Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Klauswandhöhle im Hochkalter


1981


Die Klauswandhöhle wurde 1959 entdeckt, aber nur weil die Forscher, G. Blatt, V. Diersche und H. Vorderthann, damals viel Glück gehabt haben - und ein Teil der weiteren Weiterforschungen gingen auch auf das Konto des Zufalls. Mancher mag ja diese Welt als von strengen "Naturgesetzen" regiert sehen, mag überall die Vernunft walten sehen und die Rationalität als einzigen Weg sehen, diese Welt "richtig" zu verstehen - alleine er liegt immer wieder meilenweit entfernt mit seiner Meinung vom tatsächlichen Geschehen auf ihr. 

Die frühesten Erforscher gehören/gehörten zum Schellenberger Höhlenverein und die hatten die Idee, einmal am Hirschbichelpaß zwischen Reiteralm und Hochkalter nach Höhlen zu suchen. Gefunden 1959 wurde erst einmal nichts, aber als man sich zu einer Brotzeit hinsetzte, spürten einige, daß zwischen den Felsblöcken, auf denen man sich niedergelassen hatte, kalter Luftzug herrschte. Bei der genaueren Untersuchung stellte sich heraus, daß man nach Wegräumen einiger Steine tatsächlich in den Berg gelangen konnte. Nach wenigen Metern war man in einem schichtfugengebundenen Höhlengang, der sich immer weiter fortsetzte, auch auf zwei Niveaus - meist ziemlich unbequem und anstrengend. 

1973 stieß Jürgen Becker beim Zusammenstellen eines "Tourenberichtsordners" für "interessante Höhlen", wieder auf die Höhle. Es existierte noch kein Plan, so wurde Jürgen "neugierig". Im November suchte er, Jörg Obendorf und Wolfgng Siersch das Gelände gründlichst ab, weil sie bis fast zuletzt, außer einer neuen "Schlothöhle", nichts finden konnten. Und dann passierte es doch noch, Jürgen alleine: "..unter einem kurzen Stück senkrechter Wand rechts hörte die Bemoosung unter ein paar Blöcken auf. Na, wenn das nicht komisch war! Und siehe da: Als ich bis auf 2 m heran war, taten sich 2 Löcher auf, eines gerade zum Durchschlupfen...ich folgte dem gang etwa 40 m und kehrte um..." Die Woche drauf waren sie schon wieder da, Wolfgang realisierte, daß er die Woche zuvor 5 m daran vorbeigelaufen war...Man kam bis zu einem kräftigen Wasserfall und drehte dort aus naheliegenen Gründen um. Im Frühjahr 1974 wurde weitergemacht, Jörg und Jürgen kamen mit Überlebensanzügen von Bundeswehrmarinefliegern wieder. Den Versuch war es wert, aber man kam doch nicht weiter, weil sich die Decke bis ins Wasser senkte und man nur noch mittels Tauchen weitergekommen wäre. Eine alte Hacke wurde im Wasserfallkessel entdeckte und zeigte an, daß man nicht bei den Ersten war, die sich hier getummelt hatten. Jürgens Bericht schließt mit den Worten: "Die Höhle ist zwar recht interessant. Mich wird sie aber kaum wiedersehen."

Bis 1980 war wieder Ruhe. Dann führte schlechtes Wetter, das eine geplante Tour ins Alpeltal am Hohen Göll verunmöglichte, zu einem neuen Anlauf. Reinhard Wagner und ich waren Freitagabend den weiten Weg von Ingolstadt bzw. München gefahren, dann der große Frust mit der Tourenabsage. Gab es eine Alternative? Mir kam die Erzählung Wolfgang Sierschs von den Klauswandunternehmungen in den Sinn. Ob es dort einmal versuchen sollten? Nach einer Übernachtung in der Alpeltalhütte probierten wir es am nächsten Tag. Gewarnt durch die Erzählungen von der schweren Findbarkeit der Höhle probierten wir es halt einmal und prompt gelang es mir auf Anhieb den Eingang auszumachen. Ich verließ mich auf meinen Instinkt und fand ihn, andere haben es mit Koordinatenangaben aus dem Kataster versucht und scheiterten. So ist das halt im Leben. Wir kamen bis in die Konglomerathalle und drehten nach einem Blick auf die Wasserkluft mit ihrem unheimlichen Rauschen wieder um. Beim nächsten Male wollten wir mit der Vermessung beginnen. Eine Tour reichte nicht, es wurden insgesamt 10, und nachher hatten wir noch ein erkleckliches Stück der Höhle hinzuentdeckt. Besonders Reinhard Wagner hat durch seine Bezwingung der sog. "Christbaumquetsche" dazu beigetragen ("Vorsicht: Festklemmgefahr!". Verlockend war einfach der kräftige Lufzug, der in diesen oberen Teilen die Höhle durchstreift. Mit einem 40 m Schlauch versuchen wir später, den Lehmsiphon am Ende zu entleeren, was aber nicht sehr erfolgreich ist. Da die Spiegel in den Siphonen schwanken, hoffen wir auf extremes Niedrigwasser, das auch tatsächlich einmal herrscht. Trotzdem ist das einem weiteren See für uns Schluß. 1085 m sind vermessen, womit die Klauswandhöhle zur längsten Höhle des Hochkaltergebiets aufgerückt ist.

2002 wird das nächste Kapitel geschrieben. Ulrich Meyer will in den Siphonen der Höhle tauchen. Den Siphon oberhalb des Klammsees ertaucht er alleine, muß aber bald wieder umkehren, weil die Strecke zu eng ist. 2 Wochen später kommt er zusammen mit einem Tauchkameraden wieder, Stephan Preuß. Trotz unsicherer Wetterbedingungen beschließen sie einen Versuch zu wagen. Und der ist erfolgreich: "...Nach dem Durchstoßen der Wasseroberfläche öffnet sich ein für die sonstigen Ausmaße der Höhle, großer Gang, der nach wenigen Metern eine Rechtsknick macht. Für das weitere Erkunden der Höhle hinter dem Siphon bleibt keine Zeit..." Wegen der Überflutungsgefahr in der ganzen Höhle ist man besser sehr sehr vorsichtig. 

Der starke Lufzug in der Höhle deutet darauf hin, daß es bei den bislang bekannten Teilen erst um den Eingangsteil eines bedeutenden Systems handelt. Ganz klar, daß man inzwischen auch von oben her probiert hat, in die Höhle zu kommen. Im 1982 und 1983 habe ich mit Hermann Küblbeck das Gebiet um die Hocheisalm und Sittersbachtal durchstreift und 1986 mit Peter Lammerer noch einmal das Sittersbachtal durchkämmt. Gefunden haben wir außer kleineren (? - In Hermann Küblbecks Bericht gibt es immerhin folgende Passage zu lesen: "Schaaacht...hinabgeworfene Steine poltern 4-6 sec munter in die Tiefe") Objekten nichts. Jedenfalls waren die Anstrengungen so groß, daß wir sie nicht mehr wiederholt haben. 

Bilder von den Touren 1983 und 1986

Hintereiskar
Hocheis /Hintereis
Frauenloch

Besonders die Höhlenforscher von der Mühlackergruppe haben später dort intensiv jahrelang geforscht . 2007 wurde von Freimut Schmidt der Eingang in die Eislschucht beim Eislhörndl in 1.905 m Höhe entdeckt. Nach Überwindung einer sehr selektiven Engstelle in 15 m Tiefe kam man immer tiefer. Schacht reiht sich an Schacht, in 230 m Tiefe wurde in einer Nische der Schachtwand ein "luftiges Biwak" für 2 bis 3 Personen errichtet. Inzwischen ist man in über 350 m Tiefe. Der starke Luftzug gibt zu großen Hoffnungen Anlaß....


Klauswandhöhle...

 


 

Literatur:

Becker, J. (1974): Klauswandhöhle, Der Schlaz 11-1973, S. 16-18

Becker, J. (1975): Tourenbericht Klauswandhöhle, Der Schlaz 141975, S. 21-22

Forster, Peter (2006): Klauswandhöhle und Preissenlochhöhle mit Fuchshöhle, Der Schlaz 109-2006, S. 55f.

Klappacher, Walter, Knapczyk, Harald (1977): Salzburger Höhlenbuch Band 2, Salzburg 

Klappacher, Walter, Gesamtredaktion (1996): Salzburger Höhlenbuch Band 6, Salzburg

Menne, B. (2008): Höhlenforschung am Hochkalter im Nationalpark Berchtesgaden 2002 bis 2007, Forschungsberichte der HFG Mühlacker, Bd. 1

Menne, B., Eckle, G. (2015): Berchtesgaden 2005 bis 2014, Forschungsberichte der HFG Mühlacker, Bd. 2

Meyer, Ulrich (2002): Bericht über die Befahrungen der Klauswandhöhle am 12./13.1. 2002, Der Schlaz 96-2002, S. 6ff.

Meyer, Ulrich, Preuß, Stephan (2002): Durchtauchung von Lehmsiphon, Fledermaussiphon und Endsiphon der Klauswandhöhle am 26./27.1.2002, Der Schlaz 96-2002, S. 9ff.

Wagner, Reinhard (1984): Die Klauswandhöhle im Hochkalter, in: Der Schlaz 42-1984, S. 19.28

Links:

https://tagfern.de/index.php/beitraege/2576-klauswandhoehle

https://www.nationalpark-berchtesgaden.bayern.de/www.schlunghorn.de/hochkalter/karsthydrologische_untersuchungen.htm

https://www.vdhk.de/fileadmin/pdf/publikationen/mitteilungen/Mitteilungen-2011-2.pdf

Speläologisches im Hochkaltermassiv

Speläologisches im Berchtesgadener Land


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