sie kann wie eine Orgel gespielt werden - automatisch oder von Hand. https://luraycaverns.com/ Es wird als das "Größte Musikinstrument der Erde" bezeichnet. https://www.villagevirtuoso.com/the-great-stalactite-organ-of-luray-caverns/
Es gibt eine CD aus dem Jahre 2001 von Monte Maxwell, die mit Musik aus der Höhle bespielt ist. Titel: Shanandoah, America The Beautiful, Silent Night, Für Elise....https://www.amazon.com/Midnight-Caverns-Monte-Maxwell/dp/B002V75JA6 Bei AMAZON wird sie im November 2024 für abenteuerliche 99 Euro angeboten.

- Grutas de Las Ruinas, Mexico / In der Galerie du Lithophone, die nur nach einer langen Kriechstrecke mit höchstens 30 cm Höhe erreichbar ist, steht eine Art Altar aus 2 Stalagmiten und das "Lithopone". Die diversen Sinterformen würden zahlreiche Spuren zeigen, dass darauf einmal "Musik" gemacht worden ist.

- Binghöhle bei Streitberg

 


Literatur: 

Fessmann, Klaus (2008): Klangsteine: Begegnung mit dem ewigen Gedächtnis der Erde - Mit einem Vorwort von Masaru Emoto. Mit Audio-CD: Begegnung mit dem ewigen Gedächtnis der Erde. Vorw. v. Masaru Emoto, südwest

Fessmann, Klaus, Kruhl, Jörn H. (  ): KlangSteine Vom Stein zum Klang zum Menschen – Eine Standortbestimmung / Mit Beiträgen von Christian Allesch, Hannes Fessmann, Philipp Friedrich, Sabine Kern, Artur W. Kolodziey

Lindenmayr, Franz (2003): Hörsinn und Höhle, Höhle-Religion-Psyche 2002/2003, 

Links:

Gia Nghia City Museum of Sounds, Vietnam https://daknonggeopark.com/en/tourism/sound-of-the-earth/explorasound-the-first-museum-of-sounds-in-vietnam/

https://klangsteine.com/

https://www.youtube.com/watch?v=NLaR-unnCEE

https://www.youtube.com/watch?v=OlD6LtBm52g

https://www.youtube.com/watch?v=we-yEJDUUnw

https://www.youtube.com/shorts/5Yg8O3HVZWU

https://www.rootsworld.com/feature/lithophones-23.shtml

Hörsinn und Höhle


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