Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Lochsteine und Durchkriechbräuche in Deutschland
Nonnosusgrab in der Krypta von Freising
Ein paar Beispiele (immer mehr chronologisch geordnet, die Neuesten stehen oben:
Durchkriechstelle in der
"Durchkriechhöhle" bei der Karantan, Westseite des Inntals 2023 |
||
Oberkrumbach bei Hersbruck | ||
Böhming, Almühltal, Friedhof, Grabstein | ||
Mühlstein bei der Furtmühle, Lks. Fürstenfeldbruck | ||
Ein Naturlochstein im Aquarium im Tierpark Hellabrunn in München / 2015 | ||
Zaunlochstein in Deising im Altmühltal, 2015 | ||
Gedenkstein auf der Schwäbischen Alb in der Nähe des Eingangs zum Wental | ||
Grünes Zentrum in Puch bei Fürstenfeldbruck, Obb., 2014 aufgestellt im Oktober 2011, |
||
Herrmannsdorfer Werkstätten, Oberbayern Durchgebohrtes Loch in einem Basaltstein in einer Kunstinstallation |
||
Lochsteingeld aus der Südsee im Völkerkundemuseum München | ||
Lochsteine in Wiesenhofen bei Greding | ||
Mühlstein und Fastmühlstein in Pirna, Sächsische Schweiz 2012 | ||
Mühlstein in einer Pension in der Nähe von Königstein, Sächsische Schweiz 2012 | ||
Steinernes Kreuz mit durchgehendem Loch an der Straße Scharenstetten
- Temmerhausen Schwäbische Alb |
||
Hillohe bei Lauterhofen | ||
Lochstein in der Nähe der Straßenabzweigung nach Finsterhaid an der Straße zwischen Lauterhofen und Velburg | ||
Nürnberg Schule in der Saarbrücker Straße April 2011 |
||
Lochsteinbrunnen in Nürnberg Foto 1. August 2010 |
||
Die Kirchenbeschreibung von Paula und Wegener-Hüssen in "Denkmäler in Bayern" enthält keinerlei Hinweise auf einen Durchschlupfbrauch in dieser 1687/88 erricheteten Kirche "in einsamer Waldlage". Neben dem Kirchturm befindet sich aber dieser Stein, der nach Berichten älterer Einheimischer früher zum "Durchschlupfen" benutzt worden ist. Schlanke Zeitgenossen können noch heute hindurchkriechen. Für mich war es schon zu eng. Auffallend ist, daß am Boden aus Beton eine Art Knödel zwischen Stein und Kirchenwand ist. Offenbar wollte man verhindern, daß die Leute an dieser Stelle tiefer in den Boden graben. | Maria Elend bei Dietramszell, Bayern | |
. | Ein "Fingerstein", also eine Spezialform eines Lochsteins, weil man lediglich die 5 Finger in die 5 Löcher stecken kann, befindet sich in der Friedhofskirche auf einem Hügel westlich des Klosters. Der Kult soll bis ins 16./17. Jahrhundert zurückreichen | Kreuzbichlkapelle bei Dietramszell, Bayern |
In der Mitte des vergangenen Jahrhunderts erschienenen Sammlung bayersicher Sagen, herausgegeben von Friedrich Panzer, steht darüber: "Oberhalb von Abbach an der Donau liegt der Teufelsfelsen, in dessen vorspringendem Teile, die Teufelskanzel genannt, ein Loch ist, durch welches mit Kreuzweh oder Leibschaden behaftete durchschlofen oder durchgezogen wurden. Dieses Durchschliefen oder Durchziehen nennt man "Bögeln". Kann man diese Stelle heute noch sehen, oder ist sie dem Straßenbau zum Opfer gefallen? Es gibt in den Felsen eine kleine Höhle und dort ist zwischen den beiden Eingängen auch ein niedriger Durchschlupf. Ob es die von Panzer beschriebene Stelle ist? Vor Ort kann man keinerlei Spuren entdecken, die auf eine regelmäßig Benutzung hinweisen würde. | Teufelsfelsen bei Bad Abbach, Bayern | |
Sankt
Wolfgang bei Altenmarkt, Bayern |
||
"Zwei spätgotische Gotteshäuser erheben, nah beieinander, ihre Zwiebelhauben über den sanft ansteigenden Wiesenplan von Koppenwall, dem mutmaßlichen Walchenort beim "schatzträchtigen" Koppenberg. Weil sie der Volkskunde unschätzbare Aufschlüsse über die Korona-Verehrung ermöglicht, zieht die kleinere Kirche, die weit ins Laabertal schaut, zu den Türmen von Pfaffendorf, Rainertshausen, Egglhausen und Pfeffenhausen hin, und auf deren Wetterglocke noch immer Verlaß ist, mehr Besucher an. An diese Koronakirche knüpfte sich in den verflossenen Jahrhunderten eine seltsame Gewohnheit: das Bögeln. So heißt man das Durchziehen, Schlupfen und Gehen der Kranken und Bedrohten und des Viehs durch Maueröffnungen, Felslöcher oder gespaltene Bäume, wie es als magisches Mittel bei verschiedenen Leiden im Hallertauer Umkreis in dem Glauben geübt wurde, beim Durchkriechen werde das Übel abgestreift und auf Baum oder Fels übertragen. In Koppenwall geschah es durch die aushöhlte Mensa, und noch Panzer vermerkt den Heilbrauch, "während der Andacht durch das Loch des Altarsteines, auf dem der Altar liegt, ...zu schliefen, damit man in der Ernte kein Kreuzweh bekommt..." (...) |
Durchkriechaltar von Koppenwall, Bayern | |
"Am Eingang des in Ilfeld beginnenden Harztales erreicht man unweit des Flüßchens Behre eine schmale Felsspalte, genannt das Nadelöhr. Einstmals mußte jeder Fuhrknecht, der zum ersten Mal in den Harz fuhr, unter dem Jubel und den Peitschenhieben der älteren Knechte durch dieses Nadelöhr kriechen, um in deren Gemeinschaft aufgenommen zu werden." (Text aus der Internetseite von Ilfeld) | Nadelöhr beim Kloster Ilfeld im Harz | |
Marienstein nordwestlich Schweinsberg bei Falkenstein, Bay. Wald, Bayern | ||
Nadelöhr im Seulingswald bei Friedewald, 12 km östlich von Bad Hersfeld, Hessen | ||
2021 |
Als ich 1995 diese Stelle besucht habe, rechts oben auf dem Bild ist die kleine Tafel noch sichtbar, hatte dort jemand geschrieben: "Heiliger Nonnosus, vielen Dank, ich habe eine neue Arbeitsstelle gefunden!" So etwas zeigt, mehr als alle Beschreibungen in irgendwelchen sehr neutral gehaltenen Kunstführern, daß es noch heute hier eine lebendige Tradition gibt! |
Nonnosusgrab in der Krypta des Doms
von Freising, Bayern
1995
2021 mit Emily Sauter, meiner Enkelin Literatur: Bernstein, Martin, Die Schöne und das Biest, in: Süddeutsche Zeitung, Dunkle Höhlen und geheime Gänge, München 2010, S. 61ff. |
"Bei dem aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. stammenden Grab handelt es sich um eine 20 m lange und 3,50 m breite, in den Boden eingetiefte Grabkammer, die aus großen, annähernd rechteckigen Sandsteinplatten gebaut ist - ein Material, das erst auf der anderen Talseite ansteht. Die Längswände bestehen aus je zwölf Steinen, die Schmalseiten aus jeweils einer einzigen Platte. Die nordöstliche Abschlußplatte mit einer kreisrunden Öffnung von 50 cm Durchmesser in der Mitte (Türlochstein) trennt einen kleine offenen Vorraum (Länge 2,50 m), dessen Lehmboden tennenartig festgetreten ist, von der eigentlichen Grabkammer (Innenmaße 16,50x2,50 m). Die runde Öffnung im Türlochstein scheint als Eingang fast zu klein. Dennoch wird überzeugend angenommen, daß durch sie hindurch bestattet wurde. Mindestens war sie bei im Vorraum stattfindenden Opferhandlungen eine Art Tür zwischen den Lebenden und den Toten. Für die Deutung als "Seelenloch", als "Tür" für die Seelen der Verstorbenen, gibt es keinerlei konkrete Anhaltspunkte." (Das Steinkammergrab bei Züschen - Denkmal europäischer Bedeutung in Nordhessen, Führungsblatt zu der Grabstätte der Jungsteinzeit in der Gemarkung Lohne, Stadt Fritzlar, Schwalm-Eder-Kreis, herausgegeben von der Abteilung für Vor- und Frühgeschichte im Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Wiesbaden, in Verbindung mit dem Verkehrsverein Züschen, 1981) | Lochstein im Megalithgrab bei Züschen, Hessen | |
Lochstein im Megalithgrab bei Degernau, Baden-Württemberg | ||
Durchgang unter dem Kaiserthron von Aachen, Nordrhein-Westfalen | ||
Auch in Aachen - da kann man seinen |
||
Ottograb in Bamberg, Bayern | ||
Lochstein in Schwörstadt, Baden-Württemberg | ||
Externsteine | ||
Bückeingang in die
Krypta von Birkenstein, Oberbayern
2019 |
||
Loch in der Breitensteinkapelle für den Rauchabzug 2019 | ||
DAV-Haus Hammer bei Fischbachaus, natürlicher Lochstein auf dem Fensterbrett 2019 | ||
Schloppsteine bei Osnabrück, Niedersachsen | ||
Ein Durchschlupfbrauch
durch einen Baum: Die Wundereiche bei Stäbelow in Mecklenburg |
||
Fotos Willi Adelung | Seelenloch im Luzienturm bei Ferschweiler bei Trier/ Rheinland-Pfalz | |
http://www.landesmuseum-trier.de | Steinkistengrab mit Lochstein nördlich von Schankweiler, Rheinland-Pfalz | |
Seelenloch-Stein von Großenrode | ||
Jungsteinzeitliches Grab von Calden | ||
Das Opfervieh vom nahen Farrenberg sei dort angebunden worden | Durchlöcherter Stein in der Belsener Kapelle oberhalb von Mössingen, Kr. Tübingen, Baden-Württemberg | |
In eine Öffnung der Gruft steckten die Leute früher ihre Füße und erlangten dort auf "wunderbare Weise Heilung". Eine hochklappbare Metallplatte verdeckt die heute die Öffnung im Boden. | Luibertuskapelle an der Pfarrkirche St. Cornelius und Cyprian in Ennetach (Mengen, Kr. Sigmaringen), Baden-Württemberg | |
Dreimal im Jahr fanden große Heiligtumswallfahrten zur Grabstätt der Heiligen statt. Erde aus der Gruft der Seligen wurde über Felder und Äcker zum Schutz gegen Blitz und Hagel gestreut. "Andere krochen durch ein gemauertes Loch bei der Richildiskapelle, um von Stein- und Blasenleiden befreit zu werden." (Sedlmeier). Heute ist von diesem Loch nichts mehr zu sehen. Es wurde vermutlich zugemauert. | Richildiskapelle in Hohenwart, Bayern | |
Dieser etwas rätselhafte Stein im
Wald könnte eine megalithische Vergangenheit haben. Im
oberen Teil davon soll ein Gesicht erkennbar sein. Beim genauen Hinsehen fallen Vertiefungen und Löcher in der Steinwand auf. Steckt man in eines davon einen Strohhalm oder ein längliches Holzstück, dann kann man es ganz hindurchschieben. Hier wurde also absichtlich ein Röhrchen parallel zur Außenfläche in den Stein gebohrt. |
Menhir von Bad Griesbach, Niederbayern | |
Zwischen Asbach und Kollbach im Landkreis Dachau gibt es seitlich der Straße ein wenig auffallendes Landartkunstwerk. Es ist auch ein Aussichtspunkt und ein Brotzeitplatz. Es waren wohl noch Gelder aus der Flurbereinigungsaktion in den Jahren 1990-1994 übrig. Die hat man dann einem Künstler gegeben, der einen geschwungenen langgezogenen Erdhügel in die Landschaft gesetzt, der aus der Luft wie ein Drache aussehen soll. In Erdhöhe ist davon nichts auszumachen. Dort, wo der Kopf sein sollte, da steht ein rollenförmiger Stein. Als "Alleinstellungsmerkmal" weist er 9 Durchbohrungen auf, durch die der Besucher blicken kann. Wer genau hinschaut, der sollte dann in der Ferne 8 verschiedene Kirchen sehen können. Das geht heute nicht mehr, weil der Bewuchs rundum zugenommen hat und sich nun oft Büsche und Bäume in den Blick stellen. Neben den Löchern ist dann der Name des zu sehenden Ortes senkrecht in den Stein gemeißelt worden. Die Durchbohrungen sollen an die Tätigkeit der Landvermesser erinnern, die ja auch durch ihre Sehrohre blicken, um ihre genauen Messungen machen zu können. Link: http://www.kirchenundkapellen.de/kirchen/aaa-framefor1024.htm | Lochsteinkunstwerk zwischen Asbach und Kollbach, Lks. Dachau | |
Grabstein auf einem Lindauer Friedhof | ||
März 2009 / Ich habe es mir nicht verkniffen, in eines der vielen Löcher zu greifen, und anzuheben. Das gelang natürlich nicht auf Anhieb. Einen Versuch war es wert. Obwohl er nicht so aussah, auf unserer kleinen Welt gibt es ja dauernd solche "Zampanos", die die Welt aus den Angeln heben wollen/können/sollen! Hinterher stellt es sich ja oft heraus, daß dahinter auch nur ein Haufen Luft war! Siehe unsere heutige Weltfinanz-/Wirtschaftskrise! | Heiligenkreuztal / Baden-Württemberg | |
Durchschlupf auf einem Spielplatz am Schwanberg, Unterfranken | ||
Lochstein in einem Denkmal auf dem Gipfel des Walberlas, Fränkische Schweiz | ||
Kam in die Schlagzeilen der Presse,
nachdem ein amerikanischer Student sich darin so verkeilt hatte, daß ihn
die Feuerwehr mit 22 Rettern im Juni 2014 darauf befreien mußte -
siehe: Heillos verklemmt, Süddeutsche Zeitung 23. Juni 2014, Nr. 141,
Seite 8 Besonders großes Kunstinteresse: Student steckte in Tübingen in Stein-Vagina fest Seltsames Kunst-Interesse: Student steckte in Stein-Vagina fest - News Inland - Bild.de Vulve de marbre, vulves fruitées | |
"Pi-Chacan"-Lochsteinkunstwerk vor dem Institut für Mikrobiologie und Virologie in Tübingen von Fernando de la Jara | |
Das Durchkriechen des
Baumstammes soll gesundheitsförderlich sein. https://www.allgaeu-tirol-barrierefrei.eu/datenausgabe.php?css=1& Aktion=vorschau&HauptID=601&Objekt=34789&getstring=offset %3A700&pba=pba9927 |
Lothar-Eiche am Walderlebnispfad, Ottobeuern, Bayern | |
Der Altarstein mit
Loch liegt heute vor dem Kirchturm in Frauenberg. "Auf
dem Altarstein soll der heilige Erhard sich vor einer wütenden Menge
gerettet haben, in er sich an den Stein hielt und sich über die Isar
schwimmend gerettete haben." https://www.arlan.de/assets/files/Frauenberg.pdf |
Erhardistein in der Kirche Mariä Heimsuchung (Frauenberg), Landshut | |
Veiternsteinhöhle, Hassberge, Oberfranken | ||
Tübingen, Scharrenberg vor dem Institut für Mikrobiologie und Virologie Kunstwerk "Steinerne Vulva"oder "Pi Chacán", siehe ausführlichen WIKIPEDIA-Eintrag
2023 |
||
Reutlingen
Spreuerhofstraße Laut Guinessbuch der Rekorde ist das die engste Straße der Welt mit 31 cm an der schmalsten Stelle 2023 |
||
https://www.reutlingen.de/de/Leben/ Unsere-Stadt/Sehenswertes/Engste-Strasse-der-Welt |
https://www.schwaebischealb.de/attraktionen/ spreuerhofstrasse-engste-strasse-der-welt#/ar ticle/58f8deed-f09a-4968-a840-5394734c4992 |
Literatur:
Andree-Eyse, Marie | Volkskundliches aus dem bayrisch-österreichen Alpengebiet, Braunschweig 1910 |
Bek-Baier, Martin | Der Teufel kam nicht durch - Dem Geheimnis der Schlupfsteine auf der Spur - Zweiter Teil, Evangelisches Sonntagsblattl aus Bayern - Nr. 34 vom 27.8.2006 |
Lindenmayr, Franz | Von Lochsteinen und Durchkriechbräuchen, Arbeitskreis Höhle-Religion-Psyche, Tagungsmappe 1996, München 1995 |
ohne Verfasserangabe | Schlupf-Altäre und -Grabmäler, Deutsche Gaue, Band V, 1903 |
ohne Verfasserangabe | Schlupf-Altäre und -Grabmäler, Deutsche Gaue, Band 38, 1937, S. 87f. |
Schwarzfischer, Karl | Marienstein (Lkr. Roding), Vergessene Holzburg und alter Heilbrauch, in: Oberpfälzer Heimat, Bd. 16, Weiden 1972 p. 128-135 |
Sedlmeier, Martin | Wallfahrten im Landkreis Pfaffenhofen, Pfaffenhofen 2. Auflage 2002 |
Links:
https://geo.viaregia.org/testbed/index.pl?rm=obj&objid=17094 Nadelöhr bei Wildeck-Höhnebach
[ Index ] | [ Englisch version ] | [ Höhlen und Höhlengebiete ] | [ Kunst ] |
[ HöRePsy ] | [ Höhlenschutz ] | [ VHM ] | [ Veranstaltungen ] | [ Links ] |