Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Vom Geiereck über den Salzburger Hochthron, die Skitrasse, die Schweigmühlalml bis hinter ins Tal - unterwegs am Untersberg


Die Trasse für die Skifahrer von der Gipfelstation der Untersbergseilbahn seitlich am Salzburger Hochthron vorbei und hinunter über das Plateau bis ins Tal gehört zu den beliebtesten Tourenmöglichkeiten. Wer ihr folgt, der kommt an vielen Karst- und Höhlenobjekten vorbei, die manchmal gar nicht zu übersehen sind. 

Es ist nicht ungefährlich, sich in das Gebiet links und rechts des künstlichen angelegten Weges zu begeben. Schon so mancher Skifahrer verschwand zum Beispiel in einem Schacht und mußte gerettet werden. Manchen findet man erst nach vielen Jahren. So erging es einem 20jährigen Mann, den man erst 2014 am Grund eines 50 m tiefen Schachtes gefunden wurde, nachdem er zwischen 1920 und 1935 dort hineingestürzt war (Kanning R21)R

Wir waren im Juli 2016 wieder einmal dort unterwegs, lauter Mitgliedes des Salzburger Höhlenvereins, allerdings nur bis zum Großen Eiskeller und ein paar Höhlen in der Umgebung. Davon sei hier kurz berichtet. Michael war eine Woche vorher schon im Eingang des Eiskellers gewesen und bemerkt, daß es nur eine feine Wasserschicht auf solidem Grundeis in der Eingangshalle gab. Deshalb hatten wir Gummistiefel dabei und hofften, so über dieses meist den Weg ins Innere des Berges versperrende Hindernis zu kommen. 

Ich war schon 1966 das erste Mal dort gewesen, damals mit Georg Kellerer, Joachim Straupe und Gerhard Lobenhofer. So wie sie geplant war, wäre wohl eine Katastrophe daraus geworden. Joachim hatte den Plan, einen unbekannten 60-m-Schacht in der Höhle mit Hilfe einer 30-m-Stahlseilleiter und einem 40-m-Seil zu bezwingen. Das Seil sollte am Ende der Leiter befestigt werden, so daß wir unten von der Leiter in den Dülfersitz hätten wechseln müssen, um tiefer zu kommen. Rauf hätte es dann mit Hilfe von Prussikschlingen gehen sollen. Wir hatten das nie vorher ernstfallmäßig geprobt - ein Wahnsinn. Gerettet hat uns das schlechte Wetter. Wir kamen mit der Seilbahn der Berg hoch, dann umgab uns ein übles Sauwetter mit heftigem Regen und suppenartigem Nebel. Unter den gegebenen Umständen verzichteten wir lieber auf den Versuch, die Höhle zu suchen und zogen uns ins Zeppezauerhaus zurück. Am nächsten Tag gab es noch keine Wetterbesserung, so daß wir beschlossen unverrichteter Dinge wieder abzuziehen und wieder ins Tal zu fahren. 

 

 

 

< Eingang Raupenloch
Auf der Skitrasse
Richtung Berchtesgadener Hochthron geschaut

Hat man einmal die 1700 m Höhenlinie unterschritten, dann sind die Schächte nicht mehr zu übersehen. Das "Quajatoloch" ist mit einem Zaun aus Eisenbahnschienen und Stahlseilen abgegrenzt gegen die Trasse. Ein weiter Felstrichter bohrt sich in die Erdoberfläche, dessen unteres Ende je nach Schneelage kaum auszumachen ist. Noch ein paar Meter weiter lugen überall kleinere schwarze Löcher aus den Felsen. Dann kommt von links ein Quertal und an dessen Anfang liegt der große Eingang in den Kleinen Eiskeller in einem Felsrücken. Er wurde im Eingangsbereich durch den Bau der Trasse stark verändert, in dem man einen Tagschacht mit Blockwerk verfüllt hat. Seitlich führt ein kleiner Gang unschwierig weiter bis zu einer Raumerweiterung. Durch ein Tagfenster kommt hier Schnee herein, der dann im Laufe des Jahres wieder abschmilzt. Man kann in mehrere Richtungen noch weiterkriechen bzw. -schlüpfen und so mehr von diesem auf 185 m Länge vermessene Labyrinth erkunden.

Auf dem Weg zum Großen Eiskeller kommt man noch an einem weiteren ansehnlichen Löchlein vorbei, der Dreierdoline. In ihr kann man noch einmal sehen, wie hohl innerlich die ganzen Felsgebilde sind. Überall führen kurzen Schächte und Seitengänge in anschließende Kammern. Immerhin 74 m hat man darin vermessen. 

   Kleiner Eiskeller  
     
Dreierdoline
Foto aus den 60ern

Der Große Eiskeller ist schon sehr lange bekannt. Fugger hat schon 1888 Recherchen angestellt, wann wohl die erste Befahrung stattgefunden hat. Der Eingangsbereich dürfte den Almhirten schon immer bekannt gewesen sein, gab es dort in der wasserlosen Öde des Karstplateaus Trinkwasser in der Eingangshalle. Aus dem Jahre 1802 stammt der erste schriftliche schriftliche Bericht in der Regensburger botanischen Zeitung. In ihm wird eine botanische Expedition auf den Untersberg beschrieben. Damals war noch von einer "ungeheueren Felsenhöhle" die Rede, und "vom vielleicht merkwürdigsten Theile dieses merkwürdigen Gebirges". Man kannte offenbar noch nicht die anderen großen Höhlen, die es dort gibt! Bekannt war auch nur der kleinste Teil der Höhle, die bereits kurz nach dem Eissee in einer Nebenkammer endete. Fugger kam trotzdem öfters vorbei und stellte genaue Temperaturmessungen an, um die Herkunft und die Entwicklung des Höhleneises zu klären. 

Nicht dem Rückgang des Eises wurde eines Tages der Weg in die hinteren Teile durch das sog. "Fuggerfenster" frei. Es schließen sich großräumige Gänge an, Kletterpassagen, Schächte, ein zweiter Eisteil, der von einem weiteren Tagschacht gespeist wird. In manchen Jahren steigt das Eis wieder an und der Weg nach hinten ist wieder nicht möglich.

 

August 2018 

Mit Michael Krebs bin ich wieder unterwegs. Wir haben den Hüttenschlüssel für die Grenzerhütte mit dabei und können so dort übernachten. Vom Salzburger Hochthron geht es auf der Skitrasse abwärts, am Eiskeller vorbei, bis zum Kanonenrohr. Der Große Eiskeller ist offen! Nach über 50 Jahren vergeblicher Versuche kann ich auch einmal jenseits des Fuggerfensters schauen, wie es weitergeht. Wir machen ein paar Photos, kehren bald um, weil wir auf eine große Höhlentour gar nicht eingerichtet waren. Vom Kanonenrohr geht es ganz schön anstrengend wieder bergauf durch die Mittagsscharte und zur Hütte. Übernachtung. Am nächsten Morgen statten wir dem Steinernen Kaser noch einen Besuch ab und photographieren alles, was es da so gibt. Dann geht es zurück zur Skitrasse, hinab zur Schwaigmühlalm, dann über den Weinsteig und kommen gesund wieder am Parkplatz an. Eine lohnenswerte, aber auch anstrengende Tour. 

Großer Eiskeller, August 2018
Auf dem Weg zur Mittagsscharte
> In der Ferne das Hüttendach
Am nächsten Tag:

zurück zur Skitrasse durch die Latschenlandschaft

Auf der Skitrasse wieder abwärts
Bei der Schwaigmühlalm
Vom Weinsteig aus geblickt auf die Skitrasse

Literatur:

Czoernig-Czernhausen, Ing, Walther von Die Eishöhlen des Landes Salzburg und seiner bayrischen Grenzgebirge, Sonderabdruck aus den Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, LXIV. Jahrg. 1924
Fugger, Eberhard Beoabachtungen in den Eishöhlen des Untersberges bei Salzburg, Salzburg 1988
Kanning, Sarah Gerichtsmediziner rätseln über Toten, Süddeutsche Zeitung Nr. 293, 20./21. Dezember 2014
Landesverein für Höhlenkunde in Salzburg Salzburger Höhlenbuch Band 1, Salzburg 1975
Landesverein für Höhlenkunde in Salzburg, Gesamtredaktion Walter Klappacher Salzburger Höhlenbuch Band 6, Salzburg 1996

Links:

http://www.untersbergbahn.at/

Der Untersberg


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