Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Höhlen im Rettenbachtal, Oberösterreich, A


Am Eingang der Nagelsteghöhle


Das Kühlloch im Rettenbachtal


Das Rettenbachtal ist von Bad Ischl aus leicht auf einer geschotterten Fahrstraße zu erreichen.  Es ist ein "reines Erosionstal", gelegen zwischen 2 großen Kalkstöcken, so die Experten, aus bis zu 500 m mächtigem Dachsteinkalk. Rechts ist das Gebiet der Tauernwand und des Höhensteins mit 1.388 m Gipfelhöhe. Links geht es bis zur Hohen Schrott, deren Hauptgipfel 1.839 m hoch ist. Da das Bachbett des Rettenbachs gerademal bei 450-600 m Höhle liegt, liegen da immerhin maximal 1.200 m Höhenunterschied dazwischen, was zeigt, daß wir uns hier nicht im "Flachland" bewegen. 

Unterwegs nimmt der Rettenbach aus seitlichen Zuflüssen unterwegs viel Wasser auf - und am Ursprung von diesen liegen einige sehr bedeutende Höhlen. Die bekannteste davon ist das sog. "Kühlloch", das auch den Doppelnamen "Warmloch" trägt. Die Geschichte dazu steht in dem lesenswerten Artikel von Erhard Fritsch über die "Höhlen des Rettenbachtales". Eigentlich ist der Eingang der Höhle leicht zu finden, liegt er doch direkt am Fahrweg. Am 3. Juli 2020 war ich nach 40 Jahren wieder einmal dort und fand ihn erst einmal nicht. Ich fuhr mit Alfred Schlagbauer auf der Straße und lugte während der Fahrt immer wieder nach links, aber da war nichts zu sehen. Am Parkplatz bei der Rettenbachalm drehten wir um und fuhren wieder zurück. Bei dem nicht zu übersehenden Wasserfall des Schießerbaches hielten wir an und auch da war nicht wirklich etwas von einer Höhle zu sehen. Man muß schon wissen, daß es gilt, dem schmalen, wieder ziemlich verwachsenen Pfad aufwärts zu folgen, ehe man nach 40 Höhenmetern Aufstieg beim Eingang ankommt. Noch einmal 40 m höher ist der Eingang zur Oberen Schießerbacherhöhle. Dort konnte nach Tauchunternehmungen weiter fortgedrungen werden, so daß heute 868 m als bekannte Länge dieser Höhle genannt werden.

1985 wurde sogar schon ein Höhlenfilm in der Oberen Schießerbachöhle gedreht.

Untere Schießerbachhöhle
18. Mai 1985
mit Norbert Leutner und Karl Gaisberger

18. Mai 1985

> Obere Schießerbachhöhle

Schließlich fanden wir dann doch noch das Kühlloch und machten nur eine Kürzestbefahrung aus bestem Grunde: Es hatte in der Nacht heftigst geregnet und die Höhle war wohl bis kurz vor unserem Eintreffen geflutet gewesen. Große Schauberge zeugten noch davon.

Es gibt noch mehr Höhlen im Rettenbachtal. Einen Geschmack davon bekommt man am Parkplatz im Tal, wo man die Autos stehen lassen muß und nur noch zu Fuß weiterkommt. Schaut man südlich ahauf die senkrechte Höhersteinwand, dann sieht man in ihrem obersten Teil große schlitzförmige Höhlenportale, die nur von oben her zugänglich waren und inzwischen auch schon erforscht sind. Ähnliche Zugänge zu großen Wasserhöhlensystemen gibt es in der Umgebung noch mehr: das Große Knerzenloch, das Wasserloch in der Tauernwand usw...

Man kann dem Tal weiter auf einem Fahrweg aufwärts folgen und schließlich bis zur Blaa-Alm in 850 m Höhe hinaufwandern, bzw. heute biken, immer die großartigen Felswände des Losers vor sich. Wen es juckt, der kann zur Nagelsteghöhle schauen, wird aber nur weiterkommen, wenn er entsprechend ausgerüstet ist. Schon am Eingang verwehrt ein kleiner 4 m tiefer Schacht den Zugang und man braucht entsprechende Seilhilfe. Auch später ist der 80 m lange Zugangsteil herausfordernd, manchmal auch, weil er geflutet ist, ehe man den Sandtunnel erreicht. Das untere Ende ist in großen Sandmassen 55 m unter dem Eingang, nach oben haben sich die Forscher in Schloten weit nach oben gearbeitet. (L 804 m, Nd 210 m). 
Die Nagelsteghöhle ist nicht irgendeine Höhle: "(Sie) ist die Haupt-Resurgenz des Schönberg-Höhlensystems und kann bei Hochwasser mehrere m³ schütten." Seebacher, Tauchversuch 174. Und das Schönberghöhlensystem ist momentan (2020) das längste Höhlensystem der Europäischen Union mit über 150 km Länge!

1988 Eingang Nagelsteghöhle mit Immo Holvan
Juli 2000

Nagelsteghöhle

>Eingeschwemmter Baumstamm

Eingang T-Höhle
2020

In der "Höhlenkunde" von Franz Kraus auf dem Jahre 1894 findet sich eine sehr künstlerische Darstellung einer Höhle im Rettenbachtal, ein Bild des "Gamsofens". Sie wird als "hochgelegene Halbhöhle" beschrieben, die "in alten Strand- oder Uferlinien liegen" und 300 m über der Sohle des Rettenbachtales liege. "Der untere Theil zeigt noch deutliche Erosionserscheinungen, während die Decke durch Abbruch scharfkantig geworden ist." (Kraus, 91)

 


Literatur:

Fritsch, Erhard Die Höhlen des Rettenbachtales bei Bad Ischl, 1. Teil, 
Fritsch, Erhard Die Höhlen des Rettenbachtales bei Bad Ischl, 2. Teil
Fritsch, Erhard Die Höhlen des Toten Gebirges, S. 22ff.
Geyer, Ernest, Seebacher, Robert, Tenreiter, Clemens, Knobloch, Gerald Totes Gebirge, in: in: Spötl, C., Plan, L., E. Christian (Hrsg.), Höhlen und Karst in Österreich. - Linz 2016 (Oberösterreichisches Landesmuseum), 599ff.
Kraus, Franz Höhlenkunde, Wien 1894
Laimer, Jörg Beobachtungen zur Speläogenese am Höherstein Juniloch und Knerzenloch, Mitteilungen des Landesvereins für Höhlenkunde Oberösterreich 2005/1, 8ff.
Kirchmayr, Hermann 10 Jahre WASSERLOCH i.d. Tauernwand, Mitteilungen LV f. Hk Oberösterreich 1/2-1983, 28ff.
Kirchmayr, Hermann Höhlentauchen in der Oberen Schießerbachhöhle, Mitteilungen des Landesvereins für Höhlenkunde Oberösterreich 1/1992, 13ff.
Kuffner, Dietmar Höhlenniveaus und Altflächen im Westlichen Toten Gebirge, Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift "Die Höhle" 53, Wien 1998
Seebacher, Robert Tauchversuch im Sandsiphon der Nagelsteghöhle (1828/6), Totes Gebirge, Gem. Altaussee, Steiermark, in: Landesverein für Höhlenkunde in Obersteier, Mitteilungen, 25.und 26. Jahrgang, 2007, 174
Seebacher, Robert Tauchgang in der Oberen Schießerbachhöhle, Rettenbachtal, Bad Ischl, OÖ, Kat.Nr. 1616/7, Mitteilungen des Landesvereins für Höhlenkunde Oberösterreich 1-2001, 13ff.
Tenreiter, Clemens Neue Höhlen im Rettenbachtal, Mitteilungen des Landesvereins für Höhlenkunde Oberösterreich 2008/1

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