Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Landschaft und Höhlen im Wombeyan-Gebiet, New South Wales


"Wombeyan" bedeutet in der Sprache der Aborigines "Grasige Flächen zwischen zwei Bergen". Ihnen waren die Region schon lange bekannt, wegen der schwierigen Zugänglichkeit dauerte es bis zum Jahre 1828 ehe die ersten Weißen davon erfuhren. Eine Expedition in die Southern Highlands, geführt von John Oxley und John Macarthur, dem Gründervater der australischen Wollindustrie, auf der Suche nach neuen Weidegründen, gab den Anstoß. Man verbrachte eine Nacht auf der Wiesenfläche im Blindtal ohne Ausgang. Auf der morgendlichen Suche nach den Pferden folgte man dem Bachlauf bis zum riesigen Eingang einer Höhle, die heute den Namen Victoria Arch trägt. Der erste Europäer, der tatsächlich die Höhle betreten hat, war ein Reverend Denning im Jahre 1842. Es dauerte bis 1865 bis Charles Chalker zum ersten Betreuer der Höhlen ernannt wurde und sofort mit intensiven Neuforschungen begann.

Heute sind in dem 345 Hektar messenden Naturschutzgebiet 176 km südwestlich von Sydney schon über 500 Höhlenobjekte katastermäßig erfaßt. An allen Eingängen wurde eine Aluminiummarke angebracht, damit man sofort erkennen kann, um welche Höhle es sich handelt. Die Höhlen liegen in einem sehr alten, paläozoischen Kalk, der lange unter jüngeren Gesteinslagen begraben war und zu gelbgeädertem, weißem Marmor umkristallisierte. Nach der Auffaltung der Great Dividing Range wurden die überlagernden Schichten wieder durch Erosion abgebaut und so kam der Marmorkalk wieder zum Vorschein. Die Entwässerung des Gebietes geschieht durch den Wombeyan Creek, der früher sicherlich über die Felsschwelle geflossen ist, die er heute unterirdisch überwindet, eh das Wasser dem Mares Forest Creek fließt.

Nur noch bei Hochwasser fließt der Wombeyan Creek ich seinem Bachbett in das 25 m hohe und breite Portal des Victoria Archs. Manchmal muß die Wassermenge enorm sein, denn immer wieder liegen ganze Baumstämme zurückgelassen im oft trockenen Bachbett. Der Eingangsteil ist hell erleuchtet vom Tageslicht, denn von der anderen Seite kommt aus einem riesigen Deckeneinsturz, der etwa 100 m entfernt ist, noch einmal Licht herein. Diese Zone wird bewohnt von Brush Tailed Rock Wallaby und vom Rock Warbler, einem kleinen olivbraunen Vogel.
Dann verengt sich der Höhlengang auf 2-3 m Breite bei einer Höhe, die bestimmt 30 m beträgt. Dieser Höhlenteil ist heute der untere Abschnitt der Fig Tree Cave. Sie ist auch eine Schauhöhle, allerdings eine, bei deren Durchquerung kein Führer mit dabei ist. Man löst ein Ticket beim Verwaltungsgebäude und bekommt einen Chip, den man beim Höhleneingang in einen Schlitz steckt, was dann dazu führt, daß man durch den Drehverschlußeingang eingelassen wird. Die Beleuchtung ist vollautomatisiert und auch die Erläuterungen kommen ohne eigenes Zutun vom Band. Riesige Räume tun sich da vor einem auf, deren Vorhandensein man überhaupt nicht erwarten würde angesichts der geringen Felsüberdeckung bis zur Oberfläche. Massive Tropfsteinriesen füllen die Räume wieder. Einer ist abgebrochen und liegt nun gespalten am Boden. Sehr sehenswert sind auch die Erosionsformen im Bachbett, auf die man aus vielleicht 20 m Höhe bestens ausgeleuchtet herunterschaut.

Es gibt noch 4 weitere Schauhöhlen in der engsten Umgebung: Junction Cave, Mulwaree Cave, Kooringa Cave und die Wollondilly Cave. Wer sich beschränken will, dem ist der Besuch der Wollondilly Cave anzuraten. Immerhin 800 m lang ist sie und auf dem neuesten Stand der Schauhöhlengestaltung. Kühn beginnt man den Abstieg auf einer hohen Eisenleiter, die in reichlist mit Tropfsteinen geschmückte Räumen führt. Man hat sich größte Mühe mit der Beleuchtung gegeben. So verlaufen die Kabelstränge zu einem Großteil in den aus poliertem Stahl bestehenden Geländern an den Führungswegen. Wo es ging, da hat man Tropfsteingruppen, die in Reichweite der Besucher liegen, unbeleuchtet gelassen, so daß deren Aufmerksamkeit wo anders hingelenkt wird. Höhepunkt sind die Tausenden von Sinterbecken in einem niedrigen Horizontalgang, in dem man gebückt in einem Graben vorwärts marschiert. Auch hier bekommt der Besucher vom Führer zu Beginn der Führung einen Tropfstein in die Hand, damit er spüren kann, wie es ist, so etwas mal in der Hand zu haben, und es überflüssig zu machen, überall in der Höhle seine Finger hinzutun.

Wer noch nicht genug hat, der kann auf den drei angelegten Wanderwegen das große Karstgebiet erkunden und auf einem dieser Wege auch noch eine "wilde Höhle" besuchen, die Tinted Cave. Der Besuch lohnt sich, auch wenn eine ausgedehnte Wanderung damit verbunden ist. Unterwegs sind Blicke in die Mares Creek Gorge möglich, in die man auch absteigen kann. Am Grunde sind verschiedene Seen, in denen auch gebadet werden kann. Die Tinted Cave stellt nur den letzten Rest einer Höhle dar, durch die früher mal der Mares Creek floß. Sie hat 4 Eingänge und gehört zum in-and-out (rein und raus) Höhlentyp. Die Höhle ist erschlossen mit einen Weg, Treppen und Beleuchtung. Sie geht automatisch an, wenn man sie betritt und erlischt wieder, wenn eine zeitlang keine Bewegung mehr war. Ihr Name leitet sich von den vielen Farben ab, die man in der Höhle findet, insbesondere von den blaugrünen und rosa Cyanobakterien. Besonders bei sog. "Balkon" sind kühne Blicke in die Tiefe der Schlucht möglich.

Als ich im August 2008 einmal die Gelegenheit hatte, die Höhlen zu besuchen, kam ich zu einer sehr ruhigen Zeit. Zeitweise waren wir die einzigen Leute, außer dem Schauhöhlenpersonal, die da waren. Glücklicherweise tauchte eine Gruppe von Schulkindern mit ihren Lehrerinnen einer Waldorfschule aus der Umgebung auf. Sie waren einverstanden, daß ich mich ihnen anschloß und so war es mir möglich die Wollondilly Cave und später die Fig Tree Cave zu besuchen.


Umgebung

Känguruhspuren auf dem Weg zur Tinted Cave

Victoria's Arch Cave und Fig Tree Cave

 
 

Tinted Cave

   

Wollondilly Cave-Mulwaree Cave

Eingänge zu weiteren Schauhöhlen

Junction Cave
Kooringa Cave

 

 

 

Literatur:

Ellis, Ross, editor Caves and Karst of Wombeyan, Sydney Speleological Society Occasional Paper No. 13, Sydney 2004
Fleming, Ken History of the Wombeyan Caves, Journal of the Sydney Speleological Society 47 (11) 307-313
Bednarik, Robert G. Die Wombeyan Caves, Neu Süd Wales, Mitteilungen des Landesvereins für Höhlenkunde in Wien und Niederösterreich, S. 71ff.
Dyson, H. Jane Wombeyan Caves (1982), SSS Occasional Paper No 8

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