Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Erdställe im "Erdstall-Dorf" Ulrichschlag, Niederösterreich
Jetzt gibt es sogar schon ein "Erdstalldorf"! Ulrichschlag heißt es und liegt im Waldviertel in Niederösterreich. Lange gibt es diese Bezeichnung noch nicht, denn die bedeutendsten Entdeckungen liegen erst wenige Jahre zurück. Und es sind noch bedeutende Entdeckungen zu erwarten! Die formulierte These ist, daß unter jedem Haus in Ulrichschlag ein Erdstall liegt!
Wenn das stimmt, dann hätte das gewaltige Konsequenzen. Denn wenn das in Ulrichschlag gilt, dann könnte es doch gut sein, daß es auch in X gilt.... Aufregende Zeiten für Erdstallforscher könnten heraufziehen!
Der "Erdstall Böckl" hat dabei eine Schlüsselrolle
gespielt. Bei der Erneuerung der Außenmauer des Hühnerstalls
kam auf einmal ein Loch in der Erde zum Vorschein. Beim genaueren
Nachfassen stellte sich heraus, daß sich im Untergrund ein
künstliches Höhlensystem befand. Niemand hatte zuvor davon eine
Ahnung gehabt. Es zeigte sich, daß es sich um eine in dieser
Gegend "Klassische Anlage" handelte mit ein paar
großen Besonderheiten. Von unten her konnte der ehemalige
ursprüngliche Eingang erschlossen werden, der im Innern des
ehemaligen Hühnerstalls liegt. Nirgends ist irgendwo sonst noch
ein Gang auszumachen, durch den man ansonsten noch hineinkommen
hätte können. Der Bau des Erdstalls muß also durch diesen
schmalen Schlupf passiert sein. Ganz anders als z.B. im
Oberpfälzer Raum, wo es sog. "Bauhilfsschächte" gibt,
muß wohl das gesamte Abraummaterial durch die schmale
Erdöffnung herausgeholt worden sein. Eine Heidenarbeit. Offenbar
hatte an sie noch oder nahm sie sich einfach.
Der Erdstall hat hier eine Standardstruktur, nämlich einen
Gangring, in dem man einmal rundherum laufen kann, und einen
Seitenzweig, der sich wiederum in zwei Zweige aufspaltet und die
sich wieder ein wenig aufspalten. Außergewöhnlich ist dieser
Erdstall wegen seiner "Härtlinge". Im umgebenden
Gestein ragen da auf einmal runde Brocken hervor, die zwar da
sind, aber die keiner jemals erwarten würde. Was soll das alles?
Wie eine Fluchtanlage sieht sie jedenfalls nicht aus und ein
Lager würde man so jedenfalls auch anders anlegen.
In Ulrichschlag gibt es noch viel mehr Erdställe, die jetzt wieder wiederentdeckt werden. Auch, weil sich wohl auch hier immer mehr Menschen Gedanken machen, was unter ihrer "Standfläche", ihrem bei uns im "Grundbuch" als sog. "Eigentum" eingetragenen Erdoberflächenanteil los ist bzw. war. Der Grund ist nämlich keineswegs immer solide, sprich "Trägt mich", sondern gelegentlich bricht da plötzlich was "durch" und man ist "versunken". Schaut man dann genauer nach, dann tun sich da, vollkommen "unerwarteterweise", links und rechts Erdlöcher auf, durch die man in die "Vergangenheit" eindringen kann. Dann ist da nichts drinnen, kein "Schatz", den wir doch auf Grund der Märchenerzählungen immer gerne im Innern der Erde erwartet hatten. Einmal im Leben eine Entdeckung machen - und die verändert das ganze noch folgende Leben - ein Traum. Und dann entdeckt man da ein Loch - und es ist nichts drinnen, außer lauter "Geheimnissen". Warum hat sich bloß jemand so einen Tort angetan?
Bei der Erdstalltagung 2022 in Mold/Eggenburg, Niederösterreich gab es wieder einmal die Gelegenheit ein paar Erdställe in Ulrichschlag zu besuchen. Teilweise kannten wir sie schon vom früheren Besuch, teilweise waren sie aber ganz "neu". Ein kleiner Bildspaziergang durch die Objekte, die sich auf den Bildern oft viel besser erleben lassen, als wenn man sich selber da noch hineinmüht und abrackert. Trotzdem, auch das hat etwas für sich.
Literatur:
Bednarik, Edith | Ulrichschlag, Der Erdstall, Heft 37, Roding 2011 |
Links:
http://www.suedmaehren.at/ort/ulrichschlag/
https://www.gutenbrunn.gv.at/leben-und-wohnen/leben-in-gutenbrunn-ulrichschlag/
2010er Treffen des Arbeitskreises für Erdstallforschung in Raabs an der Thaya
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