Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle


Die Zinselhöhle, Thüringen


Text 2002

Mein erster Anlaufpunkt war die "Zinselhöhle". Viel wußte ich nicht davon. Ein kleiner kopierter Artikel in meinem Aktenordner, der all das beeinhaltet, was ich mir in den letzten 30 Jahren über die "Neuen Bundesländer" angeeignet hatte. Irgendwo im Süden von Thüringen sollte sie sein, in der Nähe von Sonneberg. Hinter Coburg suchte ich mir den Weg über kleine Straßen, die jetzt nach der Wiedervereinigung wieder hinüber nach Schalkau führen. Glücklicherweise ist noch immer spürbar, daß die sich dort ein bißchen anders entwickelt hatten, als wir im Westen.
Wenn man Höhlen auf eigene Faust sucht, dann weiß man nie genau, ob man auch finden wird, was man sucht, aber in diesem Falle war es ziemlich einfach, denn überall waren anständige Schilder mit Hinweisen auf die Höhle. Nur die letzten Meter hinter Meschenbach waren ein kleines Problem. Ein Sperrzeichen wegen einer Baustelle verwehrte einfach das Benützen des Weges, aber, es war Samstag, niemand arbeitete, alle Maschinen standen still. Dort, wo die Straße über den Retschenbach führt, dort steht schon ein großes Schild mit dem Höhlennamen und einem Zwerg drauf, und eine dieser unsäglichen deutschen Naturmöblierungen, eine überdachte Sitzgelegenheit. Ein großer Parkplatz ist auch schon angelegt. Man braucht ihn wohl für die jährlichen Höhlenfeste, die jeweils am 3. Julisonntag stattfinden.
Niemand war da. Ich ging alleine auf einem Waldweg, entlang des kleinen Retschenbachs etwa 100 m abwärts bis zu einem im Bau gefindlichen Häuschen. Davor ist das recht nüchtern gewordene künstliche Eingangsbauwerk in die Höhle, das von oben die eine große betonene Zuge aussieht. Der Bach ist vor dieser Stelle meist schon im Schotter verschwunden, aber bei Hochwasser fließt er wohl auch noch oberirdisch weiter. Aus dem Betonrachen hört man schon das Rauschen des Wassers. Geht man hinunter über die Stufen, wozu man schon eigenes Licht mitnehmen sollte, dann verwehrt bald eine Eisentüre den Weiterweg. Wer hier rein möchte in die 245 m lange Muschelkalkhöhle, der muß sich mit den Höhlenführern vorher arrangieren.
Die Höhle war schon immer der Bevölkerung bekannt. Im 30jährigen Krieg sollen die Menschen schon ihr Hab und Gut drinnen versteckt haben, wovon 1728 Albrecht bereits schriftlich berichtet hat - die erste detaillierte Beschreibung einer Thüringer Höhle. Vor etwa 200 Jahren hat man dort auch schon hydrologische Forschung angestellt, in dem man Flachsknoten ins Wasser des Höhlenbachs warf, um herauszufinden, wo denn der Bach wieder zu Tage tritt.
Es gibt keinen ausdrücklichen schriftlichen Hinweis auf einen Besuch der Höhle durch Goethe, obwohl dieser ja stark geologisch interessiert war, und die Gegend damals auch bereiste. Von Herzog Karl August von Weimar weiß man das aber, sogar das Datum kennt man: den 23. Juni 1782.
Der Namen der Höhle kommt von den Zinselmännchen, die der Sage nach die Höhle bewohnt haben sollen. Wir sagen halt Zwerge oder Wichtelmännchen dazu.

Der Erstkontakt: der Rest eines Posters an einem Strompfosten
An der Straße: der nicht zu übersehende Hinweis auf die Höhle

Es hatte ja eigentlich keinen Gegenstand, denn die Straße war ja nicht durch Abgründe unterbrochen, die überhaupt nicht zu überwinden waren, sondern man mußte allenfalls ein bißchen langsamer fahren.

Zwerge und Höhle, ein altes Thema - hier wiedergefunden


Der Bach, der in der Höhle verschwindet


Das einer langen Zunge ähnelnde Eingangsbauwerk von oben
Der heutige Eingang

Die ästhetische Sensation: die Eingangstüre

Versuche, durch den Türspalt weiter ins Innere des Berges zu blicken

Das Höhlengestein: Muschelkalk

 


Anläßlich der Jubiläumstagung des Verbandes der deutschen Höhlen- und Karstforscher in Truckental 2022 war wieder einmal Gelegenheit, die Höhle zu besuchen. In zahlreichen Gruppen wurde geführt und wohl jeder, der einmal die Höhle sehen wollte, konnte das auch tun.

Rauhenstein

Literatur:

Babucke, R., Heinrich, A. (Hrsg.) Die Zinselhöhle, Meschenbach/Thüringen, Druck und Verlag Müller, Mengersgereuth-Hämmern
Bahl, Jürgen Die Schauhöhlen der Deutschen Demokratischen Republik, Karst und Höhle 1981, S. 5-33, München 1982
Hörchner, Andre Die Zinselhöhle bei Meschenbach (5532/ST-4), Der Höhlenforscher, H4, Dresden
Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie Thüringen Untertage, 2005
Völker, Christel und Reinhard Die Zinselhöhle, Mitteilungen des Karstmuseums Heimkehle, Heft 17

Links 

https://www.gebirgspfade.de/zinselhöhle/

https://www.frankenblick.eu/leben-tourismus/zinselhoehle/

https://www.kreis-sonneberg.de/freizeit-und-tourismus/museen/zinselhoehle-meschenbach

Streifzug durch die Höhlen in Thüringen

 


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