Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Landschaft und Höhlen zwischen Vallon und Pas de Mousse, Ardèche, F


Vallon Pont d'Arc ist im Winter ein Ort, in dem 2000 Menschen leben. Im Sommer sind das viel viel mehr. Die Touristen fallen in Scharen hier ein und dominieren alles um das Rathaus aus dem Jahre 1639 und den Marktplatz herum. Ausgelöst wurde der Boom durch die Kanufahrer. Die in der Nähe beginnende große Ardècheschlucht, gehört zu den größten Naturattraktionen Europas. Zehntausende durchqueren sie jedes Jahr und machen eine unvergleichgliche Naturerfahrung. Je nach Wasserstand (er kann zwischen 2,5 bis 7000 m³ pro Sekunde schwanken) und Können ist sie angenehm oder beängstigend, jedenfalls unvergesslich. Dutzende von Firmen bedienen heute die Wunsch, einmal wenigstens im Kayak oder Kanu die etwa 30 km zwischen den bis zu 300 m hohen Kalkfelswänden zurückzulegen.

Ist man mal in der Gegend, dann bleiben viele inzwischen ein paar Tage länger. Wandern und Radfahren kann man hier zu vielfältigsten Zielen, auch den Reitfans wird die Möglichkeit dazu geboten. Reizvolle alte Dörfer gibt es zuhauf, in denen es sich gut sein läßt, ungewöhliche Naturschönheiten sind allenthalben zu entdecken, es gibt einen guten Wein aus der Gegend - kurz hier läßt es sich gut sein.

Haben das bereits die Menschen der Steinzeit gewußt? 1994 wurde in der Schlucht in der Nähe von Vallon eine der wichtigsten prähistorischen Bilderhöhlen überhaupt entdeckt, die Grotte Chauvet, die zeigt, daß bereits vor 30.000 Jahren dieser Raum für sehr wichtig gehalten worden ist. Die Höhle ist massivst verschlossen und nur wenige Wissenschaftler dürfen sie tatsächlich betreten. Um den Touristen etwas zeigen zu können, hat man in Vallon seit längerem schon in einem ehemaligen Supermarkt ein Museum geschaffen, in dem man sich über die Entdeckungen informieren kann.

Wer von Vallon Richtung Schlucht fährt, der kann das erste Stück auf einer in die Felsen gesprengten Straße auf der linken Flußseite bis zum weltberühmten Pont d'Arc fahren. Von dort führt sie noch 2 km weiter, dann verläßt sie die Schlucht und windet sich mit einigen Kehren hinauf auf die Hochfläche, wo sie weiterführt Richtung Osten, wo erst bei St-Martin-d'-Ardèche und Aiguèze wieder eine Straße den Fluß erreicht.
Mit diesem ersten Abschnitt der Schlucht, der sehr höhlenreich ist, wird sich die folgende Webseite etwas ausführlicher beschäftigen.


Auf der rechten Seite des Flusses gibt es nicht so viele Höhlen. Eine schmale Straße zweigt außerhalb von Salavas von der Strecke Richtung Barjac ab und auf ihr kann man leicht zum Fluß und bis zur Bungalowsiedlung "Les Blancas" fahren. Ab da geht es nur noch zu Fuß weiter. An der Stelle, wo die Felsen fast direkt bis an den Fluß herantreten liegt der Eingang in die "Grotte de la Chaire le Chassel". Es gilt 8 m in die Höhe zu kraxeln, dann steht man in der Eingangsregion, die 3 Öffnungen nach draußen hat. Der Hauptgang führt 50 m schnurgerade nach Westsüdwest mit einer Breite von 5-7m und einer Höhe von 2 m. Dahinter gibt es noch Spuren alter Grabungen nach Fortsetzungen.

Nach der Feriensiedlung Les Blanchas zweigt nach Süden ein sehr reizvolles Tal ab, "Le Rieussec", durch das ein markierter Wanderweg führt. Die 25000er Karte vallon-pont-d'arc zeigt, daß in ihm einen "Grotte de la Viollette" liegt.
Im Rieussectal

Bleibt man in der Ardèche-Schlucht, dann kommt bald danach der nicht zu übersehende untere Eingang in das riesige Foussoubiesystem, die "Event de Foussoubie".

Folgt man dem Wanderweg weiter, dann ist man bald am berühmten Pont d'Arc.

Auch nach ihm kann man für eine kleine Strecke direkt dem Flußufer folgen, weil dort noch Reste eines alten Weges vorhanden sind. Ist schließlich die Source de Vanmalle erreicht, dann geht auf dieser Flußseite nichts mehr. Die Felsen um die Grotte d'Ebbou fallen lotrecht ab zum Fluß ab. Sie ist nur schwimmenderweise oder mit dem Boot vom gegenüberliegenden Strand von "la Rouviere" erreichbar.

Auf weit mehr Höhlen trifft man, wenn man der linken Seite des Flusses folgt. Viele von ihnen sind ganz leicht erreichbar, weil die Fahrstraße direkt oder in nur geringem Abstand davon vorbeiführt. Entsprechend ist leider auch ihr Erhaltungszustand, in dem sich die der häufige Besuch derselben spiegelt.

Kurz nach der Einmündung des Ibietales liegt in einer etwa 50 m hohen Felskuppe die Grotte de Mezelet. Klingenfuß beschreibt sie so: "Der Aufstieg zu den unmittelbar nebeneinander liegenden Hohlräumen lohnt sich kaum, zumal der Weg durch dichtes Gebüsch gesucht werden muß. Während die rechte Höhlenöffnung durch eine Mauer mit Türdurchbruch verschlossen nach 16 m blind endet, besitzt die linke einen rückwärtigen, fensterförmigen Ausgang auf die andere Seite der Felskuppe. Im zweiten Drittel der Längsausdehnung sind die beiden Hohlräume über einen Durchgang miteinander verbunden." Immerhin haben wir hier eine anthropospeläologische Nutzung. Die Zeiten haben alle Spuren der Menschen gelöscht, die sich hier mal aufgehalten haben. Nur noch ein paar aufeinanderliegende behauene Blöcke sind da, die Natur holt sich ihre Räume wieder "zurück", was ist der Mensch und sein Tun?

Der Weg entlang der Straße führt immer wieder an kleinen Höhlungen vorbei, die aber kaum erwähnenswert sind. Dann gibt es aber eine richtige kleine Schauhöhle da, die "Grotte des Tunnels". Klingenfuß urteilt ganz hart und klar: "Schauhöhle ohne bemerkenswerten und einen Besuch lohnenden Inhalt." Immerhin kann man sich da hinsetzen und einen Kaffee oder ein kühles Bier in der Bar davor trinken.

Die Straße führt nun unmittelbar in die Felsen am Ufer der Ardèche und in einigen Tunnels direkt durch sie hindurch. Hier finden wir eine große Konzentration an Höhlen. In der ersten, bei Klingenfuß "Grotte avant le Pont" genannt, kann man sein Auto abstellen, eines der seltenen Beispiele für "Autospeläologie" auf diesem Planeten, wo man mit seinem Auto einen richtige Höhle befahren kann!


Hier ist auch der Parkplatz für "Grotte des Huguenots". Wer außerhalb der Hauptsaison kommt, wird sie immer verschlossen finden, aber, wenn man es schafft, dann sollte man ruhig mal reingehen. Die Geschichte der Höhle und die Welt der Höhlen wird exemplarisch gut dargestellt.

Wer dann der Straße weiterfolgt, der stellt fest, daß es da schon einmal eine gegeben hat, die allerdings noch nicht so komfortabel gewesen sind. Sie führte außen herum, ziemlich schmal noch. Aber dem Geschwindigkeits- und Größenwahn der modernen Zeiten war sie nicht mehr gewachsen, weshalb man eben in die Felsen Tunnels bohrte. Gleich danach führen recht seltsame Eisenkrampen an der Felsseite der Straße nach oben. Wohin?

Die Grotte de Cayre-Creyt oder auch Caire-Crès liegt dort oben. Je nach Informationsquelle erfährt man ganz unterschiedliches darüber. Klingenfuß gibt die Länge mit 396 Metern an, In dem Buch über die Durchgangshöhlen Frankreichs heißt es: "Dénivelée totale: 50 m environ, Développement total: quelques centaines de mètres..". Für die ist es hauptsächlich wichtig, daß es einen oberen Eingang gibt, über den man sich abseilen kann und unten wieder herauskommt. Wo anders ist schriftlich festgehalten, daß man am 11. Juni 1954 um die Mittagszeit eine Temperatur von 15"8 gemessen hat bei einer Außentemperatur von 19"8. Es gibt noch viel viel mehr auf Papier festgehaltene Informationen, aber muß man das wirklich alles wissen?
Oft wurde diese Höhle aufgesucht, weil sie wohl als Fluchtort gedient hat. Nicht jeder kannte ihre Lage, man konnte sich dort verstecken. Gut möglich, daß sich da später die versteckt haben, die vorher die anderen gesucht hatten - und wenn sie sie gefunden haben, massakriert! Katholiken, Protestanten, Königstreue, Revolutionäre... Graffitis mit Jahreszahlen gibt es zuhauf. Die früheste soll von 1595 stammen. Eine soll so heißen: "Pour prier Dieu à cause de la révolte." (Um Gott zu bitten, der Revolution zu helfen!). Was da heute noch zu sehen ist, das ist wohl nur noch ein ansehnlicher Rest. Was da mal als Höhleninhalt war, das ist zu einem Großteil schon ausgeräumt worden, nichtzuletzt zur Phosphatgewinnung. Deshalb auch die fast schon verfallenen Eisenkrampen an den Straßenseite.

Blick auf die Eingangsumgebung
von der anderen Flußseite aus

Blick aus dem Eingang auf die Ardèche

Soloaufnahmen von dem Tunnelgang

im Innern

Hat sich hier "Martel", Eduard, der Höhlenklassiker,
"verewigt"?

 

Gleich daneben, direkt an der Straße, noch eine kleine Höhle mit einer neuzeitlichen Felsritzzeichnung. Bei Balazuc sind es die "Grottes voisines de Cayre-Cret", Bei Klingenfuß ist es die "Grotte près de la Cayre Creyt", die, der Beschreibung nach, "1,5m über der Straße beginne", und "ihr beinahe rechteckiges Maul mit dem Ansatz einer Zunge am Boden" öffne. "Die bescheidene Länge von 12m bietet Platz für einen grossen und verschiedene kleine Steine." So eine Beschreibung lohnt sich richtig mal zu lesen! Nur für Menschen mit einer zurückgeschrauten Einstellung in Bezug auf "Wunder der Unterwelt" sollten sich wohl dieser Höhle nur nähern: "Auf der rechten Seite, unmittelbar beim Eingang, können sich sehr bescheidene Besucher an einigen kümmerlichen Tropfsteinen erfreuen." Vermutlich sind auch die heute schon weg. Dafür ist der große Phallus dazugekommen!

 

Noch um eine Straßenbiegung herum, und wir stehen vor dem größten Naturphänomen der Ardèche, der großen Naturbrücke. Entstanden ist sie durch den Durchbruch der Ardèche durch eine Flußbiegung, die sie vorher immer gemacht hat im Laufe ihres mäandrierenden Laufs, und die an ihrer schmalsten Stelle auf einmal die Möglichkeit bot, den Weg zu verkürzen.

< Sonnenaufgang über dem Pont d'Arc

Sonnenuntergang >

Blick in den Cirque d'Estre,
die ehemalige Flußschleife

Eine Lichterscheinung , verursacht durch
Sonnenstrahlen kurz nach Sonnenaufgang

Die Ardèche bei Hochwasser
Der Naturbogen am Wasser vom Eingang
der Höhle "Paul et Virginie" aus
 
2008 im März

- ein einsamer Kajakfahrer ist noch unterwegs

Ein Morgen im September 2018 am Pont d'Arc
2022

Im Cirque d'Estre, der von der Ardéche einst durchflossenen Flußschleife, die heute trocken liegt, gibt es zahlreiche meist kleinere Höhlen. Die 25000er Karte enthält viele Hinweise auf Höhlen: Grotte de Tilleuls, Grotte du Maquis, Grotte de la Vacheresse, Grotte Grisot, Grotte des Chataigniers, Grotte de Oli de Cade. Von der der bedeutendsten Höhle fehlt noch jeder Hinweis, der Grotte Chauvet. Ihre Eingänge waren schon immer bekannt, aber die wahre Bedeutung wurde erst 1994 erkannt. Heute gibt es einen künstlichen Eingang, der den Zugang sehr erleichtert, aber für die Öffentlichkeit vollkommen gesperrt ist. Nur wenige Wissenschaftler dürfen pro Jahr hinein, um einen möglichst guten Schutz dieses einzigartigen Kulturguts der Menschheit sicher zu stellen.

Seit 2015 gibt es eine originalgetreue Nachbildung des wichtigesten Teile der Höhle in einem großen Gelände an der Straße zwischen Vallon Pont d'Arc und St. Remeze.

 
 
 

 


Literatur:

Balazuc, J. Spéléologie du département de l'Ardèche, 1956
Bourgade, Sophie "Sur les traces de l'ours des cavernes" dans les gorges de l'Ardèche, Spelunca 122-2011, p 13ff.
Chabaud, Michel Du Bronze pour l'Ardèche, Spéléo n° 29, Janvier-Mars 1998, p 12ff.
Klingenfuß, Bruno Speleo-Führer Ardèche Canyon, ohne Jahres- und Ortsangabe
Minvielle, P. Grottes et Canyons, Ed. Denoel, Paris 1977
Monteil, Philippe, Peyronel, Olivier Les précurseurs de la spéléologie à Vallon-Pont-d'Arc du XVIIe au XIXe siècle, Spelunca 141 - 2016, p 13ff.
Triller, Dolfi Höhlen in der Umgebung von Vallon-Pont-d'Arc - Ein kleiner Führer, DER SCHLAZ
Viala, Claude Grottes et caches camisardes, Les Presses du Lanquedoc, Montpellier 2005

 

Links:

 


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