Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Der Hohlraum unter der Kirche von Hepberg, Südl. Frankenalb


Hepberg liegt nördlich von Ingolstadt im südlichen Landkreis Eichstätt. Mitten im Ort steht das renovierte St.-Oswald-Kirchlein, dem man wegen des guten Zustands, in dem es sich wieder befindet, sein Alter überhaupt nicht mehr ansieht. Über das Alter gibt es verschiedene Meinungen. Auf einer Internetseite über die Kirche heißt es, sie sei wohl im 11. oder 12. Jahrhundert gebaut worden, in einer wissenschaftlichen Arbeit (Rieder 1993) heißt es, "daß die Kirche im 13. Jahrhundert errichtet wurde".

Aus speläologischer Sicht ist der Kriechgang im Juradolomit wichtig, der unter dem ehemaligen rechten Seitenaltar wieder ausgegraben worden ist und unter der heutigen Oberfläche nach außen führt. Man hatte ihn in den sechziger Jahren bei der großen Kirchenrenovierung schon einmal entdeckt. dann aber wieder verfüllt. Später wurde er in Handarbeit wieder freigeräumt, eine Beleuchtung angebracht und ein geschmiedetes Gitter darüber angebracht.

Nach der örtlichen Überlieferung heißt es, der Gang habe zum "Meierhof" geführt. Rieder schreibt, daß es "sich sicherlich um keinen frühmittelalterlichen Meierhof handeln" könne. Die These, daß es sich um einen "Fluchtgang aus romanischen Kirchen" handele, meint er durch einen Hinweis auf zwei ähnliche Gänge im nahen Etting und in Wettstetten untermauern zu können.

Auf der Webseite wird die Idee vertreten, die Kirche sei früher eine "Zufluchtskirche" gewesen, worauf die "kleinen Fenster" hinweisen würden und der "Fluchtweg, der in der Südostecke der Kirche entdeckt wurde. Dieser Fluchtweg verlief in südöstlicher Richtung und endete in einem Busch oder in einer Scheune. Leider wurde beim Straßenbau dieser Gang zerstört."

Ich weiß natürlich nicht, ob die Verfasser obiger Zeilen jemals in dem Loch tatsächlich selber unten waren und wie tief sie drin steckten. Was sich da im Laufe der Jahrhunderte vielleicht abgespielt hat, das ist an nichts, was noch da ist, ablesbar. Ehrlich gesagt zweifle ich daran, daß da jemals ein langer Gang viel weiter geführt hat. Das Ganze macht auf mich den Eindruck einer kleinen Naturhöhle im Kalkgestein, auf die irgendwann jemand gestoßen ist. Der Zugang von oben wurde erweitert, um einen besseren Zugang zu haben. Wie groß der natürliche Hohlraum einmal gewesen ist, das kann man heute nicht mehr sagen, weil ja viel Gesteinsmaterial hereingebracht und später wieder herausgeschafft worden ist. Die Wände und die Decke der Höhle scheinen nicht bearbeitet worden zu sein. Das sind die typischen Formen des geschichteten Jurakalks, die keine menschliche Bearbeitung brauchen.

Auf jeden Fall ist das kein Erdstall, sondern ein gutes Beispiel für die vielen Spielarten im Überschneidungsbereich Naturhöhle/Künstliche Höhle.

Solch kleinen natürlichen Hohlräume wurden übrigens auch beim Bau der ICE-Strecke in der Umgebung angefahren und sich nichts wirklich Ungewöhnliches dort. >

ICE-Trassenhöhlen bei Stammham/Appertshofen

 
     
 
     
 
Besuch bei HÖREPSY 2016 

 

 

Literatur:

bee Riesenloch im Kirchenboden gibt Anlaß zu Spekulationen, Zeitungsartikel unbekannter Herkunft 
Gemeinde Hepberg, hrsg. von Hepberg - Beiträge zur Natur- und Kulturgeschichte des Hepberger Umlandes, Hercynia Kipfenberg 1993
Lindenmayr, Franz Der Hohlraum unter der Kirche von Hepberg, Südl. Frankenalb, in: Interessengemeinschaft Höhle-Religion-Psyche, Tagungsband 2016, Gröbenzell 2016
ohne Verfasserangabe Unterirdischer Gang in Hepberg, in: DER ERDSTALL 26, Roding 2000, S. 106f.

Links:

Bistum Eichstätt: Pfarrei St. Oswald, Hepberg:

St. Oswaldkirchlein

Erdställe


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