Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Landschaft und Höhlen im Mt Gambier-Gebiet, South Australia


An den Hängen eines erloschenen Vulkans an der Ostgrenze von South Australia, 500 km von der Hauptstadt Adelaide entfernt, liegt Mount Gambier. Mit seinen fast 25.000 Einwohners ist es die zweitgrößte Stadt von Südaustralien. An Attraktionen sind es vor allem die Naturschönheiten, die Touristen anlocken. Ansonsten gibt es noch Besuchsmöglichkeiten für die Weinkellereien von Coonawarra, geführte Touren in die Nadelholzforste, an die Küste mit Schiffswracks und das Flußfischen.

Die größte Naturattraktion ist der Blue Lake, ein mit Wasser gefüllter ehemaliger Vulkanschlot. Als große Besonderheit gilt, daß er seine Farbe wechselt. Die Ursache für das intensive Blau im Sommer zum leuchtenden Türkis im Winter war lange Zeit sehr rätselhaft. 36 Millionen Liter Wasser enthält der See, der auch der Wasserversorgung der Stadt dient. 70 m Tiefe hat der See durchschnittlich und reicht bis hinab in wasserführende Kalkschichten, durch die ständig frisches Wasser nachkommt. Der Umfang beträgt 3,5 km.
Im Stadtgebiet von Mount Gambier stößt man noch dreimal auf geologisch und touristisch sehr bemerkenswerte Karsterscheinungen.

Die Cave Gardens liegen mitten in der Stadt. Aus dem tiefen Schachtloch wurde früher das Trinkwasser für die Stadt bezogen. Heute ist es in einen blumenreichen Park einbezogen und breite Spazierwege das Gelände. Bis zu einer Aussichtplattform kann man wandern, von wo ein kühner Blick in die Tiefe möglichh ist. Von da käme man nur noch mit Schachtausrüstung weiter. Müll läßt sich so auf jeden Fall loswerden. Als wir im August 2008 mal dort waren, da lag ein Einkaufwagen unten!
Auf Informationstafel erfährt man eine Menge auch über die Geschichte der Höhle. Sie war natürlich den Aborigines schon bekannt. Ihr Name war Thu-gee, Tu-chee oder Timchee und galt als Platz so Geister und Riesen ein Zuflucht fanden. In einer Geschichte erzählt von einem "großen Teufel" namens Mirka, der eines Tages aus den Wassern des Blue Lakes auftauchte und begann, eines der Kinder des großen alten Wesens Ngurunderi entlang des Coorong zu jagen. Ngurunderi sah die Jagd, griff den Teufel an und verwundete ihn. Mirka zog sich daraufhin zurück und versteckte sich in den Tiefen der Höhle. Eine andere Geschichte erzählt vom Schicksal des Riesen "Brit-ngeal", der in einer tiefen Höhle mit einen schmalen Eingang, wo sich ein Baum befand, der über die Höhle ragte. Der Riese wurde auf der Suche nach Wasser in die Höhle gelockt und dann mit Speeren angegriffen und getötet durch einen furchtlosen Jäger. Auch eine Wishing Well gibt es dort, in die man ein Geldstück werfen kann, um seinem Glück etwas nachzuhelfen. Vor allem freut sich wohl der Verschönerungsverein für das Gelände, der damit seine Arbeit mitfinanziert.

Richtig spektakulär ist auch das Umpherston Sinkhole. 1868 erwarb ein James Umpherston die Beswick's Farm auf der die Steilwanddoline liegt. Ab 1884 entwickelte er das Gelände, das damals "The Caves" hieß, zu "einem angenehmen Ort in der Hitze des Sommers". Man schlug in die Felswand einen langsam nach unten führenden Fußpfad und ein hölzernes Treppenhaus wurde errichtet. Man schuf Terrassen auf der Sohle des Schachtes und pflanzte zahlreiche Farne, Büsche und Bäume an. Ein Drittel des Sinkholes war wassergefüllt und die Fahrt mit einem Boot auf dem See galt als besonders reizvoll. Auf einer Insel mitten im See hatte man auch eine Hütte errichtet, um dem ganzen ein besonders romantisches Gepräge zu geben. Bedingt durch die starke Absenkung des Karstwasserspiegels wegen der kräftigen Nutzung durch die Mensch und Wirtschaft ist dieses Spektakel heute nicht mehr möglich. Alles ist dort heute trocken. Als Touristenattraktion wird die nächtliche Fütterung von Opossums angeführt.

Das Schicksal eines 1833 in Magdeburg geborenen ehemaligen Deutschen, Johann Carl Engelbrecht, war eng mit dem dritten sehr auffallenden Karstobjekt im Stadtgebiet von Mount Gamier verknüpft, der Engelbrecht Cave. 1863 traf er in Australien ein und entwickelte erfolgreiche wirtschaftliche Aktiväten. So soll er der erste gewesesen sein, der Butter aus Südaustralien nach England exportierte. 1880 entwickelte er das Projekt, aus Kartoffeln einen Schnaps zu brennen. Das war zuerst sogar illegal, aber er setzte sich dafür ein, daß das Gesetz geändert wurde. 1885 kaufte er eine komplette Destillerie, die von Hamburg nach Adelaide per Schiff geschickt wurde. Im März 1886 wurde sie als "Pioneer Destillery" in Betrieb genommen. Einen wesentlichen Nachteil brachte das neue Unternehmen mit sich: Es muß ziemlich nach Fäulnis gestunken haben und viel Dreck floß aus der Fabrik. Als Lösung wurde schließlich gefunden, die Abwässer in eine Höhle einzuleiten, die im nördlichen Teil des Engelbrechtschen Anwesens lag. Diese Vorgehensweise hörte erst auf, als der Destilleriebetrieb im Jahre 1903 eingestellt wurde.
Bekannt war die Höhle sicherlich schon immer. In dem 1862 erschienen Buch "Geological Observations of the South East of South Australia" von Father Julian Tenison Woods findet sich die erste schriftliche Erwähnung, 1864 kam es fast zu einem tödlichen Höhlenunfall, als vier junge Männer auf einem Kanu in die Tiefen der Wasserhöhle vordrangen.
Bis ins Jahr 1950 wurde die Höhle als Müllgrube benutzt, was ihre Attraktivität sicherlich bis gegen Null brachte. 1964 ließ mal das City Council das touristische Potential der Höhle untersuchen, was aber wohl nicht hoch eingeschätzt wurde. 1979 begann schließlich der Lions Club of Mount Gambier mit Säuberungs- und Verschönerungsarbeiten in der Höhle, die bis 1982 dauerten. Seit 1986 ist sie wieder für die Öffentlichkeit zugänglich.
Angeblich gibt es einen ganzjährigen Schauhöhlenbetrieb von 9.30 bis 14.30 Uhr mit stündlichen Führungen. Als wir im August 2008 dort waren, da lag das Gelände leider ganz verwaist dar. Es gibt ein kleines Schauhöhlengebäude. Den schachtartigen Höhleneingang umgibt ein vollständiges Eisengitter, das nur am Eingang mit einem Türchen unterbrochen ist. Da stand, "no entry" und daß es nur Tauchern erlaubt sei, dort weiterzugehen. Ich hab einfach die Klinke gedrückt und war drinnen. Auf einem breiten Weg geht es nach unten, hinein in die abfallende Höhle. Wo es richtig in die unterirdischen Räume geht, da ist gleich noch ein Tor.
Als Besonderheit ist hier zu vermerken, daß die Höhle wohl als Ausbildungsort für Höhlentaucher genutzt wird. Man bucht im "visitors centre" einen 3-Tages-Kurs und erhält dann eine entsprechende Qualifikationsurkunde.

Wenn man die dann hat, dann darf man wohl auch in den "Piccaninnie Ponds" tauchen, einer großen Karstquelle mit einer Höhle dahinter, der "Cathedral", einem riesigen unterirdischen wassergefüllten Hohlraum mit 40 Metern Sichtweite, die als eine der feinsten Höhlentauchstellen der ganzen Welt gilt. 547 Hektar groß ist der Piccaninnie Ponds Conservation Park und liegt etwa 30 km von Mount Gambier ganz nah an der Meeresküste. Hier kommen starke unterirdische Wasservorkommen wieder zu Tage, die sich im Landesinnern, beginnend im Bordertowngebiet bis zur Küste, gesammelt haben, und aus den Kalkschichten, die hier schon 300 m Dicke erreichen, wieder auftauchen. In diesen Kalkschichten gibt es eine Menge von Einbrüchen und Senken, die in eine ganze Reihe von oft wassergefüllten Höhlen führen. Bei Höhlentauchern haben sie einen hohen Wertschätzungsgrad bis hin zu der Bezeichnung "schönste Unterwasserhöhle der Welt". Ausgerechnet in der ist heute das Tauchen nicht mehr erlaubt - nach dem Tod von 4 Tauchern im Jahre 1973.

Ein "Hell's Hole"-Schild war an der Straße von Mount Gambier nach Lower Glenelg zu sehen. Angesichts der eigentlich überall für Australien geltenden sehr schlechten Informationslage mangels brauchbarer Führer oder Karten, war das wenigstens schon etwas. Wir bogen ab - und landeten nirgends. Eine Straße führte für kurze Zeit durch Farmland und dann hinein in Forstgebiet. Mindestens 20 km ging es so querfeldein, da gab es schon Abzeigungen, hinein in die Wälder, aber die waren nirgends beschildert. Irgendwann landeten wir an der nächsten Hauptstraße. Also zurück. Wieder nichts. Da sahen wir mindestens das Schild zum "Butterfly Walk", aber "Hell's Hole"? Unsere Frustrationstoleranz war gefragt und ein wenig gesunder Menschenverstand - fahren wir weiter! Schade, wenigstens eines der cenotenähnlichen Gebilde zu sehen, das wäre schon schön gewesen, es gibt ja eine ganze Menge davon, das "Black Hole", das "Caroline Sinkhole"...


Landschaft

 

 

 

 

Cave Garden

 

Engelbrecht Cave

 

Umpherston Sinkhole

 

Richtung Piccaninnie Ponds

 
   

 

Literatur:

Thurgate, Mia F. Sinkhholes, Caves and Spring Lakes, South Australian Underwater Speleological Society, Occasional Paper Number 1, 1995
Smith, C. The Booandik Tribe (1880)

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