Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Landschaft und Höhlen der Reiteralm


In der Schrecksattel-Eishöhle 20. Juni 2003


Schrecksattel-Eishöhle

Reitertrett-Wasserschlinger

Schwarzbachloch

Aschauerklammhöhle

Rundwanderung Neue Traunsteiner Hütte - Wagendrischlhorn - Edelweißlahner - Neue Traunsteiner Hütte


Die Reiteralm, auch Reither Alpe bzw. Reither Steinberg genannt, nach dem Salzburger Ort Reith an der Saalach, fällt nach allen Seiten mit hohen hellen Felsflanken ab. Oben ist eine ausgedehnte Hochfläche mit großem landschaftlichem Reiz. Zirbenwälder, Latschenflächen, Wiesen und kahler Fels bestimmen das Bild zwischen 1500 und 1700 m Seehöhe. Nach Süden zu steigt das Gelände zwischen Eisberg und Häuslhorn bis 2300 m an, wo es nur noch nackten Karst gibt.

Das Schwarzbachloch, die wichtigste Karstquelle des Gebiets war schon immer dem Menschen bekannt und bereits auf der 1554 erschienenen Karte von Bayern von Apian eingezeichnet. Die auffallensten Eingänge waren sicherlich den Almbauern immer schon bekannt, so die "Kirche" und der "Wasserschlinger". Die Reiteralm war das erste Gebiet, das von Münchner und Salzburger Höhlenforschern gemeinsam erkundet wurde. Man muß dazu schon bis zum 5. August 1920 zurückschauen. Es war nur ein kurzes Aufflammen. Die Schrecksattel-Eishöhle wurde besucht und der Reitertrett-Wasserschlinger. Auch im Schwarzbachloch wurde mal gemeinsam geforscht und man unternahm einen Pumpversuch. Dann wurde es wieder sehr ruhig um dieses sehr schöne Karstgebiet. 

Still war es da oben nicht deswegen, denn ein großer Teil davon war Truppenübungsplatz und da wurde richtig die Aufschlagwirkung von Bomben erforscht. Außerdem war und ist im Innern des Gebirges eine "Sprengerprobungsstelle". Da hat es sicherlich immer wieder so gekracht, daß alles erschüttert worden ist. 

Trotzdem, Ende der 60er Jahre war mal ein vierköpfiger Spähtrupp aus München mal da, hat richtig "geforscht" in der Reiteralm. Wir besuchten die Schrecksattel-Eishöhle bis zum Ende bei einem Schotterboden. In der Nacht hatte ich einen seltsamen Traum und am nächsten Tag beim Abstieg gingen wir noch mal in die Höhle und buddelten dort weiter. Tatsächlich tat sich ein neuer, bis dahin noch völlig unbekannter neuer Hohlraum auf. Toni Müller kletterte neben dem Eingang zu dem von unten sichtbaren Portal hinauf und brachte die Kunde mit, daß es dort oben auf weitergehen würde, ein Projekt, das Jahre später von Salzburger und später wieder Münchner Höhlenforschern vollendet wurde. 

Toni Müller, Maggie Brey und Georg Kellerer am Weg zur Traunsteiner Hütte 1969

Maggie über einem Höhleneingang am Weg

Aber andere Ziele schienen attraktiver, das Steinerne Meer, das Hagengebirge, der Göll. Schwung kam in die Reiteralmforschung erst durch die "Schwaben" aus Grabenstetten und Kirchheim. Sie forschten und forschen erfolgreich, Jahr für Jahr, dann auch mit Unterbrechungen. Großes Ziel ist, eine unterirdische Verbindung vom Plateau bis zur Quellhöhle des Schwarzbachs zu finden.

Laut einer Aufstellung vom September 2011 im Internet gibt es inzwischen mehrere große Höhlen in der Reiteralm. 
Die Längsten: Eisrohr-Bammelschacht-System 7.134m, Schwarzbachursprung 3.030 m, Zirbeneckschlinger 2.803 m, Feuerkarhöhle 1504 m, Aufreißer 1170 m, Pilzloch 1146m.
Die Tiefsten: Aufreißer -650m, Zirbeneckschlinger -585m, Eisrohr-Bammelschacht -496 m, Knobloch -450m, Pilzloch -433m, Mickerloch -348m...

Die starke Entwicklung zeigt sich besonders in der Zahl der erfaßten Katasterobjekte. Waren es in dem 1975 erschienenen Salzburger Höhlenbuch Band 1 erst 24 Höhlen, führt der 1996 publizierte Ergänzungsband 169 Objekte. Und es geht weiter....

Am 20. und 21. Juni 2003 waren Alfred Schlagbauer und ich mal wieder im Gelände. Über den Schrecksattel rauf auf die Traunsteiner Hütte, vorbei an der Eishöhle, zum abendlichen Auslauf noch hinein in den Wasserschlinger soweit das in Sandalen und kurzen Hosen möglich war, dann hinauf Richtung Wagendrischlhorn, gebremst durch Regen und allmähliches Dunkelwerden, am nächsten Tag über das Plateau Richtung "Kirche", Suche nach der gleichnamigen Höhle, vergebens, Querfeldein durchs Gelände Richtung Wachterlsteig, plötzlicher Stop an einem bewetterten Loch, Hineinkriechen, ein Plastikfetzen lag noch drin, eng, eng, aber es könnt ja noch ein bißchen weiter werden, wahrscheinlich war es die "Senkenhöhle", Abstieg über den Wachterlsteig, Schlußbier im Wirtshaus, zusammen mit richtigen Motorradlern, die von ihren "Sexabenteuern" in Südtirol sich austauschten. Von so etwas können wir nicht berichten, eher vom die Seele beruhigenden Rauschen der Zirben und Lärchen auf dem Plateau, vom weißen Bart eines Alplers auf den Almen oder von den Handyproblemen des Schwagers eines Sitznachbarn am Tisch in der Neuen Traunsteiner Hütte, die zur Auflösung seiner Ehe geführt haben. 
Der Service dort war prima, der Hüttenwirt den "Höhlenforschern" gegenüber äußerst zuvorkommend, nur das Bier war noch ein bißchen "substandard". Aber das wird hoffentlich noch.


Schrecksattel-Eishöhle
 

   

 
Blick auf die Eingangsumgebung der Zeller-Eishöhle von den Loferer Steinbergen / Sattelhorngebiet aus / 2016

Hintersee vom Wartkopf 2018

Laut einer im Internet veröffentlichten Liste (geöffnet Dez. 2022) sind die drei längsten Höhlen zur Zeit:

1. Eisrohrhöhle - Bammelschacht - System 7861 m, 2. Ursprungshöhle des Schwarzbaches 3030 m, 3. ZE-Schlinger 2803 m.

Die drei Tiefsten:

1. Aufreisse 650 m, 2. ZE-Schlinger 585 m, 3. Eisrohrhöhle-Bammelschacht-System 496 m.

 


Literatur:

Czoernig-Czernhausen, Ing, Walther von Die Eishöhlen des Landes Salzburg und seiner bayrischen Grenzgebirge, Sonderabdruck aus den Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, LXIV. Jahrg. 1924
Klappacher, Walter, Mais, Karl Salzburger Höhlenbuch Band 1, Salzburg 1975
Klappacher, Walter Salzburger Höhlenbuch Band 6 - Ergänzungsband zu den Bänden 1-5, Salzburg 1996, S. 85
Lindenmayr, Franz Bemerkungen und Ergänzungen zu einigen Höhlen im Salzburger Höhlenbuch Band 1, DER SCHLAZ 28-1979, S. 10
Jantschke, H. Materialhefte zur Karst- und Höhlenkunde Reihe Sonderpublikationen (MKH-S) 7,1988, Heidenheim April 1988
Lindenmayr, Franz Carl Wilhelm von Gümbel und die Höhlen in den Bay. Alpen, Teil 2: Was in der "1861-er Höhlenkarte" nicht vorkommt, aber in seinem übrigen Werk erwähnt wird", Der Schlaz 134-2022, S. 41ff.
Lossen, Wilhelm Höhlen der Reichenhaller Bergwelt, Heimatblätter Jg. 21 Nr. 13 - 1940
Walter-Rott, Uwe ZE-Schlinger, DER SCHLAZ 45-1985, S. 29ff.
Pfänder, J. ZE-Schlinger, DER SCHLAZ 46-1985, S. 9f.
Wisshak M., Straub R. & López Correa M. Das Eisrohrhöhle-Bammelschacht-System (1337/118) im Kleinen Weitschartenkopf (Reiteralm), in: Menne B., Wisshak M. & Wolf A. (eds) Berchtesgadener Alpen.- Höhle und Karst 2004/2005, Verband Deutscher Höhlen- und Karstforscher e.V. München, pp 68-81
Wisshak M. & Jantschke H. Die Höhlen der Reiteralm. In: Menne B., Wisshak M. & Wolf A. (eds) Berchtesgadener Alpen.- Höhle und Karst 2004/2005, Verband Deutscher Höhlen- und Karstforscher e.V. München, pp 19-37
Wisshak, Max, Straub, Rainer, Jantschke, Herbert, López Correa, Matthias 25 Jahre Exploration des Eisrohrhöhle-Bammelschacht-Systems, DIE HÖHLE 2013, S. 90ff.
Wisshak, M, Jantschke, H. Im Höhlenruinenniveau der Reiteralm (Berchtesgadener Alpen), Die Höhle 61-2010, S. 39-47
Zagler, Werner Die Eisrohrhöhle am Kleinen Weitschartenkopf, Münchner Höhlengeschichte II, München 2004, S. 248f.,

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