Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Landschaft, Kultur und Höhlen in Ostbayern nördlich der Donau
In Ostbayern nach Höhlen zu suchen, das ist normalerweise eine ziemlich verrückte Idee. Da gibt es die Schotterebene als Rest der letzten Eiszeiten von den Alpen bis zur Donau und im Norden den Granit des Bayerischen Waldes. Ein guter Spiegel unserer Kenntnisse ist der vom Verein für Höhlenkunde in München geführte Höhlenkataster (siehe: Vater, Klaus, Höhlenkataster Bayerische Alpen, in: Münchner Höhlengeschichte - Drei Jahrzehnte Verein für Höhlenkunde in München e.V., München 1982), der unter der Nummer 1290 "Schwäb.-Bayer. Hochebene zwischen Isar und Inn" lediglich 2 Objekte aufgeführt hat, die beide im Mangfalltal bei Holzkirchen liegen, sonst nichts. Einzig Toni Müller hat meines Wissens schon mal ein bißchen herumgestochert und das "Ortenburger Senkungsdreieck" ausgemacht und dort ein bißchen herumgesucht. Für den nördlich der Donau liegenden Teil "Ostbayerns" führt Thomas Striebel einen Kataster, der auch noch sehr ausgedünnt ist.
Durch den Hinweis eines Erdstallforschers aus Freyung hatte ich Wind bekommen vom "Haistoas" (=Versammlungsstein), der in der Topographischen Karte 1:25000, Blatt 7247 Waldkirchen, mit der Bezeichnung "Am heißen Stein" angedeutet ist. Man muß erst Richtung Kumreuth - Kleinwiesen (Anmerkung: in Kleinwiesen gibt es auch einen kleinen Erdstall) - Köppenreuth, Freyung. Von einem kleinen Parkplatz links des unbeteerten Weges führt ein steiler Pfad nach oben. Dem folgt man und sieht dann schon rechterhand eine große Felsgruppe, der einzigen weit und breit, in der das große Felsmaul sich zeigt. Wieder ist ein Riesenfelsblock zurückgeblieben, der auf unterlagernden kleinen Blöcken ruht und unter dem man es gut aushalten könnte, auch bei schlechtem Wetter. Es sah ein bißchen wild dort aus. Mehrere zurückgelassene Holzpaletten hatten wohl mal als Sitze gedient, Reste eines Lagerfeuers, Müll aufgeräumt und verstreut, ein installiertes Seil und ein rot-weißes Markierungsband vom Waldwirtschaftsweg oberhalb bis zur Höhle sollte wohl mal den Zugang etwas erleichtern.
Ende Dezember 2005 habe ich unvermittelt ein
Email von Michael Burghart bekommen, der mich auf die
"Diebsteinhöhle" bei Thurmansbang aufmerksam machte.
Am 8. Januar 2006 war ich bereits mit Willi Adelung dort und wir
haben ganz schön gestaunt über diese richtige Granithöhle. Der
Ort liegt nördlich von Vilshofen im Bayerischen Wald. Von dort
sind es nur noch 2 km auf der Straße bis Hirschreuth. Von dort
geht es zu Fuß weiter. Große Wanderwegschilder machen auf den
abzweigenden Waldweg zum Diebstein und zur Höhle darin
aufmerksam. Es geht an einer Futterkrippe vorbei, dann knickt der
Weg nach rechts ab und führt endgültig hinauf zur Hügelkuppe.
Unmittelbar vor der Höhle ist nochmal ein Schild, das den Namen
der Höhle zeigt.
Ein weites Portal tut sich vor einem auf, das von den glatten
Granitwänden geprägt ist. Unter dem Überhang ist eine
Feuerstelle und ein Baumstamm als Sitzbank. An der Wand ist noch
die Reste einer in gelb gemalte 60 und einer Art Sonne zu sehen.
Eine Höhlenöffnung tut sich ganz hinten auf. Auf alle Viere
heißt es nun, um hinein in den Berg zu kommen. Dahinter kann man
überraschenderweise gleich wieder stehen. Es geht einige Meter
nach links in einer Spalte, die aber gleich wieder zumacht.
Spannend ist die rechte Spalte. Die führt doppelmannshoch, sich
immer wieder abwinkelnd 10 bis 15 Meter bergwärts. Alle
Attribute einer Höhle sind hier vorhanden! Außer großen
Spinnen ist hier nichts zu finden gewesen. Beim Eingang geht es
auch steil in die Höhe. Von oben sieht man Tageslicht. Klettert
man da hoch, dann kommt man zu einem weiteren Eingang. Der ist
auch von außen zu erreichen, wenn man den Diebsstein
umschreitet. Man muß durch ein kleines Felstor, das durch den
Herabsturz eines Riesenfelsens entstanden ist. Dahinter steht man
in einer Abrißspalte, die nach oben offen ist. Man kann hier
vorwärtskraxeln und kommt zum stark bewetterten oberen
Diebssteinhöhleneingang. Ein Farnbüschel wurde permanent
richtig hin- und hergeschwenkt vom im Winter einem richtig warm
vorkommenden Luftzug. Geht man noch ein paar Meter weiter, dann
kommt noch eine weitere kurze überdeckte Felsspalte, die noch
ein paar Blicklöcher nach draußen bietet. Noch vor dem
Erreichen der Diebssteinhöhle ist linkerhand noch ein weiteres
kleines Felsdach. In ihm ist an die Wand gepinselt: "Wir
warten auf Dich". Außerdem fanden wir eine kleine
Kuriosität: ein Eiszapfen, der seinen Ausgangspunkt in einem
Spinnennetz hatte. Das zeigt, wie massiv die gebaut sind!
Im Hintergrund der Diebstein | |
Der "Diebsstein", in dem die Höhle liegt |
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Die Spinnwebe mit Eiszapfen |
Nach dem Mittagessen im "Gasthof zur Linde" in Thurmansbang wollten wir noch was unternehmen. Ein Blick auf die überall aufgestellten Wanderkarten zeigte ganz in der Nähe bei Entschenreuth ein "Steinernes Kirchlein". Was das wohl war? Wir wanderten bei herrlichstem Winterwetter auf einer gespurten Schneestraße los und fanden sie tatsächlich. Einige Spuren in Harschschnee zeigten, uns daß wir nicht die Ersten waren. Der Weg führte bis zu einer Felskuppe voller Riesenfelsen. Eine Fußspur führte genau zu einem Spalt zwischen zwei Felsen. Ein kleinwenig in die Knie gehen und schon war ich auf der anderen Seite. Ein überdachter Felsenraum tat sich auf. An der Wand hinter mir hing ein großes eisernes Kreuz und eine rote Kerze war davor. Das war sicherlich die "Steinerne Kirche". Hinaus ging es auf dem selben Wege, weil nach vorne zu eine senkrechte Felswand abbricht. Es lohnt sich, zwischen den Gesteinsbrocken herumzuklettern. Haushohe Felsspalten sind da, in die man hineinsteigen kann. Unter einigen Steintrümmern kann man auch auf die andere Seite hinüberkriechen.
Zwischen Cham und Schönthal ist auf den Wanderkarten von einer "Bärenhöhle" zu lesen. Am 30. April 2007 habe ich mal versucht, diese "Höhle" zu finden. Am Ende war es furchtbar leicht, denn ein mit vielen Schildern markierter Weg "Gr1" (in Frankreich wäre das wohl die "Grande Route") führt direkt hin. Trotzdem - an so mancher Stelle war ich mir wirklich nicht sicher, wohin mich das Schilder denn eigentlich führen wollte. Wo ein verdrehter Pfeil nach "unten". Wo war das. Ich bin erst einmal mindestens 100 m in einer ganz andere Richtung gelaufen, als sich am Ende herausgestellt hat, was wirklich "richtig" gewesen war. Am Ende ist es sogar gut, daß der richtige Weg ein Umweg gewesen ist. Denn ich habe viel mehr gesehen, als das eigentlich ursprünglich wohl vorgesehen war. Da war dann auf einmal wirklich diese "Bärenhöhle", ein kleines Versturzloch, in dem sich sogar eine von der Decke herabhängende Plastikhülle befand mit "Informationen" über Bären. Ein richtiger "Fremdkörper" war das. Am "Höhlenboden" war noch eine menschliche Spur, ein mit Steinen markierter Raum für eine Feuerstelle. "When you are in Rome, do as the Romans do". Ein englischer Spruch mit vielen Anwendungsmöglichkeiten. Auch für die Speläophilie. Die Speläologie befaßt sich ja gerne mit größeren und "wichtigeren" Objekten. So ein "Mickerloch" wird ja von echten "-logen" wurde ja wieder und wieder gar nicht aufgenommen in den "Adelsstand" der "Höhlen". Zu "klein", mindestens "5 Meter Länge", vielleicht "Anthropospeläologische Bedeutung".
In der GLÄSERNEN SCHEUNE bei Viechtach ist dieses Glasbild zu sehen. Es stammt von Rudolf Schmid sen. und soll den Kampf des Mühlhiasls mit einem Bären in der gleichnamigen Höhle zeigen |
Durch einen Tip von Wolfgang Stich wurde ich auf die kleine Höhle im Kathlfelsen bei Geigant aufmerksam. Das Gebiet hat seine Reize für Kletterer. Als Höhlenforscher muß man nur aus Vollständigkeitsgründen da hingehen.
> Kokons |
Wer in "ungewöhnliche" Höhlengebiete geht, der muß, eventuell, Unerwartetes erleben. Und da ist der Bayerische Wald keine Ausnahme. Denn, wer heute, 2007, dort zum "Haus der Wildnis" in der Nähe von Zwiesel einen Abstecher macht, dem passiert es, daß er mit Hilfe raffinierter, heute möglicher, technischer Möglichkeiten mitten in den Süden Frankreichs transportiert wird, zumindest geistig. Die "Steinzeithöhle" ist ein kleiner, gelungener Nachbau eines minimalen Abschnittes der Chauvet-Höhle in der Ardèche-Schlucht. >>> La Grotte Chauvet-Pont d'Arc - Ardèche, France
Die Grotte Chauvet-Ausstellung in Vallon-Pont-d'Arc, F
Was man da an den Wänden sieht, einen Teil natürlich nur davon, die Pferde und Rinder, die sieht man, gleich, oberhalb wieder, auf den blank gefressenen Wiesen, wo Nachzüchtungen dieser Tierrassen uns heute wieder ein ungefähres Gefühl geben sollen, was unsere Vorfahren mal schon erlebt haben.
In Wildnishaus selber gibt es gleich noch ein
paar mal "Höhlenerlebnisse". Man muß nur in den
Kindergarten hineinschauen, wo unter einer Kunstfelswand gleich
wieder eine niedrige Öffnung dieses "Hindernis"
durchdringen läßt. Geschickt gemacht ist die Untergrundsektion,
die die Besucher unter die Erdkrume lockt. Das ist nun nicht
unbedingt "Höhlenstoff" und halt auch doch, sehr
sogar. Denn was eine "Höhle" wirklich ist, wer will
das sagen? Das wird festgelegt - von wem? Vom Menschen? Von was
"Größerem" als dem Menschen? "Gott?" Von
was "Kleinerem" als dem "Menschen"? Dachse,
Füchse, Wühlmäuse, Ameisen, was lebt denn sonst noch alles
unter der Erde? Schön ist das gemacht - und auch hier haben die
Kinder eingebaute Vorteile. Da gibt es an der linken Wandseite
eine niedrige Wandöffnung, Licht dringt da durch, auch
Geräusche. Wer da rein will, der muß auf alle Viere, muß sich
bücken! Rutscht er da durch, dann kommt er in eine eigenartige
Kammer, kleine Sitze sind da an der Wand, ein altes Radio, kleine
Bilder... Man kann sich verzaubern lassen. Dann gibt da auch eine
große "Verräteröffnung", auffällig kaschiert durch
einen schlecht schließenden Vorhang. Durch den könnten
Erwachsene ungebückt hereingelangen...
Raffiniert sind kleine Nebenkammern hineinkomponiert worden,
immer schmäler werdende Spalten, die im Dunkeln verschwinden und
dann...? aus sind. Aber vielleicht gewinnen wir daraus mal
unseren Höhlenforschernachwuchs! Menschen, auch wenn sie,
momentan, nur "klein" sind, aber Menschen mit einem
Drang nach ........? Thomas Mann hat in seinem Klassiker
"Der Zauberberg" den "Forscher" als einen
Menschen beschrieben, der "wissen will, was um die Ecke
herum ist". Dieses wunderbare Bild ...... da, dieser klare,
gerade, bekannte Weg, die "Wahrheit" vor einem, und
dann... diese Biegung, gar Abwinkelung, Dunkelheit,
Unbekanntheit, nehmen wir noch die dritte Dimension hinzu...rauf
oder runter...
Am Ende wurde da künstlich noch nachgestellt, was es halt unendlich viele Male auch ganz natürlich, und vollkommen kostenfrei, zu sehen gibt: daß Wasser oben in einen Höhlengang eintritt und unten wieder abfließt. Aber hier achten mehr Menschen drauf, greifen vielleicht hin und machen sich ihre Finger naß und hören hin, hören den Klang des fließenden unterirdischen Wassers...
Es sind wohl noch mehr "Höhlen" in Ostbayern zu entdecken. Wenn es wieder was Neues gibt, werde ich hier drüber berichten.
Ein paar Landschaftseindrücke:
Im Gebiet des Nationalparks, Oktober 2009 Windwurfzone |
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Bei Frauenau | ||
Bei den Waldhäusern am Aufstieg zum Lusen |
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Das "Boot", ein Glaskunstwerk | ||
Im Nationalpark am Lusen | ||
Lusengipfel | ||
Lusengipfel | ||
Hindenburgkanzel | ||
Arbergebiet | ||
Falkenstein | ||
Hütte am Großen Falkenstein | ||
Gipfel des Großen Falkensteins | ||
Spuren des großen Sturms im Mai 2015 | ||
Kleine Höhle abseits vom Weg | ||
Am Rachel 2021 | ||
Waldschmidthaus | ||
Rachelsee | ||
Rachelsee mit Blick zum Gipfel | ||
Der "Pfahl" - eines der bedeutendsten bayerischen Geotope |
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Zur Abwechslung auch ein wenig Kultur....z.B. beim Glasmuseum in Frauenau und im Wildniscamp am Falkenstein
Baumwipfelpfad Nationalpark |
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Literatur:
Bunk, Stefan | Höhlenforschung in Niederbayern, Der Schlaz 87-1999, S. 13 |
Haller, Marita, Mazny, Petr, Vogeltanz, Jasoslav | 77 mystische Ausflugsziele im Bayerischen Wald und Böhmerwald, Ohetaler-Verlag, 2016 |
Kittel, Manfred | Bayerischer Wald - Erlebnis Wanderführer, 2. Auflage, MZ-Buchverlag, Regensburg 2004 |
Kratzer, Hans | Bayerns Märchenwald, Süddeutsche Zeitung Nr. 229, 4. Oktober 2016, BAYERN R18 |
Reiser, Rudolf | Streifzüge durch den Bayerischen Wald / Das heimliche Weltnaturerbe - seine Geschichte und Gäste, MZ-Buchverlag 2009 |
Schrenk, Johann | Bayerischer Wald, Michael Müller Verlag, Nürnberg, 2. Auflage 2013 |
Sebald, Christian | Totes Holz und neues Leben - Nationalpark Bayerischer Wald: Nach den Windwürfen und der Borkenkäferplage..., Süddeutsche Zeitung Nr. 210, 12.09.2014, R16 |
Slezak, Herwig | Hits für Kids im Bayerischen Wald, J.Berg-Verlag, München 2012 |
Wengel, Tassilo | Das große Buch der Weitwanderwege, Bruckmann-Verlag, München 2012 |
Wolf, Andreas | Diebsteinloch im Bayerischen Wald, in: Der Schlaz 51-1987, S. 55 |
Zeitler, Walther | Das Grosse Bayerwaldbuch, SüdOst Verlag, 4. Auflage Waldkirchen 2005 |
Links:
untitled - 372g014.pdf / Schratzelloch bei Sinzendorf
untitled - 372r051.pdf / Heiligenkammer im Mantelberg
https://www.bayerischer-wald.de/Media/Attraktionen/Die-Drachenhoehle in Furth in Wald
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