Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Höhlenwohnungen in den Gorges du Tarn zwischen le Rozier und les Baumes Hautes, F


Auch in den Gorges du Tarn stößt man noch heute an einigen Stellen auf die Reste menschlicher Besiedelung und Nutzung von Höhlen und Felsdächern. Direkt neben der Straße ist bei "les Baumes Hautes" das Troglodytentum nicht mehr zu übersehen. Die Felsen wölben sich weit hinaus über die Basis und darunter hat der Mensch seine Häuser gebaut. Es stehen heute nur noch Mauerreste, aber es lohnt sich immer noch, darin sich ein wenig umzusehen. Besonders in einem Haus scheinen vor nicht allzulanger Zeit noch einige wirklich "gehaust" zu haben. Die Reste sieht man überall noch. Offenbar machte man sich überhaupt keine Gedanken über die Entsorgung des Mülls. Von "sustainability", von Nachhaltigkeit des Wirtschaftens, hatten die noch nichts gehört - bitte, was soll das denn sein?

Trotzdem, wer wirklich hinschaut, kann auch in dem hinterlassenen Sauhaufen schon auch kleinste Ansätze zu einer wohl vorher vorhanden gewesenen, heute, wohl ökologisch genannten Lebensweise entdecken. Da ist schon einmal die Lage zu nennen. Die Häuser haben die Rückwand im Norden und die Front nach Süden. So werden sie hauptsächlich von der Sonne mit Energie versorgt. Da man sich in und an den Fels schmiegt, ist kein großer Bauaufwand nötig. Dach und auch einige Wände müssen nicht vom Menschen gebaut werden. Strom, Internet, Telefon - das kannte man früher ja überhaupt nicht - und sind sie wirklich heute immer nötig? Das Wasser ist unverzichtbar - und das kam aus der standorteigenen Quelle. Sie entspringt in einer kleinen Höhle und wird, bevor sie ins Freie ausfließt, durch einen kleinen Staudamm zurückgehalten. So konnte man das Wasserangebot etwas erhöhen.

Bei den wohl ziemlich exzentrischen letzten Bewohnern des letzten bewohnten Hauses scheint immerhin die Kunst noch eine gewisse Rolle gespielt zu haben. Eine Berglandschaft mit vielen Gipfeln ist da an die Wand gezeichnet worden, und dann auch ein paar knallige Graffitis.

   
     

Für den, der das alles viel zu wenig "romantisch" findet, eher ernüchternd und in unsere moderne Zeit mit all ihren ästhetischen Grausamkeiten wie Flughäfen, Brücken, Tunnels und Straßen führend, der kann in der Tarnschlucht, nicht weit weg, noch ein paar richtig zu unserem Weltbild von einem harmonischen Dasein im Eingebettetsein in die Natur auf diesem Planeten finden - das wohl nie wirklich gestimmt hat.

Warum haben sich jemals Menschen an einem Ort wie "St Marcellin" oder "Eglazines" angesiedelt? Hoch über der Tarnschlucht, aber auch einiges unterhalb der Hochfläche des Causses de Sauveterre. Ein wenig mehr "Sicherheit" wollten sie haben - und das hat sich bis heute nicht geändert. Wo man diese "findet", darauf ändert sich dauernd die Antwort. Wer hätte es jemals für möglich gehalten, daß eines Tages das World Trade Center nur noch ein Trümmerhaufen ist?

Für uns Heutige öffnet der Wunsch einmal diese alten Höhlensiedlungen zu sehen eine wunderbare Chance in Gegenden zu gehen, die die meisten Menschen nie besuchen werden. Die Routen sind auf der IGN-Karte ja eindeutig eingetragen, es gibt Beschreibungen, aber tatsächlich unterwegs, das sind nur wenige.

Es gibt mindestens 2 Wege nach St Marcellin. Aus der Tiefe des Tarntals aufsteigend geht es auch. Da ist man auf ca. 400 m Seehöhe und muß hinauf auf "749". Und natürlich später auch wieder herunter. Es gibt noch eine Zugangsmöglichkeit. Man fährt hinauf nach St-Rome-de-Doglan und folgt dann erst der Straße, dann dem Fahrpfad Richtung Süden. Je nach Autobelastungswillen stößt man dann weiter oder weniger weit vor. Dann geht gar nichts mehr. Man muß zu Fuß weiter. Wunderbare wanderbare Pfade tun sich auf. Die Karte hält einen auf dem laufenden. "Aven" steht da - und er öffnet sich tatsächlich vor einem. Dann gibt es da noch eine "Grotte" und die gibt es tatsächlich. Ist man ein Narr, wenn man sich freut, daß sich informationelles Vorverständnis und körperlich erlebte Wirklichkeit zu einem zusammenstimmenden Bild zusammenfügen? Das Phänomen "Höhle" hat vielste Facetten und hier hat sich eine der Nützlichen halt gezeigt. Ein Felsdach, Raum bis zum Boden, aufgeschichtete Steine, Trennwände. All das scheint heute vollkommen "überholt", zumindest noch in unserer heutigen, alle Bodenhaftung verloren habenden "Welt" - aber vielleicht ist das bald vorbei. You never know.

Es geht dann kräftig hinunter auf dem Weg, bizarre Felsformen erst unter einem, dann auf gleichen Höhe, dann einen weit überragend. Auf einmal sieht man in der Ferne Spuren menschlichen Wirkens. Mauern.

Wer noch mehr erleben will, der folgt einfach dem Pfad weiter..."Eglazines Rnes Trog" heißt es auf der IGN-Karte.

 

 

 


Literatur:

Fürtig, Tom Causses 2003 - Schächte, Schluchten und Orchideen, Gut Schluf S. 28ff.

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