Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die Polje von Grgar, SLO


Auf dem Weg zu meinem Urlaubsziel Istrien an Pfingsten 2000 schaute ich noch bei Gerd und Helga Pader in Villach vorbei. Gerd zeigt mir dabei die Ausgabe N° 5-1999 der Höhlenzeitschrift SOPRA E SOTTO IL CARSO. Es beschreibt die Geschichte der Höhlenforschung von Görz/Gorizia im Grenzgebiet zwischen Italien und Slowenien. Darin gibt es einen lesenswerten Artikel über Federico de Comelli von Stuckenfeld. Er stammte aus einer Adelsfamilie und lebte von 1826 bis 1892. Besonders hervorgetreten ist er durch seine Forschungen in der Grotte di Gargaro in den Jahren 1883/84 im Zusammenhang mit den Bemühungen damaligen Stadt Görz, Trinkwasserquellen zu erschließen. In den Blick gefaßt war die Nutzung der Merzlekquelle, deren Einzugsbereich damals noch nicht geklärt war. Im Plateau von Gargaro (heute Grgar) verschwand die Slatna in Ponoren und man vermutete, daß sie das Wasser für die Quelle lieferte. Das Wasser des Baches wurde schon früh als Antriebskraft für Mühlen genutzt, die heute wieder verfallen.

Dieses Bild in der Höhlenzeitschrift war Anregung für mich, mich einmal da droben umzusehen. Eine kleine Karte vom 23. Dezember 1886 war auch dazu abgedruckt und mit diesen Informationen versuchte ich mein Glück.

Das Bild des alten Mühlrads
Die alte Karte von Comelli
Ausschnitt aus der Karte mit den beiden "Foibas"

Eine breite, geteerte Fahrstraße führt einen heute herauf in die Polje, die überragt wird vom Monte Santo. Ich hielt, als es wieder über einen Kamm hinab in die Ebene führte und versuchte das mehr als 100 Jahre alte Kartenbild mit der jetzigen Situation in Einklang zu bringen. Das ging nur schwer, weil viel mehr Häuser da waren, die Wege anders verliefen, die Ortsnamen inzwischen auf slowenisch geschrieben werden und an so manchen Abzweigungen auch gar kein Schild stand. So kurvte ich erst einmal kreuz und quer durch die Landschaft, um einen ersten Überblick zu bekommen. Von auffallenden Bachschlucklöchern keine Spur.

Irgendwann reichte es mir, ich holte mein Fahrrad vom Dach des Autos und begann in der sengenden Mittagshitze auf dem Drahtesel durchzukämmen. Irgendwo mußte doch der blöde Bach sein! Die größte Chance rechnete ich mir noch aus, die "Foiba Kloster" zu finden. Irgendwo im Süden des Dorfes mußte es sein. Ich fuhr an der Schule vorbei auf einem Feldweg hinaus auf die Wiesen und da war auf einmal etwas Deichartiges. Ein kleiner Weg führte hinauf und da war alles klar. Vom Dorf führt quer durch die Polje ein aufgeschütteter Kanal, der wohl den Bach, wenn er Hochwasser führt, von den umliegenden, niedriger liegenden Feldern und Wiesen fernhalten soll. Nun mußte ich nur noch diesen Dämmen zum Poljenrand folgen. An die Wiesen schloß sich ein verwilderter Wald an. Hier ging es nur noch weglos weiter. Ein Blick hinein zeigte, daß da unten ein 3 m breites, freigeräumtes Bachbett war. Ich schlug mich durchs Unterholz und erreichte den mit großen Kieseln bedeckten, trockenen Bachgrund. Es ging parallel zum Waldrand nach links immer in einem Graben. Auf einmal war da eine 2 m hohe Stufe nach unten. Eine Mauer war da errichtet worden quer zum Bachlauf, die umklettert werden mußte. Vor mir schien es nicht mehr weiterzugehen. 10 Meter hoch ging es steil hinauf bis zum Waldrand. Im Boden klaffte aber das gesuchte Loch. Ohne Hilfsmittel war da nicht mehr weiterzukommen. Es ist die 179 VG - Grotta della Valle di Gargaro. Dieser große Ponor nimmt die Wasser der Slatna auf und fällt 10 m tief hinab. Bei Hochwasser soll es sich zurückstauen und einen kleinen See bilden. Jede Menge Schwemmholz liegt herum und jede Menge Plastikflaschen.

Noch eine Foiba gab es zu suchen, die Foiba Gric. Sie mußte eigentlich mitten im Ort sein, gleich in der Nähe des Weges. Ich schwang mich wieder auf den Sattel und suchte danach, was gar nicht leicht war. Denn es gab viel mehr Wege und Häuser als auf dem Plan, so daß alles ein Riesenratespiel war. Ich fuhr allen nur befahrbaren Wegen entlang, umbellt von lauter Hofhunden, die ich aus ihrer Ruhe aufscheuchte, vor einer Kneipe standen laut singend Slowenien mit mittags schon glasigen Augen, aber nirgends die Spur einer Höhle. Ein betonierter Graben war mir aufgefallen. Ich wollte ihn genauer untersuchen, aber hätte dazu durch den abgezäunten Garten eines Bauern gemußt. Zwischen zwei Häusern war eine kleine Wiese, dahinter eine Baumgruppe. Ich steuerte drauf zu, blickte durchs Unterholz. Eine steile Doline war da, eine Felswand, jenseits setzte sich der Graben nicht mehr fort. Hier mußte es wohl sein. Auf eine genauere Untersuchung verzichtete ich, denn überall war Abfall, Matratzen, Möbelteile, Scherben von Flaschen und was sonst noch der Mensch so einfach wieder loswerden möchte. Ein leichter Modergeruch drang in die Nase. Ich ging wieder. Immerhin soll es die 178 VG Grotta della Valle di Gargaro auf 132 m Länge bringen, der erste Schacht hat 23 m Tiefe, der zweite 1,30 m. Wo sich das tolle Wasserrad befindet, das weiß ich bis heute noch nicht.



Frederico de Comelli - I think

Literatur:

Links:

 


[ Index ] [ Englisch version ] [ Höhlen und Höhlengebiete ] [ Kunst ]
[ HöRePsy ] [ Höhlenschutz ] [ VHM ] [ Veranstaltungen ] [ Links ]-