Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Eiskapelle 2025


Im September 2025 tauchte auf einmal in den bayrischen Zeitungen eine außergewöhnliche Nachricht auf: Die Nachricht vom Zusammensturz der Eiskapelle. Wir hatten uns schon daran gewohnt, daß sie jedes Jahre eine andere Gestalt hat. Aber daß sie bis auf einen ganz kümmerlichen Rest ganz weg sein könnte - auch wenn Donald Trump als wiedergewählter amerikanischer Präsident den Klimawandel einfach für nicht existent erklärt - die Anzeichen dafür sind einfach da, und nun sichtbar gleich in unserer Nähe. Spannend ist es natürlich, wie die Lage im nächsten Jahr sein wird - einmaliger Ausrutscher oder klare Zeuge einer deutlichen Erderwärmung?

Für den 18. Oktober hatte Andreas Wolf wieder die allmährliche Tour zur Eiskapelle ausgeschrieben und sie hat wohl auch stattgefunden. Ich konnte leider nicht dabei sein. Aber am 8. November hatte ich noch vor dem Forscherfest des Salzburger Höhlenvereins in der Rachelsperger Hütte beim Lamprechtsofen noch etwas Zeit und nützte sie für eine kurze Tour zur Eiskapelle. Auch wenn ich schon ahnte, daß der Besuch nicht viel Zeit in Anspruch nehmen würde, nahm ich das zweite Boot morgens über den See um 9.45 Uhr, damit ich genügend Zeit für den Aufstieg und das Herumstreifen vor Ort haben würde. 

9 Euro Parkgebühr auf dem Gelände in Königsee, wo ich mein Gefährt zurücklassen mußte, um zum Boot zu kommen, ein Schock. Da wird deutlich, daß unsere EUROS immer mehr an Wert verlieren. 22,50 Euros kostete die Hin- und Rückfahrt bis St. Bartholomä. Von dem modernen Schmäh, seine Tickets schon über das Internet vorzubestellen, hatte ich keinen Gebrauch gemacht - und das war auch gar nicht nötig. Alle kamen mit und hatten Platz. Auf der Fahrt sah man, eigentlich, nichts. Dichter Nebel lag über dem Wasser und der routinierte Führer hatte seine Mühe, daraus eine abwechslungsreiche Fahrt zu machen. "Da, an der Wand, sehen sie ein rotes Kreuz..." Kaum. Das Trompetenblasen an der Echowand war für ihn auch nichts. Das mußte die Kapitänin mit dem raffinierten Haarschnitt übernehmen. Wohin fuhren wir überhaupt? Vielleicht im Kreis herum? Nein, modernster Radar leitet heute den Steuermann, so daß es ohne Umwege zum Leuchtsignal bei der Kirche von St. Bartholomä ging. 

Der frühe Aufbruch machte sie bezahlt. Fast niemand war sonst unterwegs. Stille rundum. Fast schon zuviel. Vögel hören wir ja inzwischen gar nicht mehr. Schließlich war leise das Rauschen des Bächleins aus dem Eiskapellengebiet zu vernehmen. Aufwärts geht es, aufwärts, dann wird der Blick frei auf die Watzmannwand. Wie würde sich die Eiskapelle zeigen? Das war schon richtig spannend. 

Eiskapelle? Nichts davon ist mehr wirklich da. Kein Portal, eine Schneefläche dahinter bis zur Felswand über die einst ein Wasserfall herunterkam. Der Wasserfall kommt immer noch, aber darüber wölbt sich nichts mehr. Ein paar Kubikmeter Eis liegen noch herum. Auf die kann man gut steigen, weil viele kleine Steinchen in die Oberfläche eingefroren sind. Seitlich sind noch ein paar kurze Stücke frei, wo ein Einschlüpfen ins Eis möglich wäre. Bringt aber wenig, weil man danach gleich wieder im Freien steht. Nicht, aber auch gar nichts, von der einstigen Pracht. Aus und vorbei - für immer? Keiner weiß das wirklich, weil die Natur immer für "Unerwartetes", "Unerforschtes", "Wunder" für die Religiösen, offen ist.

Drei Pärchen waren außer mir beim Eiskapellenschrupfstück, als ich dort war. Später kamen noch weitere Grüppchen herauf, auch mit Kindchen im Tragesack. Hoffentlich haben die noch zeitig die Rückfahrt geschafft, denn das letzte Stück ist ziemlich zeitaufwendig und mühsam.

Ich schaffte die Rückfahrt. Der Nebel hatte sich aufgelöst. Die Herbstsonne verwöhnte alle, auch die Besucher und Besucherinnen! aus dem fernen Asien. Auch wenn nicht wirklich viel zu sehen gewesen ist, war doch "Geschichte" zu spüren gewesen. Alles? wandelt sich, nichts? ist wirklich unvergänglich. Eis schon mal gar nicht. 

Es unter im Detail unter "Schutz" stellen zu wollen, wäre lächerlich. Ein "Techniker" würde vielleicht an eine Art "Halle" denken, die man über die Eiskapelle hätte stülpen können, um dann mit viel Kühlapparaten eine adäquate Erhaltunstemperatur zu sorgen. Ein "Naturschützer" denkt über Sperrzeiten und Betretungsregelungen nach... Ein ..... an ....

 

 

 


Literatur:

Fuchs, Leonie, Pfeiffer, Kilian, Trost, Christoph "Schon immer ein magischer Ort", Abendzeitung 11.09.2025, S. 15
Sebald, Christian "Es ist extrem gefährlich." SZ Nr. 209, 11.09.2025, S. R8
Wolf, A., Bauer, S., Knolle, F. Eiskapelle - 33 years of monitoring a firn ice field with the Eiskapelle cave system in the German Alps, in: Proceedings 19th International Congress of Speleology, Belo Horizonte 2025, Vol. 1, 395-399

Links:

Die Eiskapelle

Gletscherhöhlen und Schneetunnels

 


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