Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Iraklia / Kykladen / Griechenland

 


Vor der Südküste von Naxos liegt die kleine Insel Iraklia, die so klein ist, daß sie in vielen Reiseführern nicht einmal erwähnt wird. Ein- oder zweimal am Tag kommt ein Fährschiff vorbei und bringt Leute vorbei oder holt welche ab. Um den Hafen herum konzentriert sich das Inselleben, einen Dorfladen gibt es (der bietet sogar eine richtige Höhlenpostkarte an mit dem Motiv von 3 schlanken Sintersäulen), zwei Kirchen, einige "Hotels" und einige private Zimmervermietungen. Eine geteerte Fahrstraße zum 3 km entfernten früheren Hauptörtchen gibt es, dann hat es sich auch schon wieder mit Fahrmöglichkeiten. Inzwischen hat man auch einige Wanderweg markiert und "bietet" so auch etwas für den erlebnishungrigen Touristen, wenn er noch etwas anderes als Bademöglichkeiten an den wenigen Stränden der Insel möchte.

Eine Sehenswürdigkeit gibt es: die Höhle des "heiligen Johannes". Sie liegt am genau gegenüberliegenden Ende der Insel, so daß doch ein ganz schöner Fußmarsch bis dorthin zurückzulegen ist (2 Stunden sind mindestens dafür zu veranschlagen, will man nicht gerade sportliche Benchmarks setzen, sondern auch der Lebensfreude einen Raum lassen). Man hat sich alle Mühe gegeben, daß man den Weg auch findet, denn immer wieder zeigen große blaue "spilia"-Schilder, wo es lang geht. Von Meereshöhe im Hafen steigt der Weg erst einmal an, führt dann über ein weites Plateaugelände und dann hinauf auf einen Bergsattel, von aus es nicht mehr weit bis zum höchsten Gipfel der Insel wäre, wohin es aber offenbar noch keine offizielle Wegstrecke gibt. Auf der anderen Bergseite geht es alles wieder hinunter, wobei der Weg mit erheblichem Aufwand sehr ordentlich gemauert wurde. Die Höhle kommt und kommt einfach nicht, nirgends ist auch nur die Spur eines Karstobjekts auszumachen. Dann, am Ende, auf einmal ein Abzweiger nach links, hinein in eine von oben herabziehende Felsschlucht. Da, links und rechts in der Schluchtwand, zwei sich gegenüberliegende Höhleneingänge, der eine groß, der andere viel kleiner. Es ist zu vermuten, daß hier ein einst zusammengehörendes System war, das durch die Talbildung in zwei Objekte zerschnitten wurde. Am Eingang der großen Höhle ist eine Mauer aus grobem Felsgestein, die zur Einpferchung von Ziegen oder Schafen noch immer dient. Die Kothäufchen sind unübersehbar. Im 10 m breiten Höhlengang befindet sich eine mächtige Sinterfigur, die sowohl links als auch rechts von ihr den Zugang in den weiten Höhlenraum dahinter offenläßt. Eine Halle tut sich auf, die nach hinten im Dunkel verschwindet. Eine Taschenlampe genügt, um bis zum Ende zu gelangen. Die Decke kommt bis zum sandigen Boden herab und verliert sich in wenig versprechenden kleinen Räumchen.
Der Eingang in die bedeutendere Höhle liegt auf der andern Schluchtseite. Ein paar Steinstufen führen hinauf, dann heißt es, auf alle Vieren in einen niederen Gang zu kriechen. Das ist kein Problem, nur etwas unbequem. Bemerkenswerterweise ist am Boden die massive Wurzel eines Baumes auch in die Höhle vorgedrungen, die wie der physische Teil einer Riesenschlange aussieht. Nach 3 m ist alles vorbei. Ein tropfsteingeschmückter Saal öffnet sich, dessen Dimension von Petrochilos mit 27 x 17 x 10 m angegeben wird. Nicht zu übersehen ist an der linken Wandseite der kleine Steinaltar. Vor ihm stand im März 2013 noch ein weißes Campingtischchen aus Plastik, das wohl auch in die "liturgischen Handlungen" manchmal einbezogen wird. Am Namenstag des Heiligen Johannes findet nämlich jedes Jahr ein Gottesdienst in der Höhle statt, zu dem viele Leute kommen. (Ob die alle den langen Fußweg dann schon hinter und den langen Rückweg noch vor sich haben? Ich zweifle daran. Der Trick besteht wohl darin, daß dann ein Schiff die bezahlenden Bewegten vom Hafen ganz in die Nähe der Höhle in einer Bucht bringt und sie dann auch wieder mitnimmt.) Dann wird die Höhle auch passend illuminiert. Überall werden Kerzchen und Teelichter aufgestellt und so für eine entsprechende spirituelle Atmosphäre gesorgt. Daß die meisten Beleuchtungskörper nach der Aufgabe ihrer Funktion gleich wieder vergessen werden, versteht sich fast von selber. So bleiben sie dann zurück in allen möglichen Nischen und Positionen auf der Tropfsteinen und bereichern so das Höhleninventar. Das wurde ja erst einmal reduziert durch die Herausnahme von praktisch allem, was mal "schön" gewesen war. Nur die dicksten "Tropfsteinbrummer" haben überlebt, aber der Überfülle des Naturschmucks fällt das manchmal gar nicht mal so stark auf. Die Höhle hat zwei Abschnitte: den Hauptraum und ein nach rechts abzweigender Gang mit erstaunlichem Sinterschmuck bzw. dem, was heute noch übrig ist. In diesem Teil müssen zeitweise Partien lange unter Wasser gestanden haben, so daß sich die typischen Unterwassersinterformen abgelagert haben, wie man sie heute beispielsweise in der Schauhöhle von Toirano in Ligurien, Italien, noch im unbeschädigten Zustand bewundern kann.
In der Eingangszone der Höhle fallen dem Kenner gleich die vielen Wurzeln auf, die von den draußen nach einer Lebensgrundlage suchenden Bäumen und Sträuchern stammen.

Höhle:

 
Wurzeln in der Höhle
Der Altar in der Höhle

Literatur:

Michael Müller Verlag Reisehandbuch Griechenland, Erlangen 2010
Petrocheilou, Anna Die Höhlen Griechenlands, Athen 1984
Rossiter, Stewart, edited by THE BLUE GUIDE GREECE, London, Chicago1973

Links:

Νήσος Ηρακλειά
Greece, Iraklia travel guide, Cyclades. ΤΟΥΡΙΣΤΙΚΟΣ ΟΔΗΓΟΣ ΗΡΑΚΛΕΙΑΣ ΚΥΚΛΑΔΩΝ
Iraklia - Nissomanie - Insel-Sucht
Iraklia: walk to the Agios Ioannis' cave
THE CAVE - Iraklia small cyclades hotel

Kykladen


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