Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Lochsteine und Durchkriechbräuche in Großbritannien
Ein paar Beispiele:
· Mên-an-Tol bei Madron, Cornwall
Dieser Lochstein ist wohl "der Klassiker"!
Julia Lindenmayr im Lochstein
"The Men-an-Tol (Rev. Cotton, 1826)", from: antiquities of west cornwall, GUIDE ONE the men-an-tol holed stone, by Ian Cooke, Bosullow 1990
Ausgerechnet am Guy Fawkes Day, dem 5. November 1999, tauchte auf einmal eine schier unglaubliche Nachricht auf: Auf den Men-an-Tol-Stein wurde ein Attentat verübt. Vermutlich war es Napalm, das da über den Stein gegossen und angezündet worden ist. Später tauchte ein anonymer Bekennerbrief auf, in dem gedroht wurde, den Stein zu entfernen und im eigenen Garten aufzustellen! Verrückt alles, aber wirklich passiert.
Links:
· Durchlöcherte Deckplatte im Dolmen Trethevy Qoit bei St. Cleer, Cornwall
· Lochstein beim Merry Maidens Stone Circle, Cornwall
· Tregeseal Holed Stones, Cornwall
"In der Nähe des dortigen Steinkreises. Es gibt 3 stehende und 1 liegenden und einen zerbrochenen Lochstein. Ein weiterer, der wohl früher dazugehört hat, liegt heute etwas nordwestlich davon. Noch ein weiteres Exemplar gibt es, das eine noch größere Öffnung hat, ca. 30 m nordöstlich davon. Alle Steine wurden vor einigen Jahren vom Bauern Egbert Rows wiederhergerichtet. Alle Steine sind zwischen 1 und 1,5 m hoch mit einer kreisrunden Öffnung von etwa 3 Inch Durchmesser, außer dem vorhin erwähnten Stein, dessen Öffnung etwa 7 Inch beträgt." (aus: Straffon, Cheryl, ANCIENT SITES IN WEST PENWITH, Penzance 1992)
· Tolvanstein in Gweek, Cornwall
"A Healing Ritual at the Tolmen near Gweek (Joseph Blight, 1880)", from: antiquities of west cornwall, GUIDE ONE the men-an-tol holed stone, by Ian Cooke, Bosullow 1990
Eine winzige Lochsteinöffnung an einem Stein des Dolmens von Kenneth Long Barrow bei Averbury - geschmückt mit eingeknüpften Getreideähren, August 1992
· Durchkriechöffnung im Dom von Ripon, Yorkshire
Der Dom von Ripon hat eine sehr lange Geschichte, die bis zum Jahre 672 nach Chr. zurückreicht. Für Sankt Wilfrid wurde in diesem Jahre eine Krypta errichtet, die wahrscheinlich älteste sächsische Krypta in ganz England. Sie soll uns an das Grab Jesu erinnern und eine Bestätigung dafür sein, daß "er auch heute noch bei uns lebt". Die Krypta liegt direkt unter dem Hochaltar der Kirche.
Als ich im Sommer 1999 das erste Mal diese für den kleinen Ort Ripon überraschend große Kirche besuchte, da stand ich etwas verloren da. Wo sollte die Durchkriechöffnung denn sein? War sie bei den Altären, in einem Seitenschiff? Nirgends war etwas zu sehen. Ich stieg in die Krypta hinunter, ein enger, niedriger Gang führte da runter, führte in einen kleinen Raum mit einigen beleuchteten Nischen und einem seltsamen Stufengebilde am Boden. Aus diesem Raum führte ein weiterer enger Gang auf der anderen Seite der Krypta entlang bis zu Treppen, die wieder hinauf in die Kirche führten. Auch da war eigentlich nichts zu sehen. Etwas frustriert stieg ich wieder nach oben und suchte weiter. Da stieß ich auf eine Schautafel, die die vielen Besonderheiten der Kirche erläuterte. Und da war endlich der Hinweis auf "St Wilfrid's Needle"! Ich suchte kein Phantom, sondern es gab sie wirklich, die Durchkriechöffnung, drunten in der Krypta. Ich stieg wieder hinunter und schaute sie mir an. Das Treppengebilde hatte damit zu tun, die Nische drüber und die Lampe, die darin steht. Schade, daß man diesen Ort so unglücklich heute gestaltet hat. Durch die Lampe ist es heute unmöglich, sich da durchzuzwängen. Man würde die gesamte elektrische Anlage zerstören. Wußte ich mal um die Bedeutung der Örtlichkeit, so schaute ich ganz anders auf den Durchschlupf. Dick durfte man nicht sein, um da durchzukommen. Männer mit dicken Bäuchen und Frauen mit großen Brüsten haben da wohl große Probleme gehabt, durchzukommen. Man mußte sich auf die Seite legen, um durchzukommen. Für die Bauchlage war es viel zu eng. Früher kam man wohl über die Treppe aus der Kirche herunter und mußte in die enge Öffnung hinein, um überhaupt in die Krypta hineinzukommen. Die glatten Flächen an den Steinen um die Öffnung zeigen, daß diesen Weg viele viele Menschen gegangen oder besser geschloffen sind. Heute ist uns das leider unmöglich gemacht worden. Schade.
Lewis Carroll, weltberühmt geworden durch seine Geschichte "Alice's Adventures under Ground", kam ausgerechnet aus Ripon, und die These, daß die Eingangsszene der Geschichte durch eine Durchkriecherfahrung von Carol beeinflußt war, scheint nicht nur mir sehr wahrscheinlich.
Wie heißt es da doch: "Plötzlich lief da ein weißes Kaninchen mit roten Augen an ihr vorbei. Das war nichts Besonderes.... Ein Kaninchen mit einer Weste und oberdrein einer Uhr in der Tasche - das war etwas Besonderes! Voller Neugier rannte sie ihm über die Wiese nach und sah gerade noch, wie es in einem großen Kaninchenloch unter der Hecke verschwand.
Im nächsten Augenblick kroch Alice hinter ihm hinein, ohne lang zu überlegen, wie sie da je wieder herauskommen sollte.
Zunächst führte der Gang wie ein Tunnel in die Erde. Doch dann ging es so plötzlich senkrecht nach unten, daß Alice, ehe sie denken oder bremsen konnte, hinunterpurzelte.
Entweder war der Schacht sehr tief, oder sie fiel ganz langsam. Während sie nämlich tiefer und tiefer sank, konnte sie sich in aller Ruhe umsehen und überlegen, was nun noch passieren würde. Sie versuchte hinunterzuschauen, wohin sie eigentlich fiel, aber dort war alles dunkel..."
(Carroll, Lewis, Alice im Wunderland, Dressler Kinder-Klassiker, Aus dem Englischen von Barbara Teutsch, Hamburg 1989)
· Blowing Stone bei Uffington, Oxfordshire
Lochmenhir von Kircowan, Wales
"..an der Grenze von England und Wales..nach einer Sage diente der Stein als Verbindungsglied zwischen zwei jungen Nachbarvölkern, die beschlossen, Freuden und Leiden zu teilen. Vor den versammelten Stammesgenossen gaben sich die zwei Häuptlinge durch das Loch hindurch die Hand." (Niel, Fernand, Auf der Spuren der großen Steine, Stonehenge, Carnac und die Megalithen, München 1974)
"Spirit Hole" in einem der "uprights", die den St. Lythans Dolmen bilden
1891 schrieb Wakeman noch, daß dies der berühmteste Lochstein der Welt sei. Sir Walter Scott hat ihn in seinem Roman "Der Pirat" für ihn "unsterblich" gemacht. Dort soll der Eid auf Wotan oder Odin geschworen worden sein. Man gab sich dazu die Hände durch den Stein. Ein so geschworener Eid wurde für besonders feierlich und bindend angesehen.
Lochstein in Woodborough, Wiltshire
Photo Nick
Lochstein in Pewsey, Wiltshire
..in der Nähe eines Baches, der in der Nähe des Parkplatzes des Shoppingcenters der Gemeinde fließt
Photo Nick
Lochstein in der Kirche von Alton Priors, Wiltshire
Der Lochstein befindet sich unter den Holzbrettern des Kirchenbodens. Die Kirche stammt noch aus der Zeit der Sachsen. Der Stein soll einst senkrecht gleich bei der heiligen Quelle gestanden haben, die keine 20 Meter entfernt ist.
Photo Nick
Gleich neben der Kirche steht ein 2000 Jahre alter Eibenbaum, der inzwischen auch schon ganz schön ausgehöhlt ist. Die Öffnungen in Bäumen wurden auch einstmals zum Durchschlüpfen verwendet. Vielleicht auch diese. Ein bemerkenswertes Kapitel "Baumspeläologie".
Devil's Ring & Finge bei Mucklestone, Staffordshire
The Bridestone at Congleton
Blidworth Boulder, Nottinghamshire (hat angeblich etwas mit den "Druiden" zu tun)
photos Alan Higgins
https://www.atlasobscura.com/places/the-druid-stone-nottinghamshire-england
http://blidworthhistoricalsociety.co.uk/74612.html
Bargain Stone auf dem Gelände der Kirche St Peter's in Wolverhampton / West Midlands
Literatur:
Timpson, John | Timpson's England - a look beyond the obvious, Jarrold Publishing 1987 |
Engels, Christoph | 1000 heilige Orte - Die Lebensliste für eine spirituelle Weltreise, Potsdam 2009 |
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