Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die St.-Wolfgangshöhle im Falkenstein am Wolfgangsee, A
Lochsteine und Durchkriechbräuche
Die dürren Katasterbasisdaten aus dem Salzburger Höhlenbuch: "Eh. 710 m / Gl. 12 m / Hd. 12 m / Gh. + 1 m / Plassenkalk / ab." lassen nicht aufscheinen, daß wir es mit dieser Höhle eine anthropospeläologisch hochkarätiges Objekt vor uns haben.
Die Höhle ist leicht zu Fuß erreichbar, wenn auch der Weg etwas strapaziös ist. Der Parkplatz direkt am Wolfgangsee liegt 540 m hoch, das bedeutet, daß man 170 Höhenmeter hinauf muß. Ein bezeichneter Waldweg führt hinan, steil und fordernd. Dann hat man einen Sattel erreicht, von wo aus es auf eine Almwiese hinausgeht. Rechterhand liegt das weiß getünchte Kircherl, angeschmiegt an die Felswand.
Durch die schmale Eingangspforte geht es hinein in die alten, heute wieder renovierten Räume. Über Treppen geht es hinauf in den Kirchenraum. Ein abgegitterter Altarraum mit reich geschmücktem Altar, ein paar Kirchenbänke, ein herunter hängendes Glockenseil. An ihm zu ziehen und damit die Glocke zum Schwingen zu bringen, ist Tradition. Wieder einer ist hier angekommen!
An der Felswand führt eine steinerne Treppe nach oben. Ein schmaler, bald 2 m hoher, aber ziemlich schmaler Felsschlitz tut sich darin auf. Er biegt nach links ab, scheint gleich wieder zu enden. 3 m weiter ist in der gleichen Felswand eine größere Öffnung. Der Weg hinein wird durch drei sehr ausgetretene Steinstufen erleichtert. Die Wand daneben ist glatt poliert vom vielen Hingreifen der Menschenhände. Eine kleine Kammer ist erreicht. Da sieht man, daß die Felspassage von der anderen Seite hierher führt. Der Charakter des Canyons erinnert an ein Schlüssellochprofil - oben rund, dann schmal, unten wieder ein wenig weiter. Wer genau hinschaut, der sieht, daß die Wände wie geschliffen sind. Keine Unebenheit steht da mehr hervor. Je nach Körpergröße und Umfang wird man an unterschiedlicher Stelle hindurch sich zwängen. Wer zu viel Gewicht mitbringt, der bleibt hängen, wird nicht durchkommen.
Diese kurze Stelle ist es, die die Phantasie des Menschen lange sehr erregt hat. Die Geschichte ist an anderer Stelle von mir niedergeschrieben.
Im Hintergrund der Felskammer setzt sich der Höhlengang fort. Man muß erst auf alle Viere, dann knickt das Gänglein nach links ab und wird noch geringer dimensionierter. Gut 5 m geht noch weiter, dann ist es endgültig zu Ende, zumindest für Erwachsene.
Czoernig hat die Höhle dreimal vermessen, zuletzt 1942. Von diesem Besuch zeugt eine Inschrift mit Jahresangabe. Das ist selber heute schon eine Art Ikone für Höhlenforscher.
Bei meinem Besuch im Mai 2014 begegnete mir ein junges Paar. Ich beobachtete sie. An dem Schlitzeingang gingen sie verständnislos vorbei, in die Felskammer schauten sie schnell und hinein und waren gleich wieder am Gehen. Von der kulturhistorischen Bedeutung des Platzes stand ja nirgends etwas geschrieben. Im Grunde es doch etwas Heidnisches, auf das hier rekurriert wird. In der Bibel steht nichts davon drin.
Ich erzählte ihnen etwas von den alten Bräuchen, vom Sündenabstreifen und von der Schwangerenhilfe. Gleich war ihre Neugier geweckt, der Felsschlauch durchquert, sie schauten sich gleich auch noch in den niedrigen Endteil, waren kaum zu bremsen. Die nehmen sicherlich eine ganz besondere Erinnerung an den Besuch dieser Minihöhle mit großer Geschichte mit!
Lithograpie um 1830 |
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Literatur:
Bouchal, Robert, Wirth, Josef | Höhlenführer Österreich, Pichler-Verlag, Wien 2001 |
Freund, René | Aus der Mitte - Skizzen aus dem Salzkammergut, Wien 1998 |
Landesverein für Höhlenkunde in Salzburg | Salzburger Höhlenbuch, Band 5, Salzburg 1992 |
Lindenmayr, Franz | Die St.-Wolfgangshöhle im Falkenstein am Wolfgangsee, A, in: HÖREPSY 2015 Tagungsband zum 24. Treffen, Gröbenzell, Oktober 2016 |
Steiner, Gertrud | Wunderkammer Hohe Tauern, 1993 |
Links:
Lochsteine und Durchkriechbräuche - Der Teigstein
Der Schafberg und seine Höhlen
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