Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Hang Mua
Vietnam
Hang Mua bedeutet "Dancing Cave", eine "tanzende Höhle"? Der Name kommt von einer alten Geschichte, daß nämlich ein König Tran, der die Hauptstadt Vietnams einst nach Hoa Lu ganz in der Nähe verlegt hatte, immer wieder in der höhle einen Halt eingelegt hätte. Dort tanzten dann immer wieder einige Tänzerinnen eigens für ihn, was später diesen heute sehr seltsamen Namen führte. Heute merkt man gar nichts mehr von diesem "Zauber".
Von der Geschichte wissen die allermeisten nichts, vor Ort merkt
man auch eigentlich nicht davon, die meisten eilen daran vorbei und streben der
Hauptattraktion des Ortes zu, dem Gipfel, 88 m hoch, von dem aus man einen schier
unglaublichen Blick rundum auf die einzigartige Karstlandschaft hat. 486 Stufen
führen hinauf, der Weg soll an die chinesisches Mauer erinnern und ganz oben
steht statt einem Gipfelkreuz ein kleiner Tempel mit der Figur einer Göttin und
ein großer Betondrache entlang eines scharfkantigen Kalkammes. Wer sich
auskennt, der kann von oben hinunter auf den Ngo Dong Fluß schauen und den
Eingang in die Ca-Höhle sehen, wo der Fluß wieder aus dem Berg tritt.
Man muß nicht
glauben, daß man da oben heutzutage alleine ist. Umsurrt wird man von
Photodrohnen, die hier ein Spitzeneingsatzgebiet haben, der Ort ist ein
beliebter Hintergrund für Hochzeitsphotos, und scheinbar jeder scheint
keinerlei Angst davor zu haben, irgendwo daneben zu treten und weit
hinabzustürzen. Auf Zweidrittel des Weges kommt ein Sattel, wo sich auch eine
kleine Raststation befindet, wo man sich wieder stärken kann, falls man zu
erschöpft ist, um weiterzugehen. Eine Alternative bietet sich auch dort - ein
zweiter weniger hoher und weniger attraktiver Gipfel mit eine "goddess of
mercy"-Schrein. Je nach Kondition braucht man zwischen 30 und 50 Minuten
für Auf- und Abstieg.
Die "Tanzhöhle" ist heute ein breiter betonierter Tunnel neben einer dieser typischen Wasserfalldraperien. Auf der anderen Seite kommt man in einen Karstkessel ohne Fortsetzung. Ein paar betonierte Tische und Sitzgruppen gibt es noch. Mitten im Gang zweigt ein Höhlenast ab, der nach kurzer Strecke zu einem mit Wasser gefüllten Teil führt. Auf den ersten Blick seltsame große Tongefäße stehen entlang der Wände. Es heißt, sie sind mit Wein gefüllt und sind dort zum Reifen. Nur wer keine Angst vor nassen Füßen hat kann noch ein Stück weiter in die Höhle eindringen. Wenn man aufpaßt, dann kann man auf einem Mäuerchen, knietief ins Wasser eingetaucht, noch bis einen Saal eindringen, wo irgendwann auch nur feuchten Fußes kein Weiterkommen mehr ist. Vermutlich geht es hier aber noch weiter, weil das Wasser ja schon länger in dieser Räumen wirkt.
Ist das die Höhle, die ich im November 2022 besucht habe, genauso wie 100.000 andere Touristen, wirklich die Höhle, die von Michael Laumanns in seinem 2014 erschienen Werk über die Höhlen von Ninh Binh beschrieben hat? Der südwestliche Eingang sei 30 m breit und 2,5 m breit. Man könne mit dem Boot zum Eingang fahren mit dem Ausgangshafen Tam Coc. 60 m sei der Hauptgang lang, der künstlich erweitert worden ist. Die Höhle verfüge über wenige Seitengänge, die SE führen würden, einer davon weise einige Tropfsteine auf. In einem Lehmpfropfen ende der Gang. Damals hatte man einen Zugang von der anderen Seite in Form eines Landschaftsparks mit Pagoden vorbereitet. Das scheint nun vollzogen zu sein. Eine neue Beschreibung scheint notwendig.
Am Eingang zur "Tigerhöhle" kommt jeder vorbei, der die Treppen zum Gipfel erklimmen will. Gleich nach dem Eingang hat man einen dieser typischen reichgeschmückten Altäre errichtet. Das Innere der kurzen Höhle ist beleuchet und so kann man auch ohne eigene Lampe sehen, daß man nur weiter eindringen könnte, wenn man bereit ist, sich nasse Füße zu holen. Der Boden der Höhle ist betoniert, genauso wie ein Teil der Wände und eine kreisförmige Aussparung in der Mitte. Da ich in Sandalen da war, spielte das Wasser keine Rolle und ich machte mich noch ein Stück weiter hinein auf. Da kommen zwei schmale Gänge, die sich noch tiefer in den Berg fortsetzen, deren Untersuchung ich aber unterließ, da ich alleine unterwegs war. Noch so ein kleines Wasserhöhlensystem...
Hang Mua liegt 90 südlich von Hanoi in der Provinz Ninh Binh im Dorf Khe Dau Ha. Zahlreiche Anbieter von Leistungen im Tourismusbereich offerieren Touren dorthin, oft verbunden mit weiteren Zielen: z.B. Trang An oder Tam Coc. Ich bin auf schönen Feldwegen durch die Reisfelder mit dem Fahrrad von Tam Coc herübergeradelt, ein einsamer Genuß.
"Der Drache wurde..als mystisches Tier mit dem Himmel, den regenbringenden Wolken und glücksverheißenden übernatürlichen Ereignissen assoziiert..." Wilson, Symbole in der Kunst 106 |
Auf dem Weg von Tam Coc nach Hang Mua mit dem Fahrrad sieht man
von viel mehr Karstkegel aufragen. Zwischen denen geht es in weitere Täler
hinein. Eines davon habe ich aufgesucht. Auf den wenigen verfügbaren Karten
haben sie nicht einmal einen Namen. Je tiefer man vordringt, desto schlechter
wurden die Wege, schließlich blieb nur noch übrig, das Rad zurückzulassen und
zu Fuß immer tiefer in die Schlucht vorzudringen. Selten kommt hier nur jemand
herein. Immer abenteuerlicher wird der Weg, ist teilweise nur noch als
künstlicher Steg der Wand entlang vorhanden. Kleine Meditationshäuschen wurden
da einmal gebaut, scheinen auch schon wieder zu verfallen. Dann hört der Weg
ganz auf...
An einem kleinen Kultplatz komme ich auch vorbei. An der Wand dahinter ist ein
Höhlenspalt. Wasser tritt hier aus dem Berg, es scheint aber nicht weit
hineinzugehen...
Literatur:
Laumanns, Michael (Ed.) | Karst and Caves of Ninh Binh
Province (northern Vietnam) Berliner Höhlenkundliche Berichte, volume 55, 2014 https://www.speleo-berlin.de/inc/abstracts.php?volume=55&lan=en |
Markand, A. & M. | Vietnam, Stefan Loose, 6. Auflage, Berlin 2019 |
National Geographic | Vietnam, 2017 |
Wilson, Matthew | Symbole in der Kunst, midas, Zürich 2020 |
Links:
https://dailytravelpill.com/mua-cave-view-to-remember-ninh-binh-province/
https://www.jonnymelon.com/hang-mua-cave-ninh-binh/
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