Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Eigentum und Höhle


Entrische Kirche, Land Salzburg, A


"Alles in dieser Welt, von dem du denkst, es gehört dir, ist nicht wirklich deins, sagt Zeidi. Es kann dir jeden Augenblick genommen werden." Feldman, Unorthodox 88

"Jede Mauer, so hoch sie auch sein mag, wird eines Tages eingerissen werden. Und mit den Steinen fallen auch jene, die sie errichtet haben.
Wer zum Schutz der eigenen Vorteile Mauern baut, hat das Ende seiner Entwicklung erreicht."   Lukas Bärfuss, Krieg und Liebe

"Besitz ist das, was Einer hat." Xenophon, Der gute Hausverwalter

"Das Privateigentum scheint so natürlich wie der tägliche Sonnenaufgang. Aber natürlich ist an ihm gar nichts. Das Privateigentum ist eine Idee...Eigentum beschreibt ein Verhältnis, eine Beziehung, und jede Beziehung verändert sich mit der Zeit. Eigentum bleibt nicht gleich. Das, was wir Eigentum mennen, entzieht sich einer verbindlichen Definition, und die Sachen, die wir damit bezeichnen, unterscheiden sich ganz erheblich. Was können ein Gedanke und ein Acker gemeinsam haben? Eigentumsrechte sind niemals total. Sie können es nicht sein, denn sie kollidieren mit anderen Rechten...Eigentum ist zu einem großen Teil unverdient...Je größer das Privateigentum, umso größer die gesellschaftliche Vorleistung...Eigentum muss verteidigt werden, ständig, ohne Unterlass, bis zum Augenblick des eigenen Todes, oder eben, bis man seine Rechte aufgibt und das Zeug an die Straße stellt..Gegen wen muss man sein schönes Eigentum verteidigen? Gegen die Faulen, gegen die Diebe, gegen die Vaganten..gegen den Regen, gegen die Sonne..
Wer das Privateigentum in Zweifel zieht...gilt als verrückt und gefährlich...wir fügen dem Privateigentum das Gemeingut hinzu.."
Bärfuss, Vaters Kiste

"Näher trat sie heran, die Titanin, sie kniete zur Erde
Nieder, um so sich kühlendes Wasser zum Trunke zu schöpfen.
Aber die Menge verbot es. Da sprach zu den Bauern die Göttin:
"Wie? Ihr verwehrt mir das Wasser? Das ist doch allen gemeinsam!
Niemand gab die Natur die Sonne, die Luft und das feine 
Wasser zu eigen: ich kam zu Gaben, die allen gehören!
...einzig den Durst will ich löschen.
...drohen ihr, wenn sie nicht gehe.." Ovid, Metamorphosen    (..die Geschichte geht schlecht aus für die "Bauern"

"..the first religious effect of the Agricultural Revolution was to turn plants and animals from equal members of a spiritual round table into property.." Harari 236


Malachitdom


Jedesmal wenn ich wieder ein Photographierverbot bei einer Höhle sehe, dann frage ich mich, wieso irgend jemand auf dieser Erde das RECHT haben soll, einem anderen Menschen zu verbieten, ein Stück Natur zu photographieren. Gemeinhin wird das damit begründet, daß es Privateigentum sei, und der Eigentümer damit tun und lassen kann, was er will. In noch höherem Maße gilt das für das Besuchsverbot für eine Höhle, weil sie auf "Privatgelände" liege. 

Längst ist der Satz schon gesprochen worden, daß "Eigentum Diebstahl" sei - von Proudhon. Unser Grundgesetz garantiert zwar das Privateigentum, fügt allerdings hinzu, daß sein Gebrauch auch der Allgemeinheit zu dienen habe. Da ist halt die Frage, ob etwa solche Verbote dem entsprechen oder nicht.

In dem 2021 erschienenen Buche "Mehr Nichts", nach der Coronapandemie erschienen, werden wieder einmal die alten Fragen gestellt: "Warum soll ein Mensch ein Stück der Erde besitzen können? Würde es nicht reichen, zwar Wohnraum besitzen zu können, nicht aber den Grund, auf dem er steht? Ist die Erde nicht für alle da? Wie kann einem Einzelnen die Erde gehören (und sei es auch nur ein Stück davon)? Rein rechnerisch, wenn jeder Mensch für sich beanspruchen würde, ein Stück erschlossene und bewohnbare Erde zu besitzen, wie viel Platz bliebe dann noch für den Einzelnen?"

Nach römischem Recht besitzt jemand effektiv nur das, "was er legal erworden hat". Im Recht der Wikinger heißt es: "Du besitzt effektiv nur das, "was du auch beschützen kannst". (Morison 38). Alles Übrige gehört defacto dem, der stark und listig genug ist, es sich zu nehmen. So eine kritische Situation habe ich einmal in einer neuseeländischen Höhle mitgemacht, wo sie unmittelbar vor dem Kippen gewesen ist......

Ein beühmter Fall, wo es um das durch Kauf erworbene Eigentum an einer Höhle geht, der steht in der Bibel. In Kapitel 23 wird von Abraham erzählt, der von dem Hethiter Efron die Höhle Machpela für "ein paar Silberlinge" kauft. Sie soll zur Grabstätte für die verstorbene Frau Sara werden. Noch heute geht der Streit darum, ob nun die Palästinenser oder die Juden die rechtmäßigen Nachkommen sind (siehe Bärfuss S. 200). 
https://www.bibleserver.com/NLB/1.Mose23 Höhle von Machpela
Liest man die Geschichte genau, dann wird die Höhle in Wirklichkeit nicht verkauft, sondern der "Hethiter" will kein Geld für das unterirdische Objekt, Abraham bekommt es zum Zwecke der Verwendung als Grab ohne etwas dafür bezahlen zu müssen! Was für eine Geste! Da gibt es Dinge und Vorgänge auf dieser Welt, die nicht für Mammon zu haben sind. Die viel wichtiger sind: das Leben und der Tod vor allem!

Wird fortgesetzt.....

Ein Gegenmodell zum "Privateigentum": die Isola delle Femmine vor Palermo im Mittelmeer / gemeinsam eine Insel kaufen und ein Zeichen setzen: "Die gemeinschaftliche Aneignung der Insel durch Tausende von Frauen sei ein Akt der Rebellion gegen Exklusivrechte an ihr..." Diehl, Reines Kunstwerk 126

Peter Sloterdijk hat eine alte Idee wieder aufgegriffen und in dem 2023 erschienenen Werk "Die Reue des Prometeus" vorgestellt: das Eigentum an den in den Territorien der Nationalstaaten vorkommenden "Bodenschätze" zum "Weltbodenschatzerbe" erklären. Alle würden damit zu "Treuhändern des Menscheitsschatzes", der für alle da ist, sowohl für alle heutigen Menschen als auch alle Künftigen. Zu fragen bleibt natürlich, warum nur für die "Menschen"...... Das ist zumindest ein diskussionswürdiger Ansatz.

   

Kaputtbesitzen...

 


Literatur:

Bärfuss, Lukas (2018): Krieg und Liebe, Wallstein-Verlag, Göttingen

Bärfuss, Lukas (2023): Vaters Kiste, Rowohlt, Hamburg, 3. Auflage

Diehl Ute (2020): Reines Kunstwerk - Vier Künstlerinnen suchen 350 000 andere Frauen, die mit ihnen eine kleine Insel vor Palermo kaufen, art Mai 2020, S. 126

Esch Prof. Dr. Tobias (2021): Mehr Nichts! Warum wir weniger vom Mehr brauchen, Goldmann, München 

Feldmann Deborah (2020): Unorthodox, Simon & Schuster, New York

Harari, Yuval Noah (2011): Sapiens - A Brief History of Humankind, Vintage

Huber, Peter (1997): Besitzstörungsverfahren wegen Höhlenforschertätigkeit, ATLANTIS 1-1997, S. 30ff.

Klappacher, Walter (1974): Salzburg im Ausverkauf, Vereinsmitteilungen Salzburg 1-1974

Loick, Danien (  ): The Abuse Of Property

Marten, Rainer (2017): Lob der Zweiheit, Verlag Karl Alber, München

Morizot, Baptiste (2018): Philosophie der Wildnis – oder – die Kunst, vom Weg abzukommen, Reclam, Stuttgart  

ohne Verfasserangabe (1994): Hochkönig Katastergruppe 1332, ATLANTIS 3-1994, S. 13

Ovid (2003): Metamorphosed - Verwandlungen, dtv, 10 Auflage, München

Redecker, Eva von (2020 ): Revolution für das Leben, Fischer

Sloterdijk, Peter (2023): Die Reue des Prometheus - Von der Gabe des Feuers zur globalen Brandstiftung, Sonderdruck edition Suhrkamp, Berlin 

Strassberg, Daniel (2022): Ökonomische Grausamkeit, in: Der Teufel hat keine Zeit - Philosophisch-politische Betrachtungen, Rotpunktverlag, Zürich

Wilde, Oscar (2007): The Selfish Giant, in: The Collected Works of Oscar Wilde, Wordsworth Library Collection, S. 335

Links:

https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/eigentum-35391

https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/philosophie-des-eigentums-wer-immer-mehr-will-ist-nicht-autonom-nur-sklave-seiner-gier

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