Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Wilhelm Hauff, Lichtenstein und die Nebelhöhle
"Man hat sich in Deutschland daran gewöhnt, dass die Geschichte für einen erfunden wird." Lewinsky 178
"Man muß Bücher nie ganz lesen, man soll sie nur durchblättern." Thomas Bernhard, Alte Meister, Suhrkamp, Frankfurt 1985, 2008 (Kleiner Einspruch: Wenn das Wort "Höhle" vorkommt, sollte man kurz haltmachen und schauen, wofür es dort steht!
"Bücher
sind stille Wesen, man
hört sie nicht" (Reiner Kunze, Schuldiggebliebenen Antwort)
Ein Thema für HÖREPSY 2016!
Vom November 1825 - März 1826 arbeitete Wilhelm Hauff, der damals
gerade 23 Jahre zählende Schriftsteller, gebürtig in Stuttgart, an dem Roman
"Lichtenstein". Später wird es heißen es sei der erste "schwäbische Roman"geworden, der sei der erste historische Roman Deutschlands von einem
Literaten, dessen Namen man auch heute noch kennt (etwas anderes gilt für
Literaturwissenschaftler). Vorbilder aus Schottland, Walter Scott (Waiverly,
Ivanhoe...), und Nordamerika, James Fenimore Cooper (Lederstrumpf) und
Washington Irving (The Sleepy Hollow), hatten schon
vorher sehr erfolgreich auf diesem Sektor gewirkt.
Hauff wollte nun das aufnehmen, "was in unseren Tälern gewachsen ist"
(Lichtenstein, S.11). Angebliche gründliche historische Studien über den Herzog
Ulrich von Württemberg brachten einen großen Teil des Materials, das er später
mehr oder weniger frei verwendete.
Manche haben Hauff zu einem "romantischen Schriftsteller" gemacht, aber das war er nicht. Das hängt natürlich davon ab, was man unter "Romantik" versteht - ein weites und sehr reizvolles Thema.
Es ist spannend, sich in die Geschichte zu vertiefen - und man wird schnell Parellelen zu Putin und der Besetzung der Krim zu Beginn des 21. Jahrhunderts zum Beispiel entdecken. Da überfällt ein Herzog die unabhängige Stadt Reutlingen und einverleibt sie seinem Territorium. Das ist der "Bündnisfall" für die mit diesem einstmals unabhängigen Territorium und die Verbündeten treten an, um dieses Gebiet wieder "freizuhauen". Missetäter, der schwäbische "Putin", flieht - in eine Höhle und wartet auf den Moment, wo er wieder auf der Erdoberfläche auftauchen kann, ohne daß man ihn sofort am Spieß röstet, ein Verfahren, daß man niederen Chargen durchaus zugemutet hat.
Aus der mit Fellen verkleideten Fluchthöhle zurück in die kunstgeschmückten Herrscherhäuser - mal oben , mal wieder unten. Die Höhle, ein nur wenige bekanntes Durchgangsquartier für einen, der für einen Augenblick ein verfemtes Alphatier abgab.
Von der "Ulrichshöhle (oder hohler Stein) bei Nürtingen,
heißt es der Sage nach, daß Ulrich von Liechenstein dort zurückgezogen hätte
und den Felsspalt bewohnt habe. (Kraus, Franz, Höhlenkunde, Wien 1894) https://www.leo-bw.de/web/guest/detail-gis/-/Detail/details/DOKUMENT/lmz_bilddatenbank_02/LMZ410166b/Die+Ulrichshöhle+bei+Wolfschlugen-Hardt+1909
Literatur:
Binder, Hans | Die Höhlenfeste und ihre Bedeutung für die Entwicklung eines „Höhlenbewußtseins“ im Schwabenland. In: Schwäbische Heimat 20/3 (1969), S. 173 – 180 |
Binder, Hans | Ein Fürst und ein Dichter begründen den Ruhm der Nebelhöhle. In: Die Nebelhöhle. Abhandlungen zur Karst- und Höhlenkunde, Reihe A, Heft 4, 1969, S. 33 - 55 |
Crusius, Balthasar | 1596 |
Hartig, Sylvia | Schloß Lichtenstein - ein Eigendenkmal des Grafen Wilhelm von Württemberg, Denkmalpflege in Baden-Württemberg 2/1999, S. 98-196 |
Hauff, Wilhelm | Lichtenstein, Roman aus dem 16. Jahrhundert, Ensslin & Laiblin Verlag, Reutlingen 1919 |
Hinz, Ottmar | Wilhelm Hauff. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten dargestellt. Rowohlts Monographien 1989 |
Kohlhaas, Wilhelm | Vom Turme, wo ich oft gesehen.... - Dichtung und Wahrheiten um
Lichtenstein und Teck Lied des geächteten Herzog Ulrich aus "Lichtenstein" von Wihlem Hauff, Albvereinsblätter 84 /1(1978,) 7-8 |
Kunze, Reiner | lindennacht, S.Fischer, Frankfurt a.M. 2007 |
Lewinsky, Charles | Kastelau, Nagel & Kimche, München 2014 |
Lindenmayr, Franz | Wilhelm Hauffs "Lichtenstein" und was der Roman mit der "Höhle" zu tun hat, in: Interessengemeinschaft Höhle-Religion-Psyche, Tagungsband 2016, Gröbenzell 2016 |
Nägele | Zu Wilhelm Hauffs Gedächtnis - Zur Haufffeier auf dem Lichtenstein Albvereinsblätter 14 /12(1902,) 377-379 |
Nägele | Herzog Ulrich und die Nebelhöhle, Albvereinsblätter 9 /6(1897,) 172-173 |
Paulus | Hauff – Lichtenstein, Albvereinsblätter 7 /6(1895,) 81-83 |
Pfäfflin, Friedrich, bearbeitet von | Wilhelm Hauff und der Lichtenstein, MARBACHER MAGAZIN 18/1981 |
Rychly Herbert, Warth Manfred | Ein Bericht über die Nebelhöhle aus dem Jahre 1685, Albvereinsblätter 87 /1(1981,) 3-4 |
Schönhuth, Ottmar, F.H. | Sagen und Geschichten von dem Lichtenstein und der Nebelhöhle, dem Kloster Bebenhausen, der Waldburg usw. usw., Stuttgart 1861 |
Schwab, Gustav | Die Neckarseite der Schwäbischen Alb, Stuttgart 1823 |
Schwab, Gustav | Wanderungen durch Schwaben, |
Walter, Eva | Ein schwäbisches Fabuliergenie – Zum 200. Geburtstag von Wilhelm Hauff – „Vordenker“ der Burg Lichtenstein, Albvereinsblätter 108 /6(2002,) 4-5 |
Widmann, Hans | Die Nebelhöhle in der Literatur. In: Schwäbische Heimat 3/2 (1952), S. 79 – 80. |
Zeller, Bernhard, hrsg. von, bearbeitet vom Friedrich Pfäfflin | Wilhelm Hauff und der Lichtenstein, Marbacher Magazin 18/1981 für die Ausstellung 1981 im Schiller-Nationalmuseum Marbach am Neckar, Marbach 1981 |
Links:
Wanderungen durch Schwaben von Gustav Schwab - Text im Projekt Gutenberg
Das Goethezeitportal: Wilhelm Hauff: Lichtenstein I
Das Goethezeitportal: Wilhelm Hauff: Lichtenstein II
Das Goethezeitportal: Wilhelm Hauff: Lichtenstein III
http://www.showcaves.com/german/explain/Literature/index.html
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