Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Landschaft und Höhlen im Stiergraben, Hagengebirge
"Und in der Lindwurmhöhle, warst du da? Fragte sie. Nie gehört, sagte ich. Wird jetzt abgerechnet oder was?" Luisa Franca, Ich machte mich auf die Findung...54
Der Gotzen- oder Stiergraben zieht sich als landschaftsprägende Form vom Seeleinsee bis hinunter zur Königstalalm zwischen den Steilwänden des Hochlaafelds im Süden und den grasigeren Flanken des Fagsteins durch die bayerische Seite des Hagengebirges. Er zieht sich von ca. 1900 m oben bis hinunter auf 1300 m. Ein beliebter Wanderweg zieht durch den oberen Teil, rutschig und mühsam, der von der Priesbergalm zum Seeleinsee führt. Quer durch den Graben verlaufen im unteren Teil der Untere, Mittlere und Obere "Hirschenlauf", wobei nur einer wirklich von Bedeutung ist, der Mittlere. Mit der Wegqualität "Nur für Geübte" führt er durch die steilige felsige Bergflanke der Tauernwand und ermöglicht so einen weniger mühsamen Zugang zur Gotzenalm. Die ist ansonsten auf einen sehr steilen und kräfteraubenden geschotterten Fahrweg erreichbar, der bei der Gotzentalalm anfängt und in vielen vielen Kehren nach oben führt.
Wer in ca. 1750 m Seehöhe ist, der sieht rechts vom Wege eine große schwarze Öffnung in einer Felswand mitten im Graben. Ausnahmsweise steckt einmal hinter einem solch leicht sichtbaren Loch tatsächlich auch einmal eine richtige Höhle. Man kommt so in die altbekannte Lindwurmhöhle, die inzwischen den Zusatz "Loch Ness" bekommen hat. Das ist eine lange Geschichte, die an anderer Stelle schon beschrieben worden ist. Jedenfalls handelt es sich um ein über 1,1 km langes Höhlensystem mit einem Gesamthöhenunterschied von 230 m. Das reichte dazu, in der Zeit als die neuen Forschungen dort in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts stattfanden, daß sie auf die damale 3. Stelle der Hitliste der tiefsten deutschen Höhlen rückte.
Wie sich zeigte, liegt die Lindwurmhöhle inmitten eines ganzen Höhlenparks. Fast ein Dutzend von Höhlen kennen wir heute dort, die alle davon Zeugnis davon ablegen, daß hier einst viel Wasser in der Erde verschwunden ist und sich unterirdische Abflußwege geschaffen hat. Die Spuren davon in Form von mächtigen Schotterablagerungen kann man noch an mehreren Stellen auch heute sehen
Der Kontakt Münchner Höhlenforscher mit dem Stiergraben und seinen Höhlen
begann schon 1971. Damals waren wir auf dem Rückzug vom Plateau beim
Hochseeleinkopf vollkommen durchnäßt und durchfroren einfach durch den Graben
gelaufen und nichts war uns damals von Höhlen aufgefallen. Ein Jahr später war
eine fünfköpfige Gruppe des VHM wieder dort, diesmal von der Gotzenalmseite
her. Details zu dieser Tour finden sich in der Münchner
Höhlengeschichte. Jedenfalls kamen wir ganz euphorisch zurück, weil wir nicht
nur die Lindwurmhöhle gefunden hatten, sondern noch eine Menge von Schächten,
die ins Unbekannte führten. 1973 waren wir dann schon zu siebt, alles VHMler,
die sich in die Tiefen stürzten und schöne Forschungserfolge erzielen. Bis
1988 dauerte diese Forschungsphase mit Unterbrechungen. Dann unternahm Peter
Lammerer, Reinhard Wagner und ich eine letzte Phototour ins Loch Ness. Danach
passierte dort nicht mehr viel, nur von einer Höhlenreinigungsaktion des VHM
wird berichtet und von einigen Erkundungen durch die Bergwacht Berchtesgaden und
Freilassing. 2016 fand jetzt wieder ein Besuch des Gebiets statt, angeregt
auch durch die großen Forschungserfolge der Polen im Gebiet nördlichöstlich
des Kahlersbergs mit der Interessanten Höhle. Könnte es nicht sein, daß sich
die große Störung im Hagengebirgsmassiv nicht auch nach Westen fortsetzen und
mit den Höhlen im Stiergraben zu tun haben? Einen Versuch war es jedenfalls
wert, auch weil inzwischen ja die alte Garde fast vollständig auf dem Altenteil
inzwischen sitzt oder schon gar nicht mehr lebt.
Mit Unterstützung der Bergwacht Berchtsgaden und Freilassung, auf Vemittlung
von Verena Grüneis, zog im Mai 2016 also wieder eine kleine Gruppe von
"alten" und "jungen" Höhlenforschern, heute hauptsächlich
in der "Karstforschung Südbayern" organisiert, los, um wieder die
Nasen in die nun altbekannten Löcher zu stecken. Kurz gesagt: Ein großer
Durchbruch ist nicht gelungen. Ein paar altbekannte Löcher im Stiergraben und
am Fagstein wurden inspiziert, ein Schlot in der Decke des Lindwurmganges wurde
von Georg Ronge erklettert, konnte nicht zu Ende erkundet werden, eine
Schachthöhle wurde vermessen, einige Photos geschossen. Es heißt
wiederzukommen.
Am oberen Ende des Stiergrabens - der Seeleinsee | |
Vom Jenner her - ein Blick von Süden Richtung Gotzentauern |
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Am Weg zur Priesbergalm | |
Die Priesbergalm | |
Ein Blick hinunter zu Königssee und Eiskapelle | |
Ein erster Blick in den Stiergraben | |
Am Weg | |
Von der Königstalalm - ein Blick in den Stiergraben nach oben |
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Der obere Beginn des Stiergrabens | |
Ein schwarze Öffnung in der Bergflanke | |
Lindwurm - Loch Ness-System | |
Auszug aus dem ersten Höhlenplan von Czoernig 1920 | |
Foto Czoernig 1920 Im hohen Canyon | |
Namenszug von Czoernig
noch heute an der Wand schwach zu sehen / 2016 |
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1972
Im Lindwurmtunnel |
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1973 Biwak in der Lindwurmhöhle |
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1973
Erstbegehung des Loch Ness durch J. Becker |
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In "Nessies Lodge" Im Bild: Christian Deubner
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1988
Loch Ness mit P. Lammerer und R. Wagner |
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1973 Klaus Deubner in der Hachelgrabenkluft |
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Gleiche Stelle 2016 | |
2016
Am unteren Eingang |
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Inschrift im unteren Eingang | |
Im Hohen Canyon 2016 | |
Literatur:
Czoernig, W. | Die Höhlen des Landes Salzburg und seiner Grenzgebiete, Salzburg 1926 |
Deubner, Christian | Sonne, Schnee und Neuland - Neues vom Hagengebirge, Der Schlaz 12-1974, S. 7ff. |
Deubner, Christan | Die Lindwurm-Loch-Ness-Großhöhle, Deutschlands drittiefste Höhle. Die Höhlen im Stiergraben (Hagengebirge), Mitteilungen Verband der Deutschen Höhlen- und Karstforscher Jg. 22, Nr. 4, S. 174ff, München 1976 |
Francia, Luisa | Ich machte mich auf die Findung, denn Sucherin bin ich keine, Der Grüne Zweig 130, Löhrbach ohne Jahresangabe |
Klumper, C. | HöFo-Müll... Säuberungsaktion Lindwurm-Höhle, Der Schlaz 72-1994, S. 37ff. |
Lammerer, Peter | Forschungen im westlichen (bayerischen) Hagengebirge seit 1980 (+Nachträge), Der Schlaz 78-1996, S. 27ff. |
Landesverein für Höhlenkunde in Salzburg, Gesamtredaktion Walter Klappacher und Harald Knapczyk |
Salzburger Höhlenbuch, Band 3, Salzburg 1979 |
Landesverein für Höhlenkunde in Salzburg | Salzburger Höhlenbuch, Band 6, Salzburg 1996 |
Lindenmayr, Franz | Wie die Münchner ds Hagengebirge wiederentdeckten, in: Münchner Höhlengeschichte, herausgegeben vom Verein für Höhlenkunde in München, München 1982 |
Siersch, Wolfgang | Stiergraben, in: Münchner Höhlengeschichte, herausgegeben vom Verein für Höhlenkunde in München, München 1982 |
Siersch, Wolfgang | Stiergraben 3.-4.7.76, Der Schlaz 20-1976, S. 9f. |
Thallemer, Axel | Meine erste Schachthöhle - die Gotzenbeinhöhle im Hagengebirge, Der Schlaz 12-1974, S. 10-11 |
Links:
Landschaft und Höhlen im Bayerischen Teil des Hagengebirges
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