Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
SaCova bei Felanitx, Mallorca
Fährt man von Palma Richtung Osten, dann sieht man kurz vor dem Ort Felanitx links der Straße einige Felsen mit schwarzen Löchern drinnen. Dort liegt eine der beiden Höhlenwohungen Mallorcas (die andere ist in der Nähe von SaPobla). Die Örtlichkeit hat eine uralte Besiedlungsgeschichte. Die frühesten nachgewiesenen Spuren stammen aus der Zeit um 3000 v. Chr. und somit fast in die Zeit, als die Insel erstmals besiedelt wurde. Die Lage war ideal für damals - Felsdächer gaben natürlichen Schutz vor Regen und Hitze. Wie die archäologischen Befunde gezeigt haben, wurden in einer anderen Höhle im gleichen Felsabschnitt auch gleich die Toten bestattet. So waren es nur wenige Schritte von Anfang bis zum Ende des Lebens.
2003 bekam ich einmal eine Email von Ralph Buchert, dem derzeitigen Eigentümer der Höhlen und des dazugehörigen Gebietes. Er bietet seit einiger Zeit das Areal zum Verkauf an, aber keiner hat bislang den von einem Sachständigen angegebenem Verkehrswert von ca. 1,5 Mio für das gesamte Anwesen locker machen wollen. Als Verhandlungsbasis werden 980.000 genannt. Zur Zeit (Nov 2004) wird es sogar bei Ebay im Internet angeboten. Eine Lösung scheint sich mit der Aufteilung des gesamten Anwesens in 4 Teilabschnitte zu ergeben. Wer Lust hat, 195.000 für eine Höhlenwohnung im Urzustand mit einigem Grund auszugeben, der kann schnell zuschlagen. Noch ist sie nicht verkauft.
Wer nicht genau weiß, wo die Höhlenwohnung ist, der wird sie praktisch nicht finden. Sie liegt in einem weiten uneinsehbaren Gelände, das mit einer hohen Steinmauer nach außen abgeschirmt ist. Bäume und Büsche sind ausgewachsen und verstellen jeden Blick. Der Kontakt kam nur durch eine alte Freundin von mir, Talassi Conrad, zustande, die mit den Bucherts mal auf Mallorca in Yogaklassen gemeinsame Stunden schon verbracht hatte. So passierte es eben, am 7. November 2004, an einem Sonntagvormittag, daß wir dieses ganz besondere Anwesen auch mal sehen konnten. Nach dem Klingeln tauchte bald Ralph Buchert auf, der uns hereinließ und uns den größten Teil des Anwesens zeigte.
Es befindet sich in einem sehr guten Zustand. Schließlich ist der derzeitige Eigentümer "Diplom-Hochbauingenieur", "Baumeister" und "Berater für Baubiologie und Elektrosmog".
Als erstes wurden wir in eine richtige kleine Höhlenwohnung geführt. Nach außen ist sie durch einen Mauer mit blau gestrichenen Fenstern und Türe abgeschlossen. Ein Felsendach überwölbt einen, blitzsauber ist alles drinnen, eine Sitzgruppe ist da, auch die Toilette ist noch direkt an der Felswand, das hat alles "Stil", wer hat das schon? In unserer Alltagswelt ist alles grad und viereckig, aber hier folgt der Verlauf der Wände der Natur oder dem, was der Mensch daraus gemacht hat. Ich finde es schön, kann mir das halt nicht leisten. Das Tragische für Buchert ist, daß wohl auch viele andere Menschen so etwas "romantisch" finden, aber ihre Euros lieber in Neubauten mit vorsehbaren Haltbarkeits-/Verfallszeiten stecken. Im Laufe unseres Besuchs fiels da eine kleine Bemerkung: "Wenn man die Wände nicht weiß streichen würde (und damit auch ein bißchen gegen den "Verfall" absiegeln würde), dann würde immer wieder ein bißchen was von den Decken abbröckeln. Das ist ganz natürlich. Das ist das Ergebnis der Erdanziehung. "What goes up, must come down". Aber vom Verfall hören wir halt nicht so gerne. Aber wer spricht denn von all den vielen Häusern, die in den vergangenen 6 Jahrtausenden schon alle gebaut wurden und von denen heute gar nichts mehr zu sehen ist. "Falludscha" als aktuelles Stichwort! Da ist das gelegentliche Sandkorn, das am Morgen den gefliesten Boden der Wohnhöhle vielleicht ziert, höchstens "ein kleiner Tropfen im Ozean der Vergänglichkeit".
Dann durften wir auch die Hauptwohnung besuchen,
nach außen hin abgeschirmt durch einen Steinmauer. Ein
idyllischer, wuchernder Garten mit Palmen, Brunnen und
Nymphenfiguren war zu durchlaufen, dann kamen wir auch hier an
die Trennmauern zwischen Naturfels (was für ein Wort!) und
menschenverantworteter Gestaltung. Drinnen war es, um es mit drei
Worten zu sagen, einfach "schön".
"Gelungen". Und "warm". Es war kalt geworden
auf Mallorca, aber nach der Durchschreitung der Eingangstüre
spürte man schon das Funktionieren der Heizung. Stilvolle
Möbel, bekonntes Ausnützen des vorgegebenen Ambientes, ein
Blick aufs Meer.
Zwei Abschnitte hatten wir noch vor uns. Rechts neben diesem
perfekt ausgebauten "Höhlen"abschnitt gibt es ein
Gebiet, das noch "entwickelt" werden muß. Dort gibt es
auch in die Felsen eingetiefte Räume, die stehen aber noch
voller alter Sachen oder sind leer. Man könnte das auch noch
ausbauen, aber bislang hat das noch keiner gemacht. Entweder da
findet sich jemand, der handwerklich sehr geschickt ist, oder er
läßts halt machen, und zahlt dann dafür. Der Preis ist
"fürstlich" - für deutsche Verhältnisse.
Am Ende bekamen wir dann noch ein besonderes Highlight zu sehen.
"Höhlen", das zu nennen, was wir gesehen haben, fällt
schon ein bißchen schwer. Denn mit der "Flex" von
Black&Decker kann sich schließlich jeder, der was davon
versteht, schnell selber ähnliches gestalten. Aber der
unterirdische Steinbruch, in den wir geführt wurden, der hat
schon Geschichte und Atmosphäre. Herr Buchert hat schon eine
Designidee dafür realisiert. Auf Knopfdruck fließt aus dem Fels
Wasser und schafft damit hier eine ganz besonders gut passende,
weil völlig "unpassende" Atmosphäre (die Höhle
hinter dem Wasserfall). Die "Höhlen" sind vollkommen
menschengeschaffen, also unendlich gut zu uns passend, keine
Fraktale bitte, vorhersehbar und abgezirkelt, aber halt auch in
ihrer Unnatürlichkeit "nahegehend". Denn so geht es,
natürlicherweise, unter der Erde nicht zu, außer der
"Mensch" verordnet, verwaltet, verübt das.
Ein starker Abschlußakkord war das für eine starke Mallorcareise. Danke.
Ein Blick aus dem Hausfenster auf die dahinter liegende Felswand |
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Kontaktadresse Email:
MINALUNA@web.de , E 07200 Felanitx, 2. Vta. No. 68, Tel: 971-581698
Literatur:
Kempe, David | Living Underground, TheHerbertPress, London 1988 |
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