Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Festinsko Kraljevstvo, Istrien 


Als wir im Herbst 2020 durch Istrien fuhren, da gab es an vielen Ecken große Plakatwände auf denen für den Besuch einer Schauhöhle mit großen Tropfsteinphotos mit dem Wort BARADINE geworben wurde. Das ist Istriens erste Schauhöhle gewesen und ist offenbar noch immer der "Platzhirsch". Inzwischen sind noch zwei andere dazu gekommen. Eine davon liegt nicht weit von Festini entfernt, das wiederum nicht weit von Zminj liegt. Die Straßen werden immer schmäler, einem zweispurigen Fahrweg wir ein einspuriger, dann geht es um ein paar Häuser im Dorf und dann auf eine Fahrspur durch eine Wiese. Dann hört "die Welt auf" an einem Steinmäuerchen. Von dort geht es zu Fuß weiter zum schachtartigen Höhleneingang.

Er wurde in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts von Tone Bozac entdeckt, als dieser in seinem Weinberg arbeitete. Er hatte ein Loch gebuddelt, um einen Rebstock zu pflanzen. In dieses fiel ihm seine Hacke. Dieses wollte er wieder zuschütten, um Unfälle zu vermeiden. Aber das Loch öffnete sich immer wieder, weil alles Material in der Tiefe versackte. In den 40er Jahren untersuchten die Dorfbewohner in der Zeit der italienischen Besatzung Istriens wieder dieses Erdöffnung, um zu sehen, was es mit ihr auf sich hatte. Sie waren auf der Suche nach einem Schutzraum vor den Kriegsgefahren. Die Öffnung gelang und man fand den 70 m langen und 30 m breiten Höhlenraum voller Tropfsteine. Einem rettete die Höhle das Leben: Josip "Bepo" Bozac, der Sohn des Weinbauern. Er hatte sich in der Höhle verborgen, währenddessen alle männlichen Dorfbewohner ermordet wurden.

Nach dem Krieg besuchten immer wie Kinder die Höhle, auch welche aus den Nachbardörfern. Als sie von ihren Eltern gefragt wurden, wo sie gewesen seien, sagten sie, sie wären im "Königreich" gewesen. Deshalb wird sie noch heute als "Festiner Königreich" bezeichnet.

Man gibt sich viel Mühe, den kurzen, gerade einmal 20 Minuten dauernden Höhlenbesuch attraktiv zu gestalten.  Die Führung kann in 4 Sprachen geschehen, wobei der Führer mittels Fernsteuerung einen elektronisch aufgezeichneten Text abrufen kann. Besonders Wert legt man auf die phantasievolle Bezeichnung verschiedener Tropfsteine: der Turm von Babylon, der Fledermausflügel, die Kobra usw... Ende September waren bereits eine ganze Anzahl von Fledermäusen in die Höhle zurückgekehrt und hingen an den verschiedensten Tropfsteinen. Etwa 20 sollen es im Winter sein, davon war ein Gutteil schon da.

Kinder scheinen eine Hauptzielgruppe unter den Höhlenbesuchern zu sein. Entsprechend hat man sich auch eingerichtet. Als wir da waren, lagen überall große Kürbishaufen herum, die bei Wettkämpfen der Kinder demnächst zum Einsatz kommen sollten. Wieder zeigt sich, daß eine Höhle alleine, bei der großen Konkurrenz von anderen Freizeiteinrichtungen, kaum mehr ausreicht, Besucher anzulocken.

 

     
     

Am 2. Oktober 1943 passierte das "Massaker von Musini, Cere und Festini". 44 Kroaten wurden ermordet von "deutschen Streitkräften". Quelle: https://de.qaz.wiki/wiki/List_of_mass_executions_and_massacres_in_Yugoslavia_during_World_War_II


Literatur:

Hofmann, Peter Karst & Kultur - Wege durch Istrien, München 2000
Marr-Bieger, Lore Istrien, Michael-Müller-Verlag, Erlangen 2020

Links:

http://www.istra.hr/de/attraktionen-und-aktivitaten/naturschonheiten/hohle-festinsko-kraljevstvo / https://www.kroati.de/kroatien-infos/hoehle-festinsko-kraljevstvo.html

http://histrica.com/de/g/atrakcije/festinsko-kraljevstvo/

Zminj

Speläologisches in Istrien.htm


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