Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Höhlen bei Pokhara, Nepal


Mahendra Gupha / Phewa Tal


In den 70er Jahren war wohl Pokhara das Mekka der Hippies. Ein idyllischer Ort irgendwo am Ende der Welt, wo man sich alle Träume erfüllen konnte und von keinem gestört wurde. Das "shangri-la", war es endlich gefunden?. Der "lonely planet"-Führer beschreibt es, kaum überbietbar: "getting stoned, eating, growing their hair, talking and staring into the middle distance". Die Zeiten sind vorbei.

Nun wird dieser wachsende Ort zu Füßen der Himalayariesen, am wohl idyllischten See Nepals gelegen, von unserer Zeit eingeholt. 5 km Länge mißt inzwischen die Ansammlung von Häusern, die entweder über eine lange, oft sich nur in einem schlechten Ausbauzustand befindliche Landstraße von Kathmandu erreichbar oder in weniger als einer Stunde Flug (tatsächlich dauerts ja länger, weil man die lange Vorlaufzeit berücksichtigen muß, bevor man überhaupt in den Flieger kommt, und auch noch die Kontrollzeiten am Ende) ist.

 

Das Klima wird in allen Reiseführern hervorgehoben. Es ist mild und es gibt unendlich viel saubere Luft.

Viele empfehlen Pokhara, wenn man sich erholen will. Entlang des Sees hat sich eine unendlich scheinende Anzahl von Hotels, Restaurants und Läden angesiedelt, die alle auf Kunden warten. Es gibt vielleicht 10 verschiedene Grundwaren (T-Shirts, CDs, Thankas, Schmuck, Bergausrüstung, Lebensmittel......), die in unendlicher Gleichartigkeit und meist zu völlig gleichen Preisen angeboten werden. Dann heißt es nach einem "discount" zu fragen und die Händler auf ein vernünftiges Preisniveau herunterzuhandeln.

Direkt am See ist es am schönsten. Da kann man den Anglern zusehen, die ihre Ruten nach den großen Fischen ausstrecken, die man schon mit freien Auge herumschwimmen sieht. Ein kleiner Shivatempel ist über ein Treppensystem leicht erreichtbar. Der Stamm der Banyanbäume ist überall rot-grün-weiß angemalt, Schuster und Friseure verrichten im Freien ihr Handwerk, An einer Stelle sammeln sich alle Bootsführer, die für wenige Rupies die Touristen auf eine bekannte Insel im See mit einem Shivatempel bringen. Unmittelbar am See liegt auch ein Anwesen des Königs, das scharf bewacht und mit Stacheldraht gekrönt einen ganz anderen Akzent auf den Ort wirft.

Stein am Fuß eines Boddhi-Baums, Symbol für den Geburtsort Buddhas

In dem 1993 erschienenen Artikel "Caves of the West Pokhara Valley, Nepal" heißt es noch, daß es in Nepal nur eine Schauhöhle gäbe, die Mahendra Cave. Inzwischen hat sich da viel geändert. Als wir 2005 dort mal Station gemacht haben, da waren es insgesamt 4 Punkte, wo wir ein paar Rupien abzuliefern hatten, bis wir offiziell das Karst- bzw. Höhlenobjekt sehen konnten.

Der erste Schauhöhle Nepals war die Mahendra Cave, und das ist fast schon alles, was daran erwähnenswert ist. 1950 sei sie von Hirten entdeckt worden. Auch sie liegt in dem Konglomeratgestein, das aus "kies- bis kopfgrossem Geröll, dessen Zwischenräume mit feinem Sand ausgefüllt sind. Unter einer widerstandsfähigeren Schicht, dem "caprock" gab es leichter wieder ausräumbare Schichten und die sind nun begehbar. Für die Mahendra Gupha wurde eine Gesamtganglänge von 242 m, von denen man etwa die Hälfte besuchen kann, und ein Höhenunterschied von - 15 m ermittelt. Über künstliche Stufen kann man zur Sohle steigen und dort auf unebenem Weg in einem ziemlich schmucklosen Gang einfach dahinlaufen bis man zum Ende kommt. Auch der lonely planet-Führer kommt zu diesem Ergebnis: "The cave has very little going for it. Is is simply not worth the effort. This disappointing cave.."
Ein kleines Problem besteht darin, wie man hinkommt. Ein regelmäßig Verbindung scheint es nicht zu geben, weshalb das Verkehrsmittel der Wahl bei uns ein Taxi war. Der Fahrer ließ leider nicht mit sich handeln. Er wollte nach seinem Taxameter abrechnen. Sollten wir ihn auch für die Rückfahrt nehmen? Welche Wahl hatten wir denn? So besuchten wir die Höhle unter dem Druck des Abrechnungsgeräts, denn jeder Moment länger in der Höhle kostete ja Extrarupien.
Zurück am Parkplatz sahen wir, daß es da ja noch eine Höhle zum Anschauen gäbe und so stellte sich die Frage, was tun? Am Ende zahlen wir den bis dahin aufgelaufenen Fahrpreis und entließen den Taxifahrer. Der war wohl etwas überrascht, hatte er wohl mit einem guten Geschäft gerechnet.


Am Höhlenende

Wir hatten damit wieder Gelegenheit relaxt uns der nächsten Schauhöhle zu widmen, der "Bat Cave" oder auf nepalesisch "Oderibuwan Gupha". In wenigen Minuten Fußweg war sie von der Mahendra Cave aus erreichbar. Wieder ein gemauertes Kassenhäuschen am Eingang, wo ein Wärter uns ein paar Rupien Eintritt abverlangte. Dann ging es in dem eingefriedeten Gelände über Stufen hinunter in eine Senke, wo ein weiteres Gebäude mit einigen Leuten war, wohl so eine Art Restaurant. Zwei Löcher im Boden gab es auch, eines schien ziemlich eng zu sein, in das andere führten Treppenstufen hinunter. Wer allerdings erwartet hatte, daß er für den Eintritt auch die Höhle in überlicherweise nun besuchen kann, der irrt sich. Es gibt kein Licht und keinen Führer! Auf einmal war ein junger Mann bei uns, der uns weismachte, daß das Betreten der Höhle ohne Führer verboten sei, weshalb wir ihn zu nehmen hätten. Als Beleuchtung hielt er ein paar dünne Kerzchen in der Hand. Wir tappten hinter ihm her in den dunklen Hohlraum, der erst mit unseren Petzllampen wirklich etwas erhellt wurde. Zu sehen gibt es nicht viel, ein paar Tropflöcher im Bodenlehm, eine abgegriffene kleine Sinterfigur, die als "Ganesha" uns vorgestellt wurde, mit einer Ausnahme - die rechtfertigt richtig den Besuch: an der Decke über einem wimmelt es von Fledermäusen! Tausende sind davon da.
Unser Führer brachte die Tour zum Befahrungshöhepunkt. Er kletterte immer höher Richtung Höhlendecke und wir hinterher. Eine kleine Bewegung und heraußen war die Digitalkamera aus der Tasche und fiel in die Tiefe, bald 15 Meter und war hinterher unbrauchbar. Wieder ging es in die Höhe und hinein in ein hautenges Loch. So was habe ich noch nie in einer Schauhöhle erlebt, weil es richtig in den Grenzbereich geht. Alfred verweigerte sich ganz und ging der Ursprungsweg zurück. Ich probierte es. Erst hoch, dann abknicken, dann Bauch einziehen, mit den Füßen unten ein bißchen strampeln und irgendwie sich durch das enge Loch wieder hinauswackeln an die Erdoberfläche - und für so ein Vergnügen bezahlt man auch noch Geld!

2 Kilometer südwestlich vom Flughaften von Pokhara liegt die Patale Chango genannte Höhle direkt an der Straße nach Tansen. Es ist kaum möglich daran vorbeizufahren, denn es wird aller Aufwand getrieben, damit man auf dieses "Naturwunder" aufmerksam wird und dort hält, um es anzuschauen.

Hier läßt sich auf klassische Weise studieren heute, welche Auswirkungen eine "Höhle" für die örtliche Wirtschaft haben kann. Irgendwas müssen die Leute ja tun, um die auch bei ihnen notwendigen Rupien zu verdienen, um den Lebensunterhalt zu sichern. Mangels anderer Möglichkeiten versuchen es hier viele Dutzend Menschen, irgendwie an das Geld der Besucher zu kommen. In der NEW YORK TIMES-Beilage der SZ vom 11.04.2005 steht: "Choice ist the driving force of capitalism. Choosy customers determine what products and companies thrive or die as they pick among tubes of toothpaste or plans for cellphone services. Choice fuels competition, innovation and efficiency." Was in blumig-theoretischer Sprache formuliert ist, das läßt sich an den Zugängen zum Patale Chango und zur Gupteshwar Gupha hautnah erleben. Selbst das Halten am Straßenrand soll bereits ein paar Rupien kosten. Bevor man zu den Eingängen mit den Kassenhäuschen überhaupt hinkommt, passiert man jeweils mindestens 15 Souvenierläden links und rechts vom Weg, und 2 Imbißstuben. Geboten wird alles, vom metallenen Buddha bis zum nackten Freudenmädchen im Aschenbecher.

"camera and arms" - auf eine Stufe gesetzt

als Verbotsgegenstände für den Besuch

einer Schauhöhle - ziemlich einzigartig

auf dieser Welt

Was kann die Kamera schon enthüllen`?

Daß da unten nun alte Schuhe ruhen

und Stoffetzen?
 

Die Patale Chango-Höhle war immer schon bekannt. Schließlich verschwindet dort der ja nach Wasserangebot mehr oder nicht mehr vorhandene Fluß, der vom Phewasee gespeist wird, dort unter der Erde. In Monsunzeiten hat der Besucher ein packendes Erlebnis dort, wenn der schäumende Fluß in einem fast 40 m tiefen Schacht verschwindet. Das Gelände ist abgezäunt und als Fremder muß an für das Betreten auch ein bißchen was zahlen. Dafür werden auch die kleinen Gartenanlagen, die rundherum angelegt worden sind, auch gepflegt. Die Örtlichkeit trägt auch den Namen "Devi's Fall" und bezieht sich auf eine tragische Geschichte. Sie wird ganz unterschiedlich erzählt. Eine Version davon ist, daß ein Mann namens Devi einmal mit seiner Frau in dem kleinen Zubringerflüßchen gebadet habe. Es gibt da herrliche Gumpen, die dazu richtig einladen. Als man in dem Stauwehr oberhalb ohne Vorwarnung die Schleusentore geöffnet habe, sei plötzlich viel Wasser hergeschossen und habe die Frau von Herrn Devi mitgerissen und in die Tiefe gestürzt. Sie sei nie mehr wieder gesehen worden.

 

Das höhlenkundlich viel interessantere Erlebnis wartet auf einen auf der anderen Seite der Straße. An den vielen Andenkenläden vorbei geht es zu einer Doline. Daß man da in einer anderen Welt ist, sieht man gleich an der 3 m hohen angemalten Kobra - immerhin aus Beton, die rechts vom Weg aus dem angepflanzten Grün schaut. Am Grunde der Bodensenke ist das Dach eines kleinen Gebäudes zu sehen, das man dort hineingestellt hat. Da hinunter steigt man dann auch, wenn man wirklich in das Höhlenheiligtum steigt. Ein Führer begleitet einen, der auch das Gittertor aufsperrt, durch das es in einen breiten, nicht sehr hohen Gang geht, der in einem Raum endet, in dem Gott Shiva verehrt wird. Die Der typische Phallus ist unter einer mehrköpfigen Kobrafigur in einem kleinen Pavillionbau. Kleine Tropfsteine im Raum sind mit roter und gelber Farbe bemalt und drücken so einen gewisse Verehrung vor ihnen aus (sie sollen die Leittiere des Gottes darstellen). Geht man weiter, dann kommt man an das nächste verschlossene Gitter, das erst wieder geöffnet werden muß. Nun wird es enger und man kann durch einen wohl erst in den letzten Jahren ausgeräumten Gang in das große Höhlensystem des Patale Chango ganz einfach gelangen, ohne sich erst in den 40-m-Eingangsschacht abseilen zu müssen. Kleinen Tropfsteine sind an den Wänden, Sinterbecken. Eine letzte Eisenleiter erleichtert den Abstieg bis ganz unten. Dann geht es über die kreuz und quer liegenden Felstrümmerlandschaft am Boden. Man sieht nun von unten den Eingangsschacht, der direkt zu einem länglichen See führt. Ein großer mehr oder weniger horizontaler Tunnel führt weiter, in das bei unserem Besuch nur noch ein kleines Rinnsal abfloß. Da wir unsere eigenen Lampen dabei hatten, war es kein Problem eine kleinen Vorstoß in den Teil zu machen, der nicht mehr elektrisch beleuchtet ist. Es ist kein reines Vergnügen. Das Gefühl, daß man in einer Art großer Abwasserleitung sitzt, wird man wegen des Geruchs nicht los. Schließlich bringt der Fluß immer wieder Abfall und so etwas von draußen mit und dann bleibt dann dort. Einzelne Schuhe liegen zuhauf herum, alle möglichen Plastiksachen sind lustig verteilt in der unterirdischen Landschaft verteilt. Bemerkenswert sind auch die ausgekeimten Pflanzensamen, die hereingetragen worden sind vom Wasser und sich nun ohne Zukunft hier unten entwickeln.

Literatur:

Gebauer, Daniel Konglomerathöhlen bei Pokhara, Nepal, Reflektor
Gebauer, Daniel Caves of the West Pokhara Valley, Nepal, Caves & Caving, Spring 1993, p 24ff.
Hartmann, Helga Die Mahendra Cave bei Pokhara - eine Schauhöhle auf nepalesisch, HKM Wien und NÖ 53. Jg. (1997), Heft 4, S. 91f.

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