Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Heimkehle
Ein "künstlerischer" Blick in den
Höhlensee
Der Haupteingang zur Heimkehle war immer schon dem Menschen bekannt. Er ist groß genug. Wie der allerdings vor ein paar Tausend Jahren mal ausgesehen hat - keiner weiß es, weil sich die Verhältnisse in dem Gestein, in dem sie liegt, so schnell ändern. Hunderte von Tonnen schwere Gesteinsblöcke fallen plötzlich aus der Decke und verändern mit einem Schlag die Szenerie. Und dann ist wiederum lange gar nichts los......
1357 ist das Jahr, in dem die Höhle eine erste
urkundliche Erwähnung gefunden hat. Wegen ihrer Unwegsamkeit sei
sie, so Stolberg in einem Brief aus dem Jahre 1921, bei der
Bevölkerung "gefürchtet" gewesen. "Große
Trümmerstürze" und "tiefe Moräste" seien das
gewesen, vielen von der Höhle nur bekannt gewesen sei. Einer der
Grundbesitzer hatte zur unangenehmen Höhlengestaltung auch was
beigetragen: Um ein paar Wiesen trocken zu bekommen, hatte er den
"Entenseestollen" in Auftrag gegeben, was dazu führte,
daß noch mehr Wasser in die Höhle kam.
Um 1890 begann ein Professor Bose mit der Vermessung der Höhle,
der dann weitere Nachfolger hatte. "Widrige
Verhältnisse" hielten sie alle von der Vollendung ihrer
Arbeit ab. Erst 1920, als der "Fabrikant und
Unternehmer" Theodor Wienrich aus Halle mit der Höhle in
Berührung kam, da wurde aus einer Idee Wirklichkeit. Schnell
wurde die Höhle berühmt und eine "wahre Besucherflut"
setzte ein.
Die Blüte dauerte nicht lange. Des Dritte Reich machte sich breit in Deutschland und in dem sich abzeichnenden Fiasko wegen der vollkommen menschenfeindlichen Ideologie entwickelte sich als eine Sumpfblüte ein Höhlenprojekt, bei dem hauptsächlich eine SS-Abteilung die Feder führte. Es wurde nach Höhlen gesucht, die sich für militärische Zwecke eigneten und als eine der wenigen, die in Frage kamen, wurde die Heimkehle "entwickelt" (hatte man keine Naturhöhle zur Hand, so wurden künstlich in die Berge Stollen getrieben). Ein weiterer Zugang wurde in die Höhle geschaffen, die Böden wurden mit bestem Beton versiegelt, und bald 1000 Häftlinge aus einem nahen KZ wurden zur Zwangsarbeit für Flugzeugteile der Firma Junckers eingesetzt. Noch heute findet man ein paar Spuren dieser Zeit in der Höhle in Form von ein paar verrosteten Stahlhelmen! Ein großes Antifaschistisches Mahnmal ist auch noch zu sehen, zur Hauptsache aus einem Wandgemälde an einer großen Vermauerung bestehen, die einen Luftschacht aus der Höhle abschließt. Nach der großen Katastrophe wurde erst einmal versucht, die Spuren der Vergangenheit loszuwerden. So wurden kleine Eisenbahnloren mit Sprengstoff in die Zugangsstollen geschickt, die dann auch erwartungsgemäß losgingen und erst einmal alles zum Einsturz brachten. Damit war erst einmal für ein paar Jahre Ruhe. Später wurde dann alles wieder aufgemacht und ein neuer Schauhöhlenbetrieb begonnen. Der Betrieb blühte auf, sogar ein Karstmuseum wurde am Eingang eröffnet.Die Wende. Neue Verhältnisse.
März 2006. Wir drei aus Südbayern, die
anläßlich des HÖPHO 2006 hierher verschlagen wurden, stehen an
einem Mittwochmorgen auf dem Besucherparkplatz. Eigentlich ist
niemand da. Nichts rührt sich. Bei der Suche nach einem
Parkplatz, der ja wirklich grenzenlos vorhanden ist, fallen uns
besonders die "gierigen" Parkuhren auf, die von uns
Euros haben wollen, wenn wir uns da irgendwo "platzen"
wollen. Kein freundliches Zeichen. Wir stellen uns etwas abseits
und zahlen nichts. Es kommt tatsächlich auch den ganzen Tag
keiner, soweit wir das feststellen können. Die Schauhöhle
hätte tatsächlich offen. Auf einem Zettel sind handschriftlich
die Führungszeiten angegeben, die erst kurz vor Mittag beginnen
würden. Am Rande ist ein Haus, das mit einem etwas ungewöhnlich
weit herabgezogenen Dach versehen ist. "Ingenieurbüro
Völker" steht am Zaun. Ich öffne die Tür, geh hinein und
klingle. Mir wird geöffnet. Christel Völker steht da, begrüßt
mich, wir lernen und kennen, trinken später einen Kaffee in
ihrer Küche, Reinhard kommt hinzu, der ins Reden kommt. Es ist
wie im Karst. Wird mal eine bestimmte Stelle berührt, dann
fließt es und fließt es und.... Mittags gehen wir in das
Höhlenrestaurant und essen zu Mittag. Außer uns sind keine
Gäste da. Wir bestellen - und essen, was die Küche hergibt. Zum
Schluß gibt es dann noch die offenbar obligatorische Runde
Schnaps. Dann machen wir noch einen Ausflug über die Fläche
oberhalb der Höhle mit einem Besuch der Reesbergdoline. Und dann
ging hinein in die Höhle.
Das "Höhlenmuseum" durchquerten wir mit Scheuklappen,
um "es für den Schluß aufzuheben". Wir erfuhren
"alles" über die Geologie und Geschichte der Höhle.
Da waren höchst spannende Geschichten darunter, wie die von dem
Amerikaner, der eine Gruppe alter amerikanischer Ladies mit
seinen Geschichten vom "Bernsteinzimmer" so begeistert
hatte, daß sie ihm nach Good Old Europe folgten und im vagen
Angesicht der potentiellen Fundstelle in der Höhle Schecks zur
Weiterforschung in unbekannter Höhe ehrfurchtsvoll
unterschrieben. Der böse Wicht ward danach nicht mehr gesehen.
In der großen Zentralhalle machten wir vorgeplanten Halt. Heraus
kam die Thermoskanne, der Glühwein floß, die Stimmung lockerte
sich immer mehr. Wir hatten nur noch den Tyrasee vor uns, dann
die "Landesgrenze", schließlich teilen sich zwei
Bundesländer mit scheinbar vollkommen verschiedenen
Vorstellungen über den Umgang mit der Höhle dieses
unterirdische Objekt, jedenfalls war uns nach dem Passieren einer
Eisentür auf einmal das Fotographieren verboten. Wir blinzelten
hinaus aus dem natürlichen Eingang, wo noch ein bißchen
Tageslicht hereindrang, bestaunten den Riesenfelsblock, der vor
gar nicht so langer Zeit von der Decke herabgebrochen war und
heute den normalen Durchgang noch ein bißchen behindert, sahen
ein paar Eiskeulen und verließen dann die Gipsgemächer durch
einen kurzen künstlichen Stollen. Die Tür war leicht
aufzustoßen und schon waren wir wieder zwischen dem alten
Kassenhäuschen und dem ehemaligen Karstmuseum. Ein paar Schritte
noch durchs Gelände, wo man einstmals sogar schon einen
"Gondelteich" angelegt hatte, um die Besucher dem
damaligen "Zeitgeschmack" gerecht zu unterhalten.
Die Zufahrt im März 2006 | |
Der heutige Schauhöhleneingang | |
Die Tyra | |
In dem Hang im Hintergrund liegt die Höhle |
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Ein Blick auf die Höhlensituation in einem Landschaftsmodell im Gebäude der Firma Kraus |
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Der ursprüngliche Eingang | |
In Gebiet oberhalb der Höhle | |
Spuren alter Waldbewirtschaftung | |
Ein alter Grenzstein | |
Eine Erklärungstafel zur Reesbergdoline |
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Die Reesbergdoline | |
Ein Gedenkstein vor der Höhle | |
Ein Bild aus weniger rühmlichen Tagen, als sich dort eine Waffenfabrik befand |
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Das Denkmal in der Höhle | |
Alte Stahlhelme | |
Hier wurde schon mal nach dem Bernsteinzimmer gesucht |
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2015 |
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Im September 2015 besuchte ich mit Willi Adelung noch einmal die Höhle. Es war wenig los, die einzige Besuchergruppe stand schon in der Höhle und wir konnten uns im letzten Moment noch ihr anschließen. Wir hatten das besondere Glück, ausgerechnet eine geologische Spezialführung durch Reinhard Völker mitzubekommen, der ja die Höhle wie die berühmte "Westentasche" kennt und viele Insidergeschichten zum Besten gab. Mich hat besonders gefreut, daß er nichts dagegen hatte, daß ich photographier habe. Das ging ohne alle Störung der anderen Besucher ab, da ich ohne Blitz und nur mit digitaler Phototechnik vom Stativ aus die Bilder schoß. So sind schöne Dokumente entstanden, von denen ein paar hier gezeigt werden sollen.
Felspartie, gespiegelt im Höhlensee | |
Gipsgang | |
Höhlensee | |
Wohl eine Konzession an den Publikumsgeschmack! |
Literatur:
Bahl, Jürgen | Die Schauhöhlen der Deutschen Demokratischen Republik, in: KARST UND HÖHLE 1981, Beiträge zur Höhlenforschung in Deutschland, S. 5ff. |
Korsch, Jürgen | Kein Bernsteinzimmer, nur alte Gasmasken, Sächsische Zeitung, 15. Juli 1996 |
Völker, Christel und Reinhard | Schauhöhlen in historischer Zeit, Mitteilungen des Karstmuseums Heimkehle, Heft 14, ohne Jahres- und Ortsangabe, ISSN 0233-1853 |
Völker, Reinhard | Die Erschließung der Heimkehle, Mitteilungen des Karstmuseums Heft 10 |
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