Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Der Aven Armand im Causse Méjean, F


Angenommen, man könnte nur 3 Höhlen in seinem Leben besuchen. Welche würde man aussuchen? Eine solche Frage zu beantworten, das würde sicherlich zu vielen verschiedenen Antworten führen, je nach eigenem Kenntnisstand und sportlichem Leistungsvermögen. Aber für die große Masse der Menschen, da, denke ich mir, wäre das Aufnehmen des "Aven Armand" in diese Liste wirklich keine schlechte Wahl, denn diese außergewöhnliche Höhle zeigt einen Formenschatz, der weltweit seinesgleichen sucht. Und der wirklich einmal wert ist, selber angeschaut zu werden.

Louis Armand, der Dorfschmied von Le Rozier, war der erste Mensch, der dort hinunter gestiegen ist. Er brachte die Energie auf, eine, wie das bei Höhlenexpeditionen ja immer wieder vorkommt, am Nullpunkt der Hoffnungslosigkeit angekommene Forschungssaison wieder belebt zu haben und zu einem Ende zu führen, von dem wir noch heute "profitieren" können. Es ist eine immer spannende Frage. Was "haben" wir vom Besuch einer Höhle? Was "habe" ich vom Besuch des "Aven Armand"? Zuerst bin ich einmal um 20 DM ärmer. Soviel "kostet" geldmäßig der Besuch. Zeitmäßig muß man 1 Stunde ansetzen. Ein Schrägaufzug bringt einen in kürzester Zeit unter die Erde. 80 Meter ungefähr. Die Türen öffnen sich automatisch. Man steigt links aus, geht hinaus auf eine Plattform und schaut hinaus in die Weite und hinunter in die Tiefe. Eine Halle tut sich da auf, ca. 100 m lang und 50 m breit. Ein richtiger "Wald" ist da, allerdings aus Stein, der Forêt Vierge. Die Führer geben sich größte Mühe wortreich das zu Sehende den Besuchern zu erklären. Der höchste Stalagmit mißt 30 m und gehört damit zu den höchsten Tropfsteinen, die man auf der Erde kennt. Am tiefsten Punkt der Führung schauen die Menschen in einen weiteren tiefen Schacht von 87 m und bringen "Opfergaben" - sie werfen Geldmünzen in ein Wasserbecken. Warum wohl? Wünschen sie sich alle was, was in Erfüllung gehen soll? Schön, wenn es so wäre. Vielleicht muß man nur stark genug daran glauben.

Von Eduard Martel gibt es einen genauen Bericht von der Entdeckung des Schachts. Es war am 19. September 1897, als Louis Armand das erste Mal in den Schacht stieg und über das mit in die Tiefe genommene Telefon die Worte heraufkamen: "C'est immense! Solide et facile et plein d'énorme stalagmites." Und nach einer ersten Erkundung: "Monsieur Martel, c'est SPLENDIDE! il y a au moins cent colonnes de stalagmites, plus belles que le clocher de Dargilan ! Je n'ai jamais rien vu de pareil, et je suis arrive au bord d'un second gouffre qui va au diable !! Descendesz voir ca.." Es ist ein Vergnügen, den ganzen alten Bericht zu lesen (abgedruckt in dem Büchlein von Martel über die Höhle). Geschäftsmann wie Martel auch war, wurde gleich nach der Entdeckung sichergestellt, daß Louis Armand Besitzer der Höhle wurde, damit aus der möglichen kommerziellen Ausnutzung er ein Auskommen für das Alter bekäme. Armand hat es nicht mehr erlebt. Erst am 11. Juni 1927 wurde die Schauhöhle offiziell eingeweiht, ein Ereignis, von dem es erstaunlicherweise sogar einen alten Filmbericht gibt (Bernd Kliebhan hat sie für seinen preisgekrönten MARTEL-Film wieder ausgegraben). Heute gehört die Höhle eindeutig zu den touristischen Highlights der Region und busweise werden die Touristen hinverfrachtet. Aber die Besucherzahlen gehen zurück, so der derzeitige Manager der Höhle. Es waren schon mal mehr. Verblaßt allmählich der Glanz der Unterwelt?


 
 
 
     
2009
 
 
   
Der alte und der neue Eingang
    Im Schauhöhlengebäude
    Das Denkmal für den Entdecker
Armand in Le Rozier
  Reste eines Megalithgrabes
in der Nähe neben der Straße

 

 

 

 

 

Ein echter Truel, einem sehr profilierten französischen Höhlenmaler, über dem Eingang in die Unterwelt

 

Literatur:

Martel, E.A. L'AVEN ARMAND, Editons Artieres Milliau, 1962

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