Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Höhlen am Kaitersberg, Ostbayern


1132 Höhenmeter mißt der "Große Riedelstein", womit er die höchste Erhebung des Kaitersbergs östlich von Kötzing im Bayerischen Wald darstellt. Sieht man sich eines Karte des Gebiets an, dann fällt auf, daß es gleich zwei Höhlenzeichen in diesem aus "Biotit-Plagioklasgneis" (lt. Geotopverzeichnis des Bayerischen Geologischen Landesamts) gibt: die Bärenhöhle und die Räuber-Heiglhöhle.

Letztere ist ein kleine Überdeckungshöhle mit einer spannenden Geschichte.

 
 
 
   
 
 
 
 
 

Manfred Böckl hat die Geschichte des Räubers Heigl spannend nacherzählt. Keiner von uns ist dabei gewesen. Was wir heute noch von ihm wissen, das ist nur sehr bruchstückhaft, zeigt ihn als cleveren, geistesgegenwärtigen, sich an seine Zeitverhältnisse auf seine Weise anpassenden Mann. Aus Sicht der "Obrigkeit" war das sicherlich keiner, der einfach war. Sich nicht an die gesellschaftlichen und religiösen Verhältnisse der damaligen Zeit anpassen! Wo käme man denn da hin.

Im Grunde ist das wieder eine ganz aktuelle Geschichte! In Zeiten bürgerlicher Besitzstandssicherung und Leistungsvergottung haben eben Menschen, die aus armen Verhältnissen kommen, keine Schule besuchen, vielleicht mit viel Glück auch mal ein Lehrverhältnis ergattern, wo ihnen halt "Essen und Unterkunft" gesichert ist, mehr aber auch nicht, wenig Chancen. Wenn sie dann "ihre Chance" sehen, wenn sie zum Beispiel bei einem Pfarrherrn in die "geheime Truhe" sehen, die die vor der Öffentlichkeit verschwiegenen Spendengelder der Gläubigen enthält, weil sie dafür ein Schloß fertigen sollen, dann greifen sie zu.
Die Lebensgeschichte ist spannend zu lesen. Von was soll denn einer leben, wenn er nichts hat? Und wenn er es erfolgreich versucht, z.B. als Händler von Tonwaren, dann wird er von einem Vertreter der Obrigkeit aus diesem Gewerbe wieder hinausgeworfen, weil er keine offizielle Erlaubnis dazu hat. Nur Bestimmte dürfen, die anderen nicht. Warum denn? Wer ist denn der "Bestimmte"? Uralte Konflikte tauchen auch hier auf - Ordnung und Unordnung, Wildheit und Freiheit - Erlaubtheit und Strafrecht, frische Luft und Kerkerduft.

So richtig zum "Bösewicht" hat der Michael wohl nicht dienen können. Die kleinen Leute auf dem Land, so heißt es, hätten wohl eher zu ihm gehalten, als zur Obrigkeit. "Der Heigl war kein böser Mensch. Der hat zwischen Gut und Böse unterscheiden können. Der hat bloß die Reichen ausgeraubt und hat es den Armen gegeben.." Robin Hood im Bayerischen Wald. Es war wohl so, daß die Höhle nicht sein einziger Unterschlupf gewesen ist, denn sonst hätte er es nicht so lange durchgehalten. Denn Höhlen sind nur sehr kurzfristig "gute" Unterschlupfe. Sie sind einfach zu leicht zu schnell ortbar. Und überhaupt nicht flexibel. Hier einfach eingefräst ins Granitgestein. Aber für unsere Phantasie sind sie einfach wunderbar.

Was hat sich dort wohl abgespielt? Wenn wir heute hingehen, dann sehen wir ja einfach alles. Ein Schild am Baum, das uns umfassend über die geschichtliche Einordnung unterrichtet. Wir können zu den beiden offensichtlichen Eingängen ungefährdet einfach hingehen, wer sich was traut, der steigt auch noch in den ersten Raum. Dann wäre es schon gut, wenn er auch noch ein Lämpchen dabei hat, denn dann geht es durch einen Durchschlupf. Wenn er da, gebücktermaßen, durch ist, dann kommt er in einen weiteren Raum. Von oben kommt ein wenig Licht herein, wenig nur. Weiter geht es nicht, schließlich handelt es sich hier um eine Bergsturzhöhle, so nenne ich sie hier. Dieser hintere Ausgang wird gerne als Kamin gedeutet, durch den der Rauch des Feuers hätte hinaus in die freie Welt steigen hätte können. In der überlieferten Folklore heißt es: "Wenn der Heigl nichts mehr zu essen gehabt hat, dann hat er einfach Feuer gemacht in der Höhle, und die Beckendorfer haben den Rauch gesehen und haben ihm etwas gebracht."
Viel besser als in der Endkammer läßt sich einfach im Eingangsraum leben. Es ist schon spannend, wie im Lichte unserer "heutigen" Beschreibungen, der aussieht: "Das Wand- und Deckengestein der Höhlen zwischen ihren westlich und südlich liegenden fuchsbauartigen Ausgängen ist auch heute noch vom Ruß gezeichnet, geschwärzt und verschliert. Dick hat es sich dort niedergeschlagen und sich eineinhalb Jahrhunderte gehalten; sehr gegenwärtig ist plötzlich der Räuber Heigl." Wenn ich das lese, dann sehe ich sofort Bilder von Hunderten von Menschen, die in Betonröhren leben, kurzeitig, weil sie die auf einem Lagerplatz bewohnt hatten, bevor sie in die Kanalisation irgendwo in einem Land der "Dritten Welt" verbuddelt worden sind. Der erste Raum in der Heigl-Höhle hat hervorragende Lebensqualitäten, auch heute noch, außer einer, sie wird von viel zu vielen Touristen heimgesucht!

Felsdach am Kaitersberg 1985

Auf den Wanderkarten ist südlich von Hohenwarth ganz in Ortsnähe eine "Bärenhöhle" eingezeichnet. Versucht man sie zu finden, ist das nicht einfach. Kein Weg führt hin, keine Beschilderung. Ich habe im Juli 2014 ein paar Leute gefragt, die zufällig am Wegesrand waren, und habe Antwort bekommen, insbesondere, daß sie schwer zu finden sei. "Wahrscheinlich ist sie schon ganz zugewachsen." Ob sie wirklich das ist? Ich habe ein paar Felsdächer ausmachen können, von Höhle da zu sprechen, wäre unangemessen.

In der GLÄSERNEN SCHEUNE bei Viechtach stellt der Künstler Rudolf Schmid sen. seine Werke seit 1980 aus. Neben der Geschichte des Mühlhiasl ist auch das Leben des Räubers Heigl eindrucksvoll als Glasbild dargestellt. Wer genau hinschaut, der sieht auch die zahlreichen Bezüge zum Thema Höhle, sei es die Fels- als auch die Baumhöhle.

 


Literatur:

Böckl, Manfred Räuber Heigl - Der Höhlenmensch vom Kaitersberg, 1998
Böckl. Manfred Der Höhlenmensch vom Kaitersberg, Charivari 8/1987, S. 62ff
Günther, Anna Wo der wilde Räuber hauste, Süddeutsche Zeitung Nr. 99, 30.4-2.5.2021, R14
Huber, Manuela An die Fußkugel gekettet, Liebes Land Nr. 7 / Juli 2011, S. 130f.
Stegers, Wolfgang Auf den Spuren von Michael Heigl, Kaufdown - Entspannt wandern, Beilage der Süddeutschen Zeitung, 2021, S. 42-43

Link

Umweltobjektkatalog Bayern: Geotop 372H001 Raeuber-Heigl-Hoehle

Wandern: Kaitersberg-Rauchrören-Kötztinger Hütte-Räuber Heigl Höhle (Tour 45998) - Tourenblatt

Die Räuber Heigl Linde: - Hohenwarth

Linden in Bayern : Die Räuber-Heigl-Linde | Bayern 1 am Samstag | Bayern 1 | BR

Wanderweg Räuber Heigl - Hohenwarth Erholung im Bayerischen Wald

Landschaft und Höhlen in Ostbayern nördlich der Donau

 


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