Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

 Landschaft und Höhlen bei Mossano, Colli Berici, Veneto, I


An der Ostflanke der Colli Berici, etwa in der Mitte, liegt ein kleines Dorf namens Mossano. Schon bei der Einfahrt in den Ort sind die zahlreichen Hinweisschilder auf die Grotte ed Eremo di S. Bernardino unübersehbar. Auf einem markierten Pfad geht es etwa 100 m in die Höhe, dann verläßt man den Fahrweg und folgt einer Pfadspur immer auf gleicher Höhe. Schließlich erreicht man eine Felsgruppe, in der die beiden Höhlen liegen, die Grotta Minore und die Grotte Maggiore. Beide sind heute vergittert bzw. abgemauert. Einmal im Monat gibt es einen Öffnungstag, da kann man die große Höhle besuchen. Ansonsten ist sie versperrt. Der Besuch lohnt sich trotzdem. Die wunderbare Lage über dem Talgrund ermöglicht eine weite Sicht in die Poebene und die nahen Colli Euganei. Bei den Ausgrabungen in der Höhle wurde eine Besiedlung bereits zur Zeit der Neandertaler festgestellt, was über 200.000 Jahre zurückliegt. Natürlich wurden auch Funde aus späteren Zeitepochen gemacht. Eine Hochzeit erlebte dieser Ort zwischen 1423 bis 1443, als der hl Bernard von Siena sich hier aufgehalten haben soll.

 
     
Grotta Minore

Der Weg zur Höhlenkirche ist nur ein ganz kleiner Abschnitt eines markierten Rundwanderweges um Mossano. Er lohnt sich, ist aber leider nicht immer brauchbar markiert. Ich habe mich jedenfalls im November 2013 zweimal ganz entscheidend verlaufen, weil einfach keine Zeichen irgendwo auszumachen waren. Wenn es einem gelingt und man sie findet, dann sollte man unbedingt auch die Covoli di Mossano besuchen, die eigentlich direkt am Weg liegen. Es sind mehrere dieser ganz typischen kleinen Höhlungen in den Kalkfelswänden. Wie sie entstanden sind, darüber wurde schon viel gerätselt. Sogar der Wind soll möglicherweise eine Rolle bei der Entstehung gespielt haben. Innen findet man unterschiedliches. Mal ist es eine Steinmauer, große Tropfsteine, das Wurzelgeflecht eines Feigenbaumes, Konglomeratfüllungen, Grafitti von Kindern.

 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
 
     

Gleich überhalb von Mossano, im Ortsteil Prigioni, gut von der Straße aus zu sehen in der Felswand, ist eine Höhlensiedlung. In Urkunden wird sie bereits um das Jahr 1.000 erwähnt. Heute kann man nur über einen hohen Zaun hinüberblicken, da die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde, "privato" steht auf ein paar Schildern. Kommt einmal der Tag, wo viele kommen und einfach so eine Kennzeichnung ignorieren? 1.000 gegen einen. Kommen, schauen sich den Ort an und gehen dann wieder - ohne vorher den Besitzer zu fragen? Naturrecht (Die Erde gehört allen) versus Gesetztes Recht (Privateigentum an Grund und Boden ist möglich).


"In einer neoliberalen Gesellschaft, in der alles, wofür es sich zu leben lohnt, zum Objekt aggressiver Aneignungsversuche durch exclusive Minderheiten wird, sind naheliegenderweise auch die kollektiven Genussresourcen Objekte solche asozialer Begierde. Es wäre wohl unmöglich, sie der breiten Mehrheit einfach gewaltsam zu entziehen. Wie die meisten übrigen Beraubungen muss auch diese listig bewerkstelligt werden..." (Pfaller, Wofür es sich lohnt zu leben lohnt, S. 29)


 
     
   

Südwestlich von Mossano liegt Villaga. Von dort aus weisen Schilder zur Grotta di San Donato. Man fährt hinauf auf die Hochfläche, sieht vielleicht auch den kleinen Wegweiser zum Abbiegen von der Hauptstraße, folgt einen Teerweg und bleibt dann am besten gleich am auffälligen Parkplatz ohne Hinweis auf die Höhle stehen. Eine kleine Kirche steht links oberhalb der Straße und gleich daneben ist die große überhängende Felsmauer, in der die Eingänge zur 30 m langen Höhle sind. Unschwierig ist bald das Ende erreicht. Am lohnendsten ist der Blick durch die beiden Höhlenöffnungen, wo man wie durch Augen hinaus auf die Kirche und die weite Landschaft sehen kann. Verschiedene Pfostenlöcher in den Wänden des Felsdachs zeigen, daß dort einmal mehrere kleine Häuschen gewesen sind, die heute wieder spurlos weg sind. An einer Stelle deckt ein Gitter einen kleinen Schacht ab, durch den man in einen unterirdischen Raum steigen könnte. Unwillkürlich denke ich an Durchschlupfbräuche, aber es gibt keine mir bekannte Überlieferung diesbezüglich. Geht man ein wenig weiter Richtung Westen, dann kommt gleich wieder eine kleine Wohnhöhle in einem isoliert stehenden Felse

 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
 
     
   

Literatur:

Federazione Speleologica Veneta
a cura di Mietto, Paolo, Sauro, Ugo
Grotte del Veneto - Paesaggi carsici e grotte del Veneto, 1989
Gleria, Enrico Fortificazioni di età medievale in cavita naturali dei Colli Berici, Le Grotte d'Italia - Atti XVI Cong. Naz. Spel. (4) XV, 1990-1991, pp. 221-234
Pfaller, Robert Wofür es sich zu leben lohnt, Elemente materialistischer Philosophie, S.Fischer, Frankfurt am Main 2011

Links:


[ Index ] [ Englisch version ] [ Höhlen und Höhlengebiete ] [ Kunst ]
[ HöRePsy ] [ Höhlenschutz ] [ VHM ] [ Veranstaltungen ] [ Links ]