Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Anthropospeläologische Führung durch den Chiemgau
20. Mai 2004


In der Kirche von Urschalling


Höhlenburg Stein an der Traun


Anläßlich der Jahrestagung des Verbandes der deutschen Höhlen- und Karstforscher und der 50-Jahr-Feier des Vereins für Höhlenkunde in München fand diese Führung statt. Wir Münchner wollten unseren Gästen, aber auch uns, so weit das ging, schöne Dinge und Gelegenheiten für diesen festlichen Anlaß bieten.

Einer meiner Beiträge war diese Tour. Sie fußte natürlich auf einer guten Kenntnis der Region, die ich während vieler Jahre immer wieder aufgesucht hatte. Drei Hauptstationen gab es:

- die Kirche von Urschalling mit ihren berühmten mittelalterlichen Malereien. Für uns besonders interessant ist die Szene, wo eine Gruppe von Menschen im Maul eines Wolfes sich aufhält.

- die Kirche von St. Wolfgang bei Altenmarkt. Dort befindet sich einer der seltenen Durchschlupfsteine direkt vor dem Altar

und die Höhlenklause von Stein an der Traun.

Alfred Schlagbauer war so freundlich und übernahm die Zeitorganisation für die Tour, so daß mir viel Arbeit abgenommen worden ist. Danke Alfred.

Wir trafen uns am Donnerstag, den 20. Mai 2004, tatsächlich vor der der Festhalle. Mehr als 20 Leute sind zusammengekommen, lauter nette Leute, darf ich betonen. Im Eiltempo ging es ins Burghotel in den Keller, wo für HÖREPSY eine Abteilung im Keller reserviert und von Peter Hofmann gestaltet worden war. Hier war tatsächlich sofort ein funktionstüchtiger Beamer, der auch gleich aktiviert wurde, und mittels ihm meine vorbereitete Powerpoint-Präsentation zum Thema "Körper und Höhle" ablaufen konnte. Von der "Achselhöhle" über die "Duttengruam" bis zur Vagina war alles vertreten. Die Exkursionsteilnehmer sollten damit etwas für die Thematik angewärmt werden.

Der anfangs etwas straffe Zeitplan zwang zum schnellen Ortswechsel. Im Konvoi ging es hinüber nach Urschalling. Alfred wartete schon dort, unser Führer, ein echtes lokales "Gwachs", war auch schon da. Wir erreichten unser Ziel auch noch rechtzeitig, so daß es gleich losgehen konnte. Die Kirchenführung war ein Erlebnis. Sie sind selten geworden, die Originale, die mit einer so großen Inbrunst "ihr" Objekt den wohl in Scharen kommenden Leuten vorstellen. Für uns wurde das ansonsten verschlossene Kircheninnere aufgeschlossen und so konnten wir auch weiter in die Kirche hineingehen. Gleich waren da viel mehr und viel besser alles zu erkennen. Die Dreifaltigkeitsdarstellung, auch schon mal wieder von der Kirche verboten und einst gleich wieder übertüncht, der Reigen der Heiligen, und sofort gleich wieder weitere Anknüpfungspunkte für eine anthropospeläologisch interessierten Menschen: ein Drache bekommt einen Lanze in das Maul gehauen, eine Höllendarstellung mit züngelnden Flammen, und dann eben das Maul mit den Menschen. Es sollen die Heiligen sein, die von Christus, der ein Kreuz in der Hand hält, aus der Hölle wieder zurückgeholt werden. Ein starkes Stück Kunst.

Die Zeit war fortgeschritten, es war Zeit zum Mittagessen. Wir hätten keinen besseren Platz finden können. Eine herrliche bayerische Wirtschaft, ein Prachtwetter zum Draußensitzen, ein flinker Kellner und wohlschmeckende, auch nicht 08-15 Speisen (ich hatte z.B. Bärlauchsuppe und Marillenknödel). Und eine göttliche Ruhe ohne Verkehrslärm.

Es pressierte auch nichts, denn der nächste Programmpunkt stand erst um 14 Uhr auf dem Programm: die Kirche von St. Wolfgang. Inzwischen wird dieser herrliche Ort, in unserer Zeit wohl unvermeidlich, auch schon ganz schön ausgeschlachtet (ein Bildzeitungsartikel über "Geheimtips", wo man am Wochenende hingehen könnte, "bescherte" gleich hektakombenweise neugierige Besucher). Busweise kommen sie heute, auch die "Geomanten" stürzten sich auf den Ort, unserer äußerst charmanten und ziemlich attraktiven Führerin, die Mutter von 3 Kindern inzwischen, wurde das auch schon langsam zuviel. Für uns nahm sie sich aber alle Zeit der Welt und gestaltete einen höchst vergnüglichen und informativien Gang durch die Kirche. Der Höhepunkt ist natürlich das Kriechen durch den seit dem Barock dort sich befindenden Lochstein. Vorher waren an dieser Stelle nur zwei tiefe Löcher im Kalkfels, in die wohl schon früh die Menschen ihre Füße streckten. Was tut man nicht alles, wenn es einem wehtut. Schöne Geschichten wußte unsere Führerin zu berichten, von kranken Leuten oder von Brautpaaren.

Um 4 Uhr liefen wir bei der nächsten Station ein in Stein an der Traun. In der Wirtschaft, wo wir die Zeit überbrückten herrschte Überforderung, egal. Wir waren pünktlich. Unser sehr freundlicher und kompetenter Führer zeigte uns die Höhlenklause in der Konglomeratwand gleich neben der Höhlenburg. Es gilt erst einmal mehrere Felsnischen zu durchqueren, die alle irgendwie hinblickenswert gemacht worden sind, eh dann der Höhepunkt erreicht ist: der Felsbau, der sich unter das Steindach schmiegt. Liebevoll hat man die frühere Situation gestaltet. Da hängt neben dem Bett eine alte Soutane, aufgehängt auf einem alten Kleiderbügel. Auf ein schmalen Tisch neben dem Fenster steht ein Suppenteller, liegen alle Eßgeräte. Ich weiß nicht mehr, ob nicht irgendwo vielleicht noch die Schuhe abgestellt waren. Hier war ja früher die erste Schule des Ortes, erklärte der dort wohnende Einsiedler dem Nachwuchs die Welt. Ein schönes Ort ist es jedenfalls, besonders gegen Abend zu wegen der der Abendsonne zugeneigten Lage.

Es wurde Zeit zurückzukehren nach Aschau. Warteten doch schon die nächsten Programmpunkte auf die Teilnehmer, die Präsentation der neuen Münchner Höhlengeschichte, die Münchner Höhlenfilmnacht.

Gemälde aus der Kirche von Urschalling
Im Biergarten bei der Essenbestellung

v.l.n.r. Lorenz, Timer, Birnstiel, Henke

Bayern vom Feinsten -
im Freien in einem Biergarten

v.l.n.r.: Hofmann, Dienemann, Widmer,
unser Kirchenführer

St. Wolfgang bei Altenmarkt
Unsere attraktive Führerin bei der
Kirchenerklärung

in der Bildmitte der barocke Lochsttein

Das Ringen mit dem Lochstein

insbesonders wenn man es "richtig"
machen will

Beim Aufstieg zur Höhlenklause von Stein
Felsdach vor der Höhlenklause
Im nachmittäglichen Sonnenlicht in der
Höhlenklause
In der Klause
 

Die Leute, die wirklich was bewegen, jenseits von allen "Erfolgszahlen", wirklich was "leisten", jenseits von der Verpflichtung dem Finanzamt auch was angeben zu müssen, weil dafür ein paar Euros geflossen sind, denen wird ja viel zu oft nicht gedankt für ihre Leistung. Hier war es einfach Alfred Schlagbauer, der das alles einfach organsiert hat. Es ist gut und schön, daß wir in einer Welt leben, die solche "Gwachsa" hervorbringt. Und die bei uns mitarbeiten, wohl nicht zufällig!


Links:

Arbeitsgemeinschaft Höhle-Religion-Psyche


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