Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Geschichte der (Höhlen)Photographie
"Nadar...the theory of photography could be learnt in an hour, and its techniques in a day, but what couldn't be taught were a sense of light.....and the psychological side of photography." Julian Barnes, Levels of Live 17
"Der Mensch...der Prothesengott...In der photograpischen Kamera hat er ein Instrument geschaffen, das die flüchtigen Seheindrücke festhält, ... im Grunde Materialisation des ihm gegebenen Vermögens der Erinnerung, seines Gedächtnissen." Freud, Sigmund, Das Unbehagen an der Kultur
"...dass es verschiedene Photographen sein müssen. Das erkennt man.....An der Motivauswahl. Am Umgang mit den Lichtverhältnissen....Vor allem am Blickwinkel. Was man zeigt und was man wegläßt." Lübkes 271
Alte Höhlenphotographie...erste Darstellungsversuche
Im Jahre 1798 begann eine neue Zeit für den Versuch des Menschen, der Flüchtigkeit des Augenblicks etwas entgegen zu setzen. Schon seit der Steinzeit hatten Menschen an die Wände von Höhlen Tiere, Menschen und Symbole gemalt. Später hat man Mauerwände oder auf Leinwände gemalt, was zu sehen war - und was bezahlt werden konnte. Oft religiöse Motive und reiche Persönlichkeiten.
Mit der Camera Obscura hatte man eine Methode entwickelt, die Verdoppelung der Welt in ein Objekt von ihr und ein Abbild davon zu erreichen. Aber wenn das Licht abgestellt wurde oder die Sonne verschwand, verging auch das Bild. So ein Bild zu fixieren auf einem lichtempfindlichen Material, das war die Absicht von Joseph Nicèphore Nièpce. Ihm gelang es als erstem, auf Chorsilberpapier so ein Bild festzuhalten.
Der Anfang der Photographie war gemacht (griech. photo = Licht, graph = zeichnen, schreiben). Nicht eine einzelne Person hat sie entwickelt, sondern viele Generationen von Tüftlern, Privatgelehrten und heute auch Firmen haben daran gearbeitet.
Es gibt schon viele ausgezeichnete Darstellungen darüber, auf die hier hingewiesen sein soll. Man muß das Rad nicht immer neu erfinden, aber ich staune, was es alle so gibt und wovon andere, oft aus einem anderen Land kommend, scheinbar noch nie etwas vorher gehört zu haben scheinen.
Auf diesem Gebiet ist noch einiges zu entdecken.....
Der Hintergrund für diese Untersuchung der Photogeschichte ist die Frage, wie sich die technische Entwicklung der Photographie sich auf das Photographieren in Höhlen ausgewirkt hat. Das beginnt mit den Kameras und führt bis zu Beleuchtungsmitteln und Transportgefäßen, von der Glasplatte bis in die Cloud.
IV BC | Camera obscura.... schon Aristoteles bekannt |
1816 | Erste Kamera aus Holz von Niepce |
1826 | Erstes Photo von Niepce |
1835 | Fox-Talbot gelingt das erste Photo mit einer Positiv-Negativ-Technik (Erkerfenster von Lacock Abbey) |
1837 (1839) | Franz von Kobell erstellt eine Aufnahme der Münchner Frauenkirche. In Lösung getränktes Salzpapier wurde in eine Kamera gelegt und mehrere Stunden lang belichtet. Anschließend Behandlung mit Ammoniak, was das Bild längerfristig auf dem Papier fixierte (Coper, Das älteste Foto Deutschlands R2)-Carl August Steinheil und Franz von Kobell präsentieren erstmals ihr Photoverfahren (Sloterdijk, Grau 143); KNA "Deutschlands ältestes Foto liegt in München" |
1839 | Erste Veröffentlichung des von ihm mitentwickelten Daguerrotyp-Verfahrens durch den französischen Malers Louis Daguerre in der Akademie der Wissenschaften. Die Rechte an dem Verfahren wurden von der französischen Regierung erworben. Es wurde auf einer spiegelglatt polierten Metalloberfläche ein Bild erzeut. In der Regel wurden versilberte Kupferplatten gennutzt. Man bekam gut strukturierte und fein nuancierte Bilder. Nachteil war die Gesundheitsgefährdung des Fotographens wegen der giftigen Dämpfe, die langen Belichtungszeiten und die seitenverkehrte Abbildung des Motivs. |
1839 | Henry Becquerel entdeckt den Fotoeffekt (durch Lichteinstrahlung werden elektrische Ladungsträger freigesetzt) |
1855 | Franz Hanfstaengel gewinnt Goldmedaille für die Vorführung erster retouchierter Fotos auf der Weltausstellung in Paris / zweite überhaupt, die erste mit einer Fotoausstellung |
ab 1859 | Photographieren mit Magnesiumlicht (Erzeugung von Licht mittels glühendem Magnesiumband bzw. -draht)....Aufnahmen in der Grabkammer von Gizeh durch Charles Piazzi Smyth |
ab 1860 | Vordringen des Positiv-Negativverfahrens von Fox-Talbot |
1860/61 | Nadar macht die ersten "Untergrundaufnahmen"
in den Katakomben von Paris (23 Stück, Bilder brauchten 18 Minuten
Aufnahmezeit) Beleuchtungstechnik: Akkumulatoren auf der Straße, Leitungskabel in die unterirdischen Gänge, Fotographieren bei elektrischem Bogenlicht und mit Magnesiumlampen |
1861 | Eduard Liesegang entwickelte die Idee, durch Entzündung von Magnesium Licht zu erzeugen, das als Lichtquelle bei der Photographie dienen konnte |
1863 | Adolphe Braun macht Stereoaufnahme in Gletscherhöhle bei Grindelwald |
1865 | Adolphe Braun macht Stereoaufnahmen von Gletscherhöhle im Berner Oberland / Rhonegletscher |
1868 | Emil Mariot photographiert mit Magnesiumlicht in der Adelsberger Grotte |
1875 | Friedrich Simony macht am 5.9. eine Photo der Hochwassersituation bei der Koppenbrüllerhöhle |
1887 | Einführung einer explodierenden Pulvermischung zur Beleuchtung durch Johannes Gaedicke und Adolf Miethe in Berlin |
1888 | Kodak verkauft erste kommerzielle Kamera: "You press the botton, we do the rest." Werbespruch |
1890 | Rittmeister Baron Lilien fotographierte erstmals in der Höhle mit Magnesiumblitzlicht in der Kolowrathhöhle im Untersberg, Salzburg |
1892/93 | Erster Einsatz von Lichtbildern in einer (deutschen) Universität (im Fach Kunstgeschichte) |
1906 | Einführung des Farbfilms |
1924 | Beginn der Serien-Produktion der Leica-Kamera (Barnack 105) in einer Fabrik der Firma Leitz / entwickelt von Oswald Barnack (die üblichen klobigen Plattenkameras waren für ihn zu schwer) |
1928 | Johannes Ostermeier entdeckt, daß reines Magnesium oder Aluminium, das in einer Blitzlichtbirne in einer Sauerstoffatmosphäre untergebracht ist, elektrich entzündet werden kann. Große Helligkeit für 1/30 Sekunde. |
1932 | Vorstellung der ersten Kleinbildkamera der Welt (?) durch die Zeiss-Ikon-AG (Contax) |
1935 | Die Firma Ihagee aus Dresden stellt den ersten Fotoapparat mit eingebauter Blitzsynchronisation als Exakta Modell B her. Man arbeitet mit Osram Vacublitz Blitzbirnen. |
1936 | Agfa bringt ersten Farbfilm auf den Markt |
Ende der 30er Jahre | Harold E. Edgerton, Professor am MIT, entwickelt das erste Elektronenblitzgerät. Mit Hilfe einer Blitzröhre wird ein kurzer, sehr heller Lichtblitz erzeugt. |
1948 | Erste Sofortbildkameras von Polaroid |
1960er Jahre | Honeywell und Rollei stellen fast gleichzeitig die ersten Computerblitzgeräte vor |
späte 70er Jahre | Sklavenblitzauslöser kommen zum Einsatz |
1991 | Erste professionelle Digitalkameras |
2010 | Die vierte Generation des iphones verfügt über eine digitale Kamera |
So sieht heute zum Beispiel das Erbe aus, das uns unsere Vorväter der Höhlenphotographie hinterlassen haben.... >
Die Höhlendiasammlung im Landesverein für Höhlenkunde in Salzburg im Schloss
Hellbrunn
Links:
http://www.photo-museum.org/photography-history/
https://www.britannica.com/technology/photography
https://petapixel.com/2015/05/23/20-first-photos-from-the-history-of-photography/
https://www.thesprucecrafts.com/brief-history-of-photography-2688527
https://www.deutsches-museum.de/ausstellungen/kommunikation/foto-film/
Literatur:
Barnes, Julian | Levels of Life, Jonathan Cape, London |
Coper, Sophia | Das älteste Foto Deutschlands, SZ Nr. 122, 29./30.Mai 2024, R2 |
Faber, Monika, Schneck, Hanna | Emil Wrbatas Weg vom Höhlen- zum Polizeiphotographen, in: Schneck, Hanna (Hrsg.), Blitzlicht in der Unterwelt. Emil Wrbata fotografiert Erdställe und Tatorte, 1895–1930 (= Beiträge zur Geschichte der Fotografie in Österreich, Band 20), mit Beiträgen von Otto Cichocki, Monika Faber, Hanna Schneck, Josef Weichenberger und Emil Wrbata, Salzburg: Fotohof edition, 2020 |
Freud, Sigmund | Das Unbehagen an der Kultur, hg. v. Lothar Bayer und Kerstin Krone-Bayer, Reclam, 2010 |
Gaedicke, Johannes, Miethe, Adolf | Praktische Anleitung zum Photograpfiren bei Magnesiumlicht, Berlin 1887 |
Haegele, Ulrich, Schühle, Judith | SnAppShots. Smartphones als Kamera, Visuelle Kultur, Studien und Materialien, Band 14, Waxmann-Verlag, 2021 |
Hoch, Marc | Die legendärste Kamera der Welt, SZ Nr. 133, 11./12.06.2022, S. 16 |
Howes, Chris | To Photograph Darkness. The History of Underground and Flash Photography, Gloucester 1989 |
Howes, Chris | Photographing Caves, in: Gunn, J., Ed.9 Encyclopedia of Caves and Karst Science, New York and London, p. 637-639 https://sudartomas.files.wordpress.com/2012/11/encyclopediaof_cavesandkarstscience.pdf |
(Kemp) | Licht - Bild - Experiment. Franz von Kobell, Carl August Steinheil und die Erfindung der Fotografie in München, Wallstein-Verlag, Göttingen 2024 |
KNA | Deutschlands ältestes Foto liegt in München, SZ Nr. 117, 23.05.2024, R2 |
Küstner, Gerhard | Höhlenfotografie und Computerblitz, Der Schlaz 17-1975, S. 34ff. |
Lüpkes, Sandra | Das Licht im Rücken, Kindler, Hamburg 2023 |
Schenkel, Elmar | Keplers Dämon - Begegnungen zwischen Literatur, Traum und Wissenschaft, S. Fischer Wissenschaft, Frankfurt a.M. 2016 |
Sloterdijk, Peter | Wer noch kein Grau gedacht hat, Suhrkamp, Berlin 2022 |
Ullrich, Wolfgang | Die Geschichte der Unschärfe, Wagenbach, Berlin 2002/2009 |
Links:
https://publicdomainreview.org/essay/photographing-the-dark-nadars-descent-into-the-paris-catacombs
https://www.metmuseum.org/art/collection/search/286161
https://photo-museum.org/ Nicéphore Niépce / 1816 / https://akvis.com/en/articles/photo-history/niepce.php
https://akvis.com/en/articles/photo-history/beginning.php
Kurze Geschichte der Photographie in den Bayrischen Alpen
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