Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Chantausflug ins Schulerloch


Für den 11. September 2004 hatte Wolfgang Friederich, der seit einiger Zeit die "Offene Chant-Gruppe München" leitet, einen Chantausflug ins Schulerloch im Unteren Altmühltal geplant. Das war schon ein Risiko, weil dies zum ersten Male sein sollte und es schwer abzuschätzen war, wieviele es wirklich werden würden, die mitkommen wollten. Für den Organisator ist das eine schwierige Angelegenheit, weil die Höhle zu reservieren ist im voraus und ein Bus bestellt werden sollte.

Tatsächlich war erst geplant mit einem 30-Personen-Bus zu fahren. Als wir uns dann am Samstag nachmittag um 3 Uhr in der Schwere-Reiter-Straße in München zusammenfanden, da war ein großer Bus voll und die letzten mußten mit dem Privatpkw noch hinterher düsen.

Und beim Schulerloch kamen noch ein paar dazu. Ein paar zufällige Schauhöhlenbesucher waren gleich so hingerissen, daß sie sich uns anschlossen. Ich glaube, es hat auch sie fasziniert.

Als wir die Höhle betraten, da schien die Sonne in den Eingangsraum und das führte zu außergewöhnlichen Lichtspielen, insbesondere, wenn sich ihre Strahlen in den hennaroten Haaren einiger Frauen verfingen.

Wir bekamen erst einmal eine klassische Höhlenführung geboten, die uns in alle dem Touristen zugänglichen Teile führte.

Dann versammelten wir uns alle im sog. Druidensaal, wo der meiste Raum war, um in einem Kreis zusammenzustehen und zu "chanten".



Was ist das? Im Grunde was ganz Einfaches. Man singt ein kurzes Textstück wieder und wieder und wieder nach einer Melodie. Zum Beispiel: "Sha............". Hier sind es nur 4 Wörter. Es können aber auch längere und kompliziertere Lautfolgen sein wie: "Akiwowo Oloko Ile / Yowo Gbe Mi Dele, Yowo Gbe Mi Dele Ile Baba Mi / Akiwowo Oloko Ile / O Se 0. Das klingt vielleicht kompliziert, aber diese Lautfolgen lernt man ziemlich schnell, wenn man einfach mitmacht und mitschwingt.

Die Lautfolgen kommen von überall her auf der Erde: aus Indien, dem Sufismus, dem hebräischen Sprachraum, indianische Texte, aus Neuseeland, ja, wenn man verstanden hat, um was es geht, dann läßt sich sogar auf ein wunderbares Gedicht in deutscher Sprache "chanten". Auf: "Schläft ein Lied in allen Dingen" von Joseph von Eichendorff zum Beispiel.

Wichtig ist die Anmerkung, daß es sich hier um keinen "Chor" handelt. Im Vordergrund steht nicht die perfekte Ästhetik, der absolute Wohlklang, sondern einfach das Kommenlassen der Töne. Es gibt so kein "falsches Singen". Alle Töne gehören zusammen. Unterlegt wird das Ganze durch das Gitarrespiel von Wolfgang, der sein Instrument sehr gut beherrscht. Ist so eine Lautfolge gerade wieder zu Ende, dann kreiert er oft ein kurzes Zwischenspiel auf der Gitarre und schon gehts weiter mit "The river is flowing" oder "Sri Ram Jai Ram Jai Jai Ram" oder.....

Den Liedern wird auch Heilkraft zugeschrieben. Das kann auf verschiedene Weise genutzt werden, z.B. ist es möglich, sich in die Mitte des Kreises zu legen. Eine Teilnehmerin nannte das "die Gebärmutter". Es ist schon ein Erlebnis, sich das mal zu gönnen. Ich habs auch mal ausprobiert. Das Umspültwerden von diesen Klängen ist schon was Herrliches. Ich lag auf dem Rücken und auf einmal sah ich an der Decke dieses fast runde Loch darin, das nach oben hinaufführte und meine Aufmerksamkeit auf sich lenkte.

Soweit es der Raum zuließ, wurde auch getanzt. Einfache Schrittfolgen, aber auch das brachte Bewegung in alle. Besonders die kleine Schrittfolge, bei der man immer weiter nach rechts ging und so im Raum rund um die in der Mitte stehenden Teelichter sich bewegte, paßte sehr gut. Man sah den Raum immer aus einer anderen Perspektive!

Eine gute Stunde dauerte der Event, und gegen Ende zu wurde, dem Datum entsprechend, schließlich hatten wir ja den 11. September, auch noch für den "Frieden" gechantet.

Wolfgang

Ein starkes Erlebnis war auch, die Höhle wieder zu verlassen! War man warm angezogen, dann fiel einem während des Höhlenaufenthalts es gar nicht so auf, daß es da unten doch nur 9° Celsius hat. Als wir dann wieder herauskamen, da war es draußen richtig angenehm warm. Was für ein Genuß! Und noch war es nicht völlig dunkel draußen. Noch waren ein paar Lichtstreifen am Horizont, die uns halfen, den Weg nach unten zum wartenden Bus gut zurückzulegen.

Auf der Fahrt zurück gabs auf einmal ein Riesenangebot an Eß- und Trinkbarem, das dauernd vor- und zurückgereicht wurde, und, natürlich, noch ein paar letzte Chantsongs.

Im nächsten Frühjahr soll es eine Fortsetzung des Höhlenchantensgeben!

 

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