Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Eine Karstrundwanderung durchs Steinerne Meer


Eine seltene Art von Höhle - eine Wiesenhöhle im Wimbachgries direkt am Weg

Von der Wimbachbrücke zum Hundstodgatterl und zurück über den Königssee
- eine lange und schöne Wanderung


Die Natur stellt keine Fragen und beantwortet keine, welche die Sterblichen ihr stellen.

Herny David Thoreau, Walden


Am großen Parkplatz bei der Wimbachbrücke beginnt diese außergewöhnlich lange und lohnende Tour. Man muß schon über eine gute Kondition verfügen, damit man das alles in einem Tag packt. Besser wäre es schon, etwas mehr Zeit zur Verfügung zu haben und es in Etappen zu packen, aber manchmal sind die Umstände einfach so, daß es anders kaum möglich ist.

So war mein Plan für eine Rundtour durchs Steinerne Meer, beginnend im Wimbachtal, abends noch bis zur Wimbachgrieshütte aufzusteigen, damit schon einmal 3 1/2 Stunden weniger Aufstieg am nächsten Tag zu bewältigen gewesen wären. Allein - wenn die voll ist, dann wird aus den besten Absichten eben nichts. Und genau das stand auf einem handgemalten Schild vor dem Eingang zur Wimbachklamm.

Von den vielen Alternativen, wie es weitergehen konnte, wählte ich das Wiederkommen an nächsten Morgen und den Aufbruck um 7 Uhr ins Wimbachgries. Nur ein anderen Bergwanderer war außer mir noch unterwegs, ansonsten war herrschte eine herrliche Ruhe im Tal. Den größten Teil des Anstiegs konnte ich ganz alleine genießen, erst in Hüttennähe nahm die Besucherfrequenz stärker zu. Immer wieder nutzte ich die Gelegenheit zu einem "stop, look and listen". Meistens war eine herrliche Ruhe, die allenfalls vom Rauschen des Baches oder leichten Windgeräuschen beeinflußt wurde. Gerade weil es so leise war, störte das permanente Gerede einiger vorbeikommender Wanderer dann mich umso mehr. Warum können die nicht für einige Zeit ihr Mundwerk unterbrechen? Hört man sich die Banalitäten zwangsweise an, um die es da meist geht, da hätte deren Mitteilung ruhig noch etwas auf sich warten lassen können.

 
 
 
 
 
 
Wimbachgrieshütte
 
 
 
 
 
 

Bei der Wimbachgrieshütte waren bis auf 2 Gäste alle schon wieder weg oder im Aufbruch begriffen. Als die meisten endlich wieder weg waren, kehrte große Ruhe wieder ein, und den frischen Kaffee vor der Hütte im Sonnenschein zu genießen, nur bedrängt vom Haushund, der irgend etwas von mir gewollt hat, vielleicht ein Stück von der Frühstücksbreze, die in der Hand hielt, das war ein Stück "gelungenes Leben".
Weiter bergauf ging es, nach und nach holte die zuvor aufgebrochenen auf dem Weg zum Trischübel ein. Der folgt ja zuerst den weiten Schuttflächen, biegt dann nach links Richtung Watzmann-Südseite und macht dann einen Bogen nach rechts auf die Scharte zu. Hier hat man den Weg massiv abgesichert und breit aus dem Felsen gearbeitet, daß ein sicheres Passieren der Stelle jederzeit möglich ist. Etwas oberhalb verzweigt sich dann der Weg an der Passhöhe. "Nur für Geübte" steht deutlich auf dem Schild, das den Weg über die Sigereckplatte wieder hinunter zum Königssee weist. Den gehen wohl ein Großteil der Wanderer. In 2,5 Stunden ist man dann in St. Bartholomä und zurück in der Zivilisation. Der andere Pfad führt zum Hundstodgatterl auf 2186 m Seehöhe. Zwischen Rotleitenschneid und Graskogel durchquert man die "Gruben", ein klassiches Karrengebiet mit einigen Schachtöffnungen direkt am Weg und in der Nähe.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
   

Ab dem Gatterl wird dann der Blick frei auf die riesige Karsthochfläche des Steinernen Meers. Vom Funtenseetauern bis zum Windbachkopf reicht das Panorama. Und wer sich speläologisch auskennt, der weiß, daß da ein Riesenhöhlensystem heute bekannt, auch dort und da drüben, da steckt sogar das längste heute (2009) bekannte Höhlensystem des Bundeslands Salzburgs drunter! Sehen tut man an der Oberfläche davon gar nichts. Bevor man den Verbindungssteig Ingolstädter Haus - Kärlinger Haus erreicht, muß man durch die wildeste Strecke des Wegs. Weg ist da keiner mehr, nur ein paar Markierungen auf den Felsen, denen man so gut es geht folgt.
Am Fuß des Schneiber geht es dann auf gebahnteren Pfaden weiter, meist absteigend, aber zwischendrin auch mal hier kurz hinaufführend.

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Dann kommt endlich das Kärlinger Haus in Sicht. Es steht oberhalb des Funtensees mit seinem unterirdischen Abfluß in die Teufelsmühle. Das Haus ist heute auch an Wochentagen sehr stark frequentiert. Manchmal muß es da schon zu richtigen Überfüllungsszenarien gekommen sein, aber wo soll man schon hin, da es keinerlei Alternative gibt. Mehrmals kann man auf Schildern lesen, daß es am Königssee, zum man noch 3 1/2 Stunden Fußmarsch vor sich hat, keine Übernachtungsmöglichkeit gibt. Das letzte Boot ist dann abgefahren und wer zu spät kommt, der muß wohl beim Bootshaus irgendwie biwakieren.

 
 
   
 
 
 
 
 

Der letzte Akt dieser Reise spielte sich dann zwischen der Bushaltestelle im Ort Königsee, dem Bahnhof in Berchtesgaden und der Busstation Wimbachbrücke ab. Für 3,10 Euro kann man mit einer Fahrkarte die Strecke zurücklegen und muß einmal umsteigen, in Berchtesgaden. Da ging leider was schief und ich warte an der falschen Stelle, wegen der verwirrenden Markierung auf den Aushängen. So konnte ich nur noch dem Bus mit der Aufschrift "RAMSAU" hinterher blicken, weil er ohne mich losgefahren war. 13 Euro hat dann der Kurztrip mit dem Taxi gekostet, was die Alternative zu einer einstündigen Fußwanderung entlang der Autostraße gewesen wäre. 11 1/2 Stunden nach dem Aufbruch war ich zurück am Ausgangspunkt am Morgen. Geschätzte 2.000 Höhenmeter rauf und wieder runter - das reicht für einen Tag. Etwas für Leute mit guter Kondition und Durchhaltevermögen, die ein wenig weiter aus ihrer "comfort zone" herauswollen.

Ich hab dem Bahnbetrieb geschrieben und mein Leid geklagt - und die haben sofort und kulant die Angelegenheit bereinigt. Ein schöner Zug und sehr für die derzeitigen Verwalter des öffentlichen Verkehrssystems sprechend! Nehmt den Bus!


Literatur:

Schöner, Hellmut Kleiner Führer durch die Berchtesgadener Alpen, München 1968

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