Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Ste. Énimie, Gorges du Tarn, F
Der Bach aus der source de Burle vereinigt
sich mit dem Tarn
In einer der ausgeprägtesten Flußschleifen des Tarns liegt einer der malerischten Orte des Schlucht, St. Énimie. In der Werbung läßt er sich sogar als eines der schönsten Dörfer Frankreichs feiern, als "Plus beaux villages de France", ein Titel, der hier durchaus angebracht ist, denn man was soll man denn noch mehr wollen?
Der Fluß ist dort 500 bis 600 m tief in die Causses eingekerbt, wobei ein Abstand von 2 km zwischen den Rändern oben besteht. An den Talhängen haben fleißige Hände viele Terrassen geschaffen auf denen heute Wein wächst, Pfirsich- und Mandelbäume verdeihen. Der Fluß kann in Hochwasserzeiten enorme Höhen erreichen. Man kann sich noch an ein Hochwasserereignis erinnern, daß sogar der Altar in der Kirche noch in den Fluten stand. Dann waren wohl viel besuchten Touristenkneipen und überquellenden Souvenirshops, die etwas entfernt von der waterfront liegen, total schon unter Wasser. Dann ist es hier nicht mehr gemütlich. Das erklärt dann auch die massiv gestalteten Brücken am Fluß, die solchen Gewalten dann standhalten müssen.
Um die Entstehung des Ortes rankt sich eine Legende. Eine Merowingerprinzessin, die Tochter von Clotar II und Schwester von König Dagobert, Énimie, wurde von allen Männern des Hofes begehrt, weil sie so eine große Schönheit gewesen sei. Aber sie alle Ansuchen auf Heirat abgelehnt, weil sie ihr Leben lieber G-tt vermachen wollte. Aber der König wollte keine Rücksicht darauf nehmen und verspruch sie einem seiner Barone. Schließlich wurde sie aussätzig und alle Versuche, sie wieder zu heilen, schlugen fehl. In eine Vision sah sie einen Engel, der ihr den Weg zu einer Quelle wies, wo sie ihre Schönheit zurückgewinnen würde. Sie machte sich in Begleitung anderer auf den schweren Weg und erreichte eine Ort, wo schon andere vor ihr Heilung suchten, Bagnols-les-Bains. Sie wollte schon dort Halt machen, aber der Engel zeigte ihr, daß sie noch weiter gehen solle. Sie tat das und kam dann eine weitere Quelle, die heute den Namen source de Burle trägt. Sie badete in dem Wasser und wundersamerweise seien alle Spuren der Krankheit von ihr dort gewichen. Sie wollte voller Freude wieder zurück, aber sobald sie das Tal verlassen wollte, kam die Aussätzigkeit wieder zurück. Sie badete wieder und sie wurde wieder gesund. Die Versuche wiederholten sich und immer das gleiche Ergebnis. Schließlich verstand sie die "Zeichen" und beschloß dort zu bleiben. Sie richtete sich in einer Höhle einen Lebensraum und blieb dort mit ihrem Patenkind. Enimie versammelte noch Gleichgesinnte um sich und gründete ein Frauenkloster dort. Ziel wurde es, den Teufel zu bekämpfen, der soviel Unheil über die Welt bringen würde. Im Jahre 628 sei sie dort gestorben und wurde in einem Silbersarg dort begraben. Daraus entwickelte sich eine Pilgerstätte, an der sich einige Wunder zugetragen haben sollen.
Von dort oben hat man immer einen guten Blick
herunter auf den Bilderbuchort unten im Tal. Der Aufstieg zur
Höhlenkirche von rund einer dreiviertel Stunde hinauf und
hinunter lohnt sich meistens nur bedingt, weil diese meistens
geschlossen ist. Nur in den Monaten Juli, August und September
soll sie offen sein, ansonsten müsse man sich den Schlüssel im
Prebysterium holen.
In der kleinen Stadt gibt es die Reste des alten Klosters zu
sehen, das heute eine Schule beherbergt. Dann gibt es im "Le
vieux Logis" ein kleines Ortsmuseum zu besuchen, die Kirche
aus dem 12. Jahrhundert, aber ihr Inneres wurde modern
umgestaltet, Place au Beurre (Butterplatz) und die halle au Blé
(Getreidehalle) - interessanterweise war es den Frauen früher
nicht erlaubt, sich dort aufzuhalten! - und ein sehr schönes
Karstphänomen: die source de Burle. Ein reicher Kupfergehalt des
Wassers gibt ihm einen starken Blauton. Es wird ihm eine
besonders gute Heilwirkung bei Hautkrankheiten nachgesagt, sowohl
bei Mensch als auch bei Tieren. Wer nicht selber hingehen kann,
der muß halt ein Kleidungsstück auflegen, das in die Quelle
getaucht worden ist - selbst das soll bereits Heilwirkungen
hervorgebracht haben.
Der Besuch der Quelle ist allen an Karsterscheinungen
Interessierten sehr zu empfehlen. Den meisten Besuchern entgeht
diese Naturschönheit, weil sie etwas unscheinbar hinter dem
großen Gebäude des Postamts mit dem Syndicat d'initiative
liegt. Dem Kenner entgeht sie nicht. Ein starker Bach entquillt
der Erde und dort, wo er beginnt, in einem Quelltrichter, dort
ist die Stelle. 1934 hat man die Quelle gefaßt und sie liefert
das Trinkwasser für den Ort. Wo genau das Wasser herkommt, das
habe man bislang noch nicht erkunden können, so eine
Informationstafel direkt am Quelltopf, aber Speläonauten hätten
einen Schacht entdeckt, der sogar 45 Meter unter das Niveau des
Tarns in die Tiefe führe. Daß die Wasserführung ein wenig mit
den Niederschlagsverhältnissen auf den Caussesplateaus
zusammenhängt, das ist klar. Die Wassertiefe der Quelle beträgt
immerhin 6 bis 7 Meter. Es handelt sich um einen der
bedeutendsten Zuflüsse des Tarns.
source de Burle |
Literatur:
Minvielle, Pierre | Guide de la France souterraine, Les Guides Noirs, Tchou, Éditeur 1970 |
Michelin | Causses Cévennes - Bas Languedoc, Clermont-Ferrand 1974 |
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