Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Die "Den of Nargun" im Mitchell River National Park, Victoria, Australien

 


"Among the oldest of all (the earth-spirits) are the Narguns, monsters of rock poured molten from the fires in the heart of the land. Far down the world they live, near the south-east corner of the land, crouched in the darkness of caves or holes in the ground. Long before the white races came to the land of the People hat learnt to avoid those caves in case death should roll out of them, quick and crushing. If Narguns are old, the Eldest Nargun is as old as the land itself; and because it is the oldest, and closest to the heart of the land, the red fire of its beginning will come when it calls.
For thousands of years the Eldest Nargun lay in the dark of the earth. In time it emerged, the first, the biggest and most powerful. It felt starlight and wind and saw great battles; and when those were over it found a cave and went into darkness again. In later times it took its power into battle against the sea..." Wrightson 12


 

Der Mitchell River National Park erstreckt sich über eine Fläche von 12.200 ha Grundfläche und wird vom spektakulären Mitchell River in zwei Teile geteilt. Der Fluß zwängt sich durch eine Felsschlucht mit dichtem Regenwald und weitgehend intakter Natur. Eine Befahrung des Flusses ist sehr beliebt bei Kanuten, die die Bewältigung von Stromschnellen im 3. und 4ten Schwierigkeitsgrad noch mitmachen können. Für Wanderer wurde der 18 km lange Mitchell River walking track markiert, der von Angusvale zur Den of Nargun führt, wozu man 2 Tage einkalkulieren sollte.

Die "Den of Nargun" genannte Höhle, besser der Felsüberhang, liegt in der Schlucht des Woolshed Creeks. Sie ist sehr gut vom großen Parkplatz aus erreichbar, der wohl für die meisten Besucher, das Eingangstor in den Nationalpark darstellt, der nach 45minütiger Fahrt von Bairnsdale aus erreichbar ist. Wer ganz schnell wieder weiter will, der kann in 15 Minuten auf einem ausgetretenen Fußpfad zum Grund der Schlucht absteigen und dann auf dem Talboden über große Blöcke weiter bachaufwärts laufen. Das Felsdach ist nicht zu verfehlen, denn es liegt unterhalb der Wasserfallstufe, die quer durchs Tal zieht. Ein großer See nimmt die gesamte Grundfläche der Schlucht ein, die sich oberhalb der Felsstufe weiterzieht.

Offenbar liegen hier widerstandsfähigere Schichten von Felsgestein über weicheren, die von den herunterkommenden Wassern des Baches allmählich herausgelöst wurden, so daß dahinter ein ansehnlicher Hohlraum entstanden ist. Bei uns wird diese Erscheinungsform als "Klingenbildung" wissenschaftlich diskutiert. An der Hangkante kommt es zu gegenteiligen Phänomenen. Dort baut sich kein Gestein ab, sondern da bildet sich neues. Ein kräftige Versinterung findet dort statt und etliche großen Tropfsteine sind entstanden.

Das Felsdach ist von großer anthropospeläologischer Bedeutung. Als "Nargun" wurde ein Fabelwesen von dem lokalen Stamm der Aborigines, den Kunai, bezeichnet, das halb Stein, halb menschlich/weiblich sei. An den Lagerfeuern habe man sich früher verschiedene Geschichten über sie erzählt, die zwei Aufgaben erfüllt hätten: die Kinder seien eher bei der Lagerstelle geblieben, weil sie sich vor diesem Rätselwesen gefürchtet hätten, und die Leute hätten sich von dem heiligen Platz fern gehalten, und den Ort damit für religiöse Handlungen reserviert. Die Nargun hätte man nicht mit Bumerangs oder Speeren angreifen können. Sie seien eher an ihm abgeprallt oder sie seien gar wieder zurückgekommen. Wer zu nahe hinging, der sei gar ihre Beute geworden.
Es heißt, der Platz sei vor allem für die Frauen von Bedeutung gewesen, oder ist es vielleicht noch heute. Es ist die Rede von Initiationsriten und "learning ceremonies".

Es lohnt sich, sich etwas mehr Zeit zu nehmen und den ganzen Rundweg vom Parkplatz aus zu machen. Der führt dann auch noch zum Bluff Lookout, von wo aus man einen prachtvollen Blick auf die Schlucht hat. Man kommt dann auch bin hinunter auf das Flußniveau, wo es auch eine Campmöglichkeit für die Kanufahrer gibt. Überall, wo es kleine Auf- und Abstiege gibt, da wurden entsprechende Hilfe angebracht, so daß jeder mit zwei gesunden Füßen diese rund einstündige Tour unternehmen kann.

Die Figur der "Nargun" spielt übrigens eine wichtige Rolle in dem Phantasieroman von Patricia Wrightson "The Ice Is Coming", wo es darum geht, Australien vor dem Untergang zu retten , wozu diesem uralten Wesen die Schlüsselrolle zukommt. Von ihr gibt es noch eine Geschichte, die mit der Nargun zu tun hat, "The Nargun and the Stars", die später für eine Fernsehserie verwendet worden ist.
Das Motiv scheint beliebt zu sein bei Schriftstellern. In Providence Ponds von Stanley Porteus wurde die Höhle auch erwähnt (1950), Angus McMillan stellt die Den of Nargun in seinem Buch Lindigo auch vor (1866) und die Nargun spielt eine Rolle in dem 2008 erschienenen Buch "The Ghost's Child" von Sonya Hartnett.

Literatur:

Wrightson, Patricia The Ice Is Coming, Hutchinson of London, London 1977

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