Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Einsiedelei-Halbhöhlen bei Saalfelden, A
Wer von Saalfelden nordwärts in Richtung auf das unübersehbare Steinerne Meer vor einem, der kann im unteren Drittel das Schloß Lichtenberg in der Waldzone ausmachen und etwas oberhalb, am Fuße einer Felswand, die "Einsiedelei". Vom Ausgangsparkplatz ist sie auf gutem Weg in 20 Minuten zu Fuß zu erreichen.
Zur Einsiedelei gehören zwei Halbhöhlen, die
schon 1931 von Czoernig vermessen worden sind. In einer steht die
"Georgskapelle", wobei, wegen der vielen
Veränderungen, heute nicht so recht auszumachen ist, was Natur
und was vom Menschen gemacht worden ist. Das Altarbild zeigt
einen Georg, der einem Drachen den Speer durch die Gurgel
stößt. Das Symbol für den Sieg des "Guten" über das
"Böse"! Das ist so richtig männliche Weltsicht. Wenn
ich aber daran denke, was es für Vorstellungen über den Umgang
einer Frau mit einem Drachen auch schon gegeben hat... Da läuft
das Dracherl wie ein Dackel an der Leine neben ihr her!
In dieser Kapelle gibt es u.a. neben den vielen Kutten, die an
Haken hängen, noch einige Gedenkbretter an frühere Eremiten,
und ein Bild eines weiteren "Heiligen", der sich vor
einer Höhle aufhält und um den herum viele Tiere sind.
In der weiter oberhalb liegenden Halbhöhle gibt es eine Kalvarienberggruppe und eine Grablegung-Christi-Gruppe. Außerdem ist unterhalb eine hölzerne Kanzel. Der Aufstieg zu einer Plattform ist durch ein Sperrschild blockiert.
Die erste Erwähnung der Kirche stammt aus der
Mitte des 16. Jahrhunderts. Der erste Einsiedler dort hieß
Thomas Pichler, ein Bergbauernsohn aus Embach, der einem
Franziskanerorden angehörte. Mit Hilfe der Kreuzbruderschaft von
Saalfelden wurde dort eine steinerne Klause gebaut. Seit 1677
durfte man dann in der Kapelle die Hl. Messe dort feiern. 35
Jahre lebte er in der Klause. Dann, so wird erzählt, habe er ein
"verbotenes Buch" gelesen, was eine schwere Betrübnis
in seinem Herze verursachte und ihn dazu brachte, mit einem
Sprung aus dem Fenster eines Hauses sein Leben zu beenden.
Viele Eremiten folgten nach, deren Existenz von den Menschen
rundum gesichert wurde, weil der Klausner auch die Aufgabe des
"Feuerwächters" übertragen bekommen hatte. Wenn er
irgendwo ein Feuer in dem weiten Gebiet, das ja ausgebreitet
unterhalb von ihm sich erstreckte, sollte er mit den kleinen
Klausenglocke Sturm läuten, damit der Brand eher gelöscht
werden konnte. Er durfte im Frühjahr und Herbst bei den Bauern
sammeln gehen und bekam so Vorräte an Getreide, Mehl, Obst,
Kartoffeln, Schmalz und andere Lebensmittel.
In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts geriet die Klause auf einmal in die Schlagzeilen der Presse. Der damalige Klausner hatte die dem beliebten Beruferaten "Was bin ich?" von Robert Lemke mitgemacht. Das machte viele Leute auf die Einsiedelei aufmerksam und sie kamen in Scharen. Als das wieder nachließ, da versuchte es der damalige Klausner mit einem Trick. Er sei überfallen worden, behauptete er. Auch das erhöhte kurzzeitig den Bekanntsheitsgrad und erhöhte die Besucherzahlen, aber als sie herausstellte, daß das ein Schwindel gewesen war, da ging es schnell ganz bergab und der Mann beginn Selbstmord.
In dem Haus unterhalb der Höhlen, das sich unmittelbar an die Felswand anschmiegt, legt heute (Juni 2005) wieder ein Eremit, der Bruder Raimund von der Thannen. Jeder kann sich dort ein Getränk kaufen, eine Flasche Mineralwasser, ein Limo, ein Bier und noch ein paar andere Sachen. Davon lebt er in der Hauptsache.
Ich hab mir dieses Vergnügen gegönnt und so ein höchst spannendes Gespräch mit einem richtigen heutigen Einsiedler führen können.
Viele der Fragen, die die Besucher immer stellen, und recht bemerkenswerte Gedanken finden sich in einem kleinen Büchlein, das es dort zu kaufen gibt, und das von von Thannen stammt. Ein kleines Zitat daraus:
"Mehr denn ja braucht unsere Welt Orte wie die Einsiedelei auf dem Palven. Plätze der Stille, der Einsamkeit, der Einfachheit, Plätze als Gegenpole zu wirtschaftlichem Überdruck, zu Börsenkursen, Autorennen und Konsumwahnsinn. Es braucht solche Orte, weil an ihnen das aufbrechen kann und tatsächlich aufbricht, was in vielen Menschen arbeitet: die Sehnsucht nach Transzendenz."
Der Alltag eines Eremiten - gespiegelt am Inhalt eines Felsdaches: Holzmachen, um Energie im Ofen zu haben |
Bilder vom Besuch der Einsiedelei anläßlich von HÖREPSY 2010:
Totenbretter an der Wand der unteren Einsiedelei | |
Kleine künstliche Höhlung hinter der unteren Einsiedelei | |
Gesamtansicht von unten | |
Die aktualisierte Liste der früheren Klausner | |
Der Opferstock in der Höhlenkirche | |
In der Höhlenkirche | |
Vor der Höhlenkirche | |
Bruder Raimund, der Einsiedel | |
Blick von der Klause ins Tal von Saalfelden |
Im Februar 2017 verbreitete sich auch in der Süddeutschen Zeitung die Nachricht, daß man für die Einsiedelei wieder einen Eremiten suche. Es soll genügend Bewerber geben....
Literatur:
Br. Raimund von der Thannen | Einsiedelei Saalfelden - Geschichte Gedanken Gebete, Saalfelden, ohne Jahresangabe |
Hosan, Bastian | Ein Anruf bei ..... Alois Moser, Pfarrer auf Eremiten-Suche, Süddeutsche Zeitung Nr. 27, 2. Februar 2017, Panorama, S. 8 |
Landesverein für Höhlenkunde in Salzburg | SALZBURGER HÖHLENBUCH Band 2, Salzburg, 1977. |
Watteck, Nora | Einsiedler - Inklusen, Eremiten, Klausner und Waldbrüder im Salzburgischen, Verlag St. Peter Salzburg 1972 |
Links:
[ Index ] | [ Englisch version ] | [ Höhlen und Höhlengebiete ] | [ Kunst ] |
[ HöRePsy ] | [ Höhlenschutz ] | [ VHM ] | [ Veranstaltungen ] | [ Links ] |