Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die König-Ludwig-Höhle im Ahorntal B26
Fränkische Schweiz
Landschaft und Höhlen im Ailsbachtal, Fränkische Schweiz, D
"It now remains only to speak of the cave of Kühloch, which is more remarkable than all the rest, as being the only one I have ever seen, excepting that of Kirkdale, in which the animal remains have escaped disturbance by diluvial action; and the only ony also in wihich I could find the black animal earth, said by other writers to occur so generally, and for which many of them appear to have mistaken the diluvial sediment in which the bones are so universally imbedded. The only thing at all like it, that I couldl find in any of the other caverns, were fragments of highly decayed bone, which occurred in the loose part of the diluvial sediment in the caves of Scharzfeld and Gailenreuth; but in the cave of Kühloch it is far otherwise.." Buckland, Reliquiae 137
Die heute unter der Bezeichnung "König-Ludwig-Höhle" im Höhlenverzeichnis geführte Höhle am Eingang des Ahorntals, bekam diesen Namen aus Anlaß des königlichen Besuchs von Ludwig I. und seiner Gattin Therese im Jahre 1830. Dazu wurde die Höhle vollkommen umgestaltet, es wurden sogar Treppen angelegt, Felsdurchgänge erweitert, eine Plattform angelegt und natürlich eine Gedenktafel angebracht. Daß dabei die knochenreichen Sedimentschichten zerstört wurden und für die Wissenschaft verlustig gingen, das spielte keine Rolle.
Der 23. Juni 1830 steht ziemlich einzigartig da. Der bayerische König Ludwig I (reg. 1825-1848), also gerade einmal 5 Jahre im Amt, und seine Gemahlin Therese, der wir die "Wies'n" verdanken und die kein leichtes Leben an der Seite ihres untreuen Gatten führte, waren von dem Grafen Franz Erwein von Schönborn eingeladen und dort bewirtet worden. 5 Tage bewegten sich Ludwig mit Gattin durch den Obermainkreis, von einem offenbar sehr beeindruckten Zeitgenossen, so eingeschätzt: "Eine einmalige Repräsentation des Staates durch seinen höchsten Würdenträger", von, so die fremde Einschätzung, "integrativer Wirkung" (Müssel 78). Zahlreiche Reden, Musikdarbietungen und viel Publikum hätten den Event begleitet, der "zu einem wahren Volksfeste" geriet, so ein Kommentar in der Zeitschrift "Das Inland". Über dem Portal wurde eine Tafel mit dem neuen Namen der Höhle angebracht und innen noch eine mit dem Text: "Heil unserem gerechten und beharrlichen König Ludwig I". Fein ging es offenbar zu: "Nun verfügten sich sämmtliche Herrschaften an die mit Silber und den köstlichsten Speisen versehene Tafel." Der Graf von Schönborn brachte einen Toast auf das Herrscherpaar aus. Auch Kanonendonner ertönt, "Lebehoch und Jubelrufe erklangen. Um 5 1/2 Uhr erhoben sich die allerhöchsten Herrschaften von der Tafel.." (Berger 398). Das alte Feudalsystem und die in Bayern erst wenige Jahre vorher durch Napoleon überhaupt erst eingerichtete Monarchie, wollten noch Lebenszeichen von sich geben.
Früher trug die Höhle andere Namen: Rabenloch bei Esper und Kühloch bei Goldfuß. Heller nennt sie die "größte und großartigste Felsengrotte der Muggendorfer Gegend". Die Hirten trieben bei schlechtem Wetter ihre Herden hinein. 1816 und 1822 untersuchte der Engländer Buckland den Höhlenboden, das damals noch "Kuhloch" hieß, und fand Knochen von Höhlenbären und Mammut. (Neischl 79). Er hielt sie für die merkwürdigste der Umgebung (er kannte auch die Zoolithenhöhle! - schätzte aber ihre Bedeutung ganz anders ein) "weil in keiner anderen der Erde (außer der von Kirkdale in Großbritannien) die Thiere so ohne störende Einwirkung der großen Sündfluth geblieben wären." Ist heute noch nachzuvollziehen, was für eine Bedeutung es gehabt hat, daß man lange Zeit hindurch die "Wahrheit" über die Vergangenheit der Welt nur aus der Bibel heraus interpretieren wollte. Und da findet man im Alten Testament halt hauptsächlich nur die Sintflut als markantes erdgeschichtliches Datum. Und so mußte alles, was man in den Höhlen an Spuren der Vergangenheit fand, als deren Folge interpretieren. Wer das nicht tat oder auch nur daran zweifelte, der war kein Christ - zu der Zeit mit allen Folgen! Vieles verbarg man unter dem Fremdwort "Diluvium", das meist nur unerklärt verwendet wurde. Was und wann sollte das denn gewesen sein? Wo könnte denn das große Wasser hergekommen sein, daß alles Frühere unter sich begraben hatte? Es war besser, wenn man solche Fragen nicht stellte, denn die Verwaltung der "Wahrheit" war fest in den Händen von Obrigkeit und Kirche. Von einer "Eiszeit" und deren Folgen stand nichts in der Bibel, folglich gab es für die "Gläubigen" da nichts zu wissen. Wer mehr über diese spannende Zeit lesen will, der sollte sich einmal Edmund B. Bolles: Eiszeit. Wie ein Professor, ein Politiker und ein Dichter das ewige Eis entdeckten, Berlin 2000 vornehmen. Die Lektüre lohnt sich und ist in vieler Hinsicht lehrreich und erhellend.
Dawkins hält nur zwei Höhlen in Deutschland in seinem Höhlenklassiker "cave hunting" von 1874 erwähnenswert: die Gailenreuther Höhle und das Kuhloch. Er meint, daß nur es eine eingehendere Betrachtung verdiene, das "berühmte Zahnloch", die Mokashöhle oder die Rabensteiner Höhle gehören nicht zu seinen Favoriten.
Das 15 m breite und 11 m hohe Eingangsportal führt in die große Haupthalle von 28 m Länge, 20 m Breite und 10-13 m Höhe (bei Heller hieß es noch: Höhe 46 Fuß und 60 Fuß Breite). Nach Südosten zweigt ein Tunnel ab, 29 m lang mit einer maximalen Breite von 8 m und 6 m Höhe - ein Schmankerl für Höhlenphotographen,
Neischl sah in der Haupthöhle den Typus der "Spaltenhöhle", da Wände und Decke kahl und ohne Sinterbildung seien, die Nebenhöhle gehöre wegen ihrer "zahlreichen feinen Deckenrisse" dem Typus der "Zerklüftungshöhle" an (Neischl 29f.).
Die Höhle wird immer wieder für Festveranstaltungen und Konzerte genutzt.
gez. Reger, aus: Neischl, Die Höhlen... 1904a | ||
gez. Reger, aus: Neischl, Die Höhlen...1904 Tafel XIX |
2024 | ||
Literatur:
Anonym | Chronik des Tages. Bayern. in: Das Inland. Ein Tageblatt für das öffentliche Leben in Deutschland, mit vorzüglicher Rücksicht auf Bayern, 3. Juli 1830, Nr. 180, 741-742 |
Badin, Adolphe | Grottes & cavernes, 1876 |
Berger, Julia | Grotten-Interieurs der Gastronomie, Beitrag aus: Archiv für Kulturgeschichte 96.2/2014, 369-404 |
Bolles, Edmund B. | Eiszeit. Wie ein Professor, ein Politiker und ein Dichter das ewige Eis entdeckten, Berlin 2000 |
Buckland, William | Reliquiae Diluvianae; or observations on the organic remains contained in caves, fissures, and diluvial gravel, and on other geological phenomena, attesting the action of an universal deluge, London 1823 |
Dawkins, William Boyd | Die Höhlen und die Ureinwohner Europas, Leipzig und Heidelberg 1879 (Original "cave hunting" ist von 1874) |
Egerton, Philipp de Malpas, Lord Cole | Zerstörung der berühmten Kühloch-Höhle in Franken, in: Dinglers polytechnisches Journal 1829, S. 491ff., ursprünglich im Philosophicla Magazine and Journal, August 1829, S. 92 abgedruckt |
Heller, Josef | Muggendorf und seine Umgebungen oder die Fränkische Schweiz, Nachdruck der 1. Auflage aus dem Jahre 1829, Palm & Enke, Erlangen 1979 |
Herrmann, Friedrich | Höhlen der Fränkischen und Hersbrucker Schweiz, Regensburg 1980 |
Kellermann, Kai | Herrschaftliche Gärten in der Fränkischen Schweiz. Eine Spurensuche (= Die Fränkische Schweiz - Landschaft und Kultur, Schriftenreihe des Fränkischen Schweiz-Vereins, Bd 14), Jena, Erlangen 2008 |
Lang, Stephan | Höhlen in Franken - Ein Wanderführer in die Unterwelt der Fränkischen Schweiz, Verlag Hans Carl, Nürnberg 2000 |
Müssel, Karl | Der Besuch des bayerischen Königs Ludwig I. im Obermainkreis 1830, in: Archiv für Geschichte von Oberfranken 81 (2001), 53-80 |
Neischl, Adalbert | Die Höhlen der Fränkischen Schweiz und ihre Bedeutung für die Entstehung der dortigen Täler, Nürnberg 1904 |
Schabdach, Hardy | Unterirdische Welten - Höhlen der Fränkischen und Hersbrucker Schweiz, Verlag Reinhold Lippert, Ebermannstadt 2000 |
Voit, Gustav, Kaulich, Brigitte, Rüfer, Walter | Vom Land im Gebirg zur Fränkischen Schweiz. eine Landschaft wird entdeckt (=Die Fränkische Schweiz - Landschaft und Kultur, Schriftenreihe des Fränkischen Schweiz Vereins, Bd. 8) Erlangen 1992 |
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