Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle

Lochsteine und Durchkriechbräuche in Österreich


Richtig aktuell wurde das Thema "Lochsteine" in Österreich, insbesondere der Oststeiermark, durch die neuen Forschungen von Ingrid und Heinrich Kusch. Auf der Suche nach Erdställen und dem Rätsel, das sich vielleicht hinter einer Art "Schatzkarte", die in einer alten hohlen Kanonenkugel versteckt gewesen war und erst bei Renovierungsarbeiten am Dachstuhl eines alten Bauernhauses entdeckt worden war, stießen sie auch auf viele Lochsteine. Hunderte sollen es sein, wobei über deren Zweck und Sinn gut spekuliert werden kann. Ganz Profanes wie die Funktion von Zaunstangenhaltern kommt da vor bis hin zu dem Gedanken, sie seien "Torhüter zur Unterwelt".

http://www.buecherquelle.at/Buchshop/Neuerscheinungen/Tore-zur-Unterwelt::2130.html


Ein paar Hinweise:

 

 

"In der Südflanke des Westrückens des Dietrichhagriedels nördlich von Großreifling. Markierter Zugangsweg. Länge 22 m, Höhe 12m. Vom eingeebneten Eingang betritt man über Stufen und durch einen künstlich erweiterten Eingang eine Höhlenraum, der mit einem Altar als Andachtsstätte (H. Rochus) eingerichtet ist. Eine Stiege führt zu einer kleinen Plattform, von welcher man den geräumigen, steil ansteigenden, hinteren Teil der Höhle erreicht. An der Westseite des Portales wird durch einen Felspfeiler ein etwas höher liegender, enger Durchschlupf gebildet, der vom Vorplatz wie auch vom Höhleninneren durch Holzstege erreichbar ist (Durchschlupfstein - nach altem Volksglauben Heilung von Krankheiten)" (Hartmann, H. und W., Die Höhlen Niederösterreichs, Band 3, Wien 1985)

Der Pfennigstein. Aus: Eder, R. (1919) Eigenes Photo 1996

"Im sogenannten 'Matterhörndl', früher Pfennigstein, einem ca. 10 m hohen Felsgebilde 50 m östlich der Forststraße von Mödling zum Husarentempel..... Länge 3m, mannshohe Durchgangshöhle über die es zahlreiche Höhlensagen gibt, Benützung als Durchkriechstein, Heilung von Krankheiten, Fruchtbarkeitskult... Das Felsgebilde ist Naturdenkmal seit 4.9.1941." (Hartmann, H. und W., Die Höhlen Niederösterreichs, Band 2, Wien 1982), weitere Literaturhinweise sind in Band 4, S. 41

3 km nördlich von Kössen inTirol, ganz nahe der bayerischen Grenze, ist die Wallfahrtskirche Klobenstein in der engen Schlucht der Tiroler Ache. Daß gerade hier ein Wallfahrtsort ist kein Zufall, sondern aufs engste geknüpft an das Vorhandenseins des "Klobensteins". Ein riesiger Felsbrocken ist irgendwann einmal von den Bergen oberhalb herabstürzt und hier liegengeblieben. Das Besondere daran ist, daß er in zwei Teile zerbrochen ist, zwischen denen man wie in einer engen Schlucht hindurchgehen kann.

     

Eine Sage von der Entstehung des Naturphänomens erzählt von einem Wunder, daß der Sprung im Stein genau dann passiert sei, als eine Frau von Kössen nach Marquartstein gerade dort unterwegs gewesen war. Der herabstürzende Block sei genau in dem Moment zerbrochen, als die Frau von ihm zermalmt worden wäre. "Es springt der g'waltig Stoa netta mitdurch, und die Oa steht frei am Weg - herent und drent liegen die gsprungana Felsenwänd."

Die frühesten urkundlichen Aufzeichnungen über diesen Ort stammen aus dem Jahre 1696. Damals wollte ein gewisser Johannes Holzner an dieser Stelle eine Klause errichten, u.a. "zur besseren Aufsicht über den Opferstock" dort. Dieser seltsame gespaltene Felsblock war offenbar schon länger bei dem Menschen des Umlands bekannt, war mit einem Marienbild versehen worden und wurde gerne augesucht.

Es entstand zuerst eine "Waldkapelle", dann eine Lorettokapelle, 1886 kommt dann noch eine Lourdeskapelle hinzu. Bemerkenswerterweise findet sich auch überhaupt kein Hinweis auf irgendwelche kultischen Handlungen rund um den Klobenstein im "Wallfahrtsbüchlein", das dort noch heute verkauft wird. Sollte es wirklich derartiges nicht gegeben haben? Oder wird auch hier ängstlich vermieden, darauf hinzuweisen, weil das "Durchschlupfen" amtskirchlich vielfach nur auf Ablehnung gestoßen ist, ja sogar mit Strafsanktionen bedroht worden ist.

Trotzdem, ganz konnte man die "Magie" dieses Ortes doch nicht zum Verschwinden bringen. Die Lorettokirche rückt ganz nah an den Riesenfelsen heran, so daß zwischen Felsen und Kirche nur ein schmaler Durchgang möglich ist. Man kommt zu einer Verzweigung. Nach rechts geht es auch steinbelegten Stufen hinunter durch den Felsspalt, nach links öffnet sich eine schmale Türpforte in der Kirchenmauer, die ziemlich genau die Breite der natürlichen Schlucht hat und somit darauf Bezug nimmt. Beim Durchgang streift man unwillkürlich die Felswände. War hier wirklich kein Brauchtum damit verknüpft? Wer weiß mehr darüber?

Literatur: Wallfahrtsbüchlein, Geschichte von Klobenstein bei Kössen in Tirol, Mit kirchlicher Druckerlaubnis Im Selbstverlag der Wallfahrtskapelle Sechzehnte Auflage 68.000-70.000 1996

 

 

 

 

 

Für einen "Durchschlupf" ist die Stelle schon zu
breit - "Zum Ursprung" heißt die Stelle. Ein Felsen
habe sich dem Mönch Magnus auf seinem Weg nach
Mariazell in den Weg gestellt. Er stellte eine selbst-
geschnitzte Madonnenstatue drauf und "der Fels
spaltete sich" - so die Legende. Noch heute besuchen
Leute diese Stelle.

 

 

Beim Stift Vorau, 2024

 

Nicht weit weg davon ist Wenigzell, wo es zwei Lochsteine im engsten Kirchenbezirk gibt:

Mühlsteine vor dem Heimatmuseum

Hier war einst ein bedeutsamer Produktionsort für diese spezielle Art der Lochsteine

Klassische Gattersteine in der Nähe von Perg


 

Literatur:

Andree-Eyse, Marie Volkskundliches aus dem bayrisch-österreichen Alpengebiet, Braunschweig 1910
Gugitz, Gustav Fest- und Brauchtumskalender für Österreich, Süddeutschland und die Schweiz 2. Auflage, Neudruck des 1955 erschienenen Werkes 
Kusch, Heinrich und Ingrid Tore zur Unterwelt - Das Geheimnis der unterirdischen Gänge aus uralter Zeit, V.F. Sammler-Verlag, Graz 2009
Leskoschik Steirische Gnadenbrunnen, St. Josephskalender 1948
Limpöck, Rainer Magisches Berchtesgadener Land, Berchtesgaden 2012
Lukan, Karl
Wanderungen in die Vorzeit, J&V, 2. Auflage, Wien 1995
Lukan, Karl Seltsame Kultstätten - Sonderbare Heilige, J&V, Wien 1995
Lukan, Karl Wanderungen in die Vorzeit - Kultstätten, Felsbilder und Opfersteine in Österreich, Wien 1889, Neuauflage 1995

Links:

Lochsteine und Durchkriechbräuche

Der_Lochstein_von_der_Zwerchhalde_Sternenfels_doc.pdf (application/pdf-Objekt)

https://www.raetiastone.com/

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