Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Das Three-Counties-Cave-System
- Großbritanniens längste Höhle
unterwegs mit Gavin Newman und
John Forder auf Höhlenfototour
Es gibt sicherlich viele Wege auf die Spur der längsten Höhle Großbritanniens zu stoßen. Da schaut sich einer den Film von Sid Perou über den "Pippikin Pot" an, der einer der vielen Zugänge zum längsten Höhlensystem Großbritanniens ist, zumindest ist das so im Jahre 2003, wo ich diesen Text verfasse. Wenn dann ein sanfter Schauer über seinen Rücken runterläuft und er überhaupt keinen Wunsch mehr spürt, so ein verrücktes Schluferlebnis auch einmal zu haben, dann wäre das sehr verständlich.
Da liest einer von den Versuchen von John Cordingley und Russell Carter, in der Quelle des gesamten Systems, der Leck Beck Head-Quelle, irgendwo wieder auf die Hauptstrecke in der Höhle zu treffen, und darf mit eben solchem sanftem Schauer lieber nur zuhause auf dem Sofa davon lesen und sich dann ausmalen, was einer so tatsächlich erlebt, wenn er da in den "bowels of the earth" herumstochert.
Ich bin schon zweimal drin gewesen, erstmals am 12. August 1978 mit einer Gruppe von Höhlenforschern aus Yorkshire, die ich Stunden vorher in Bernie's Cafe kennengelernt hatte und die mit mir so eine Art Wettrennen durch die Höhle veranstalteten, und am 23. August 1983 wieder, zusammen mit John Forder und Gavin Newman zu einer Höhlenfototour. Beim zweiten Male war es sehr viel erholsamer und fotographisch ertragreicher. Denn wir ließen uns Zeit, gingen zu ein paar Stellen, die für das Auge mehr versprachen als für den rationalen Verstand. Bei meiner ersten Tour, wo ich einfach nur hinterher laufen konnte hinter den voraneilenden Engländern, ging es nicht zuletzt darum, eine "gute Zeit" für den Durchmarsch zu brauchen. Von dieser Zeit konnte man später im Pub erzählen. Wir haben 2 Stunden "plus" nur gebraucht... Dann waren wir durch, und mußten halt nur noch zurück zum Auto - ein nicht ganz unspektakuläre Sache, insbesondere, wenn Nebel ist. Die Oberfläche sieht nämlich nach gar nichts aus und man kann sich schließlich nimmt nach Grashalmen richten. Nur eine Reihe von Pfosten, in die Grasnarbe gesteckt, markierte den Rückweg zum Clubheim des Red Rose Caving Club, einem alten Farmhaus, wo wir unsere Auto Stunden vorher geparkt hatten, uns umgezogen hatten, unsere Tour auf der Schreibtafel am Scheunentor mit Kreide vermerkt hatten - für die Höhlenrettung, und wohin wir wieder wohl behalten zurückkehrten. Wohin ging es hinterher noch? Keine Frage. Dorthin, wo es am Ende hieß: "Gentlemen, last orders please."
Die Landschaft über der Höhle |
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Dort lassen alle die Autos zurück | |
Wer die Höhle betritt, trägt sich hier ein. | |
Am Weg zum Eingang | |
Gavin Newman |
Geologisch liegt die Höhle im Kalkgebiet der Yorkshire Dales, politisch in der Grenzregion von Westmoreland, Lancashire und Yorkshire, den 3 Counties. Diese Situation ist der sprachliche Hintergrund für die Idee vom "Three Counties System", TCS for short, die ursprünglich von Dave Brook stammt. Der Gedanke war kühn, ein riesiges durchgehendes Höhlensystem könnte dort liegen, das an den West- und Südflanken des Gregareth Hill sich entwickelt haben könnte und einzig zur Hauptquelle hin, dem Leck Beck Head entwässert..
Bekannt waren ein paar der Höhlen des Gebiets schon immer. Der Bull Pot ist eine alte Abdeckgrube, in der viele Schafe verendet sind und die voller Skelette am Grunde ist. Die Witches' Caves, die Kirk und andere sind einfach auffallende Landschaftselemente. In dem Buch "Ingleton, Bygone & Present" von Robert R. und Margret Balderston, das im Jahre 1888 erschien, sind bereits diese Höhlen erwähnt. 1899 wurden die ersten Höhlen dort vom Yorkshire Ramblers Club befahren, wobei man im Cow Pot auf eine Wandschrift stieß. "A. Moorhouse 1736" stand da zu lesen, ob sie echt war und tatsächlich aus diesem Jahr stammt, das kann keiner mehr beweisen.
1929 begannen Mitglieder des Gritstone Clubs mit der Erforschung der Höhlen am Leck Fell und leisteten hier erste Pionierarbeit, die erst viele Jahre später zu sehr großen Erfolgen führten.
Der Eingang zum Lancaster Hole wurde von George Cornes 1946 entdeckt, als ihm das vom Wind bewegte Gras auffiel, das neben einer schmalen Spalte wuchs. Man mußte nur ein paar Seite auf die Seite räumen und schon war der Zugang in den 35 m tiefen Eingangsschacht offen. Aber wie das so ist, wenn Mensch und Höhle aufeinander treffen - es gab sofort Streit. Eli Simpson, damals Chef der British Speleological Association, ließ sofort einen Eisendeckel am Eingang anbringen und es sollten nur noch ausgewählte Leute hineindürfen. Das ging nicht lange gut und es gab mehrere Aufbruchsunternehmen. Jim Eyre berichtet in seinem Buch "The Caves Explorers" ausführlich davon. So wurde ein Trupp der "Höhlenverschließer" von den Illegalen beobachtet dabei, wie sie das Loch mittels Beton zumachen wollten. Kaum waren die wieder weg, holte man gleich den noch feuchten Beton wieder heraus und kam so doch wieder hinein in die Höhle.
Dann konnte das Lost Johns System an die Gesamthöhle angeschlossen werden, so daß die Gesamtganglänge mit 82 km heute angegeben wurde (in SPELUNCA 97 aus dem Jahre 2005 steht was von 70.500m, in SPELUNCA 115-2009 75 km). Und man war noch nicht am Ende.
Der 6. November 2011 erbrachte den Durchbruch. Nach dreijähriger Buddelarbeit unter schwierigsten Bedingungen, besonders immer an Donnerstagabenden, den "Thursday night minings", gelang es, die 140 m Länge messende Strecke zwischen Lost Johns und Notts Pot zu überwinden und der erste Mensch konnte physisch von einem System ins andere gelangen. Damit ist mit der Forschung noch nicht Schluß, des es gibt guten Grund für die Annahme, daß die Höhle noch weit unter das Gelände zwischen Gargareth und Casterton fells erstreckt.
Auch so ein Traum: die Höhle an das Kingsdale Master Cave System dranhängen...
Keld Head Quelle 1978 | ||
"..der Gott...Quellen gesellte er bei...mit sich
krümmenden Ufern umzog er die Flüsse, die hierhin abwärts rinnen und
dorthin; die einen verschwinden im Boden (quae diversa locis partim
sorbentur ab ipsa) andere gelangen ins Meer.
Ovid, Methamorphosen - Vom Chaos zum Kosmos 25 |
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Valley Entrance | ||
Literatur:
Waltham, Tony |
Caves, crags and gorges, London 1984 |
Eyre, Jim | The Cave Explorers, Calgary 1981 |
Brook, D., Davies, G., Long, M.H., Sutcliffe, J.R. | Northern Caves Volume Four Whernside and Gragareth, Clapham 1976 |
ohne Verfasserangabe | The Link Pot Saga, Caving International Magazine, Nos. 6&7, January & April, 1980, S. 12ff. |
Waltham, A.C. | Caves of the Three Counties, Caving International Magazine, No 8, July 1980, S. 22ff. |
ohne Verfasserangabe | Leck Beck Head dig pays off, DESCENT (112) June/July 1993 p 8 |
Monico, Paul | Leck Beck Head opened up, DESENT (110) Feb/Mar 1993 p 8 |
Danilewicz, C.J. | The Pennine Find The Way, Caves & Caving 31, p 2f |
Hindle, Paul | The Speleogenesis of the Easegill System, Caves & Caving 30, p 34f |
Hatherley, Paul | The Three Counties System, SUSS Journal 3/1, p 54ff |
Glover, R.R., et al | Caves and Karst of the Yorkshire Dales, Guidebook for the International Speleological Congress 1977 |
Hall, Andy | More Caves in Easegill Beck, Caves & Caving 26, Nov 1984, p 7 |
Cook, Len | Lancaster nights, DESCENT (132) OCT/NOV 1996 pp 26-8 |
Barker, Dave | Classic Caving No 1: The Greater Easeghyll Traverse, DESCENT pp 6-8 |
Links:
NPC
Journal 3(2), 1979 Link Pot Journal, Link through trip
Lancaster - Easegill - Pipikin - Lost Johns
Braemoor Some Caving Routes in the Dales
NPC Newsletter 25, July 1989, Lancaster Hole
Yorkshire Cave Areas Easegill system
espeleobloc: El primer 100 kilòmetres de la Gran Bretanya
Landschaft und Höhlen im Yorkshire Dales National Park
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