Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Alkohol und andere Rauschmittel und Höhlen
Blick in ein österreichisches Höhlenhüttenbuch
Bierkeller und Ausschankstätten
"Die Götter bedürfen nicht des Schlafes, unermüdlich reisen sie zum (Soma-)Rausch (wo immer er geboten wird). Rigveda/Michaels 80
André Gide: Der Grund des Trinkens besteht darin, dass wir uns den Traum von einer Sache erwerben möchten, weil wir die Sache selber nicht bekommen können." (zitiert nach Grün)
"Der Rausch ist die Erfahrung, in welcher wir allein des Allernächsten und des Allerfernsten, und nie des einen ohne des andern, uns versichern. Das will er sagen, daß rauschhaft mit dem Kosmos der Mensch nur in der Gemeinschaft kommunizieren kann." Benjamin, Einbahnstraße 123
"Der Rausch ist ein Sehnen am Rand eines tiefen Dunkels entlang." Egbert Tholl, Lockende Tiefe, Süddeutsche Zeitung 272, 26.11.2018, S. R20
"Willkommen in der kompletten Idiodie, in der Jugendliche sich nicht mehr besaufen dürfen - wer wenn nicht sie hätten einen Rausch verdient! Wir werden ihnen einmal ein Feld überlassen wie nach einem Bombenangriff." Berg, Wie halte 135
"Berauscht euch; berauscht euch unentwegt! An Wein, an Dichtung, an Tugend, wie es euch beliebt." Charles Baudelaire
"Wir leben in entsetzlich geordneten Verhältnissen und doch gehen unsere Kraft und unsere Kreativität, unsere Sinne und unsere Sehnsüchte in den Untergrund." Schuller, Im Rausch Seite V
"paradies artificiell" Baudelaire
Ein ergiebiges Thema für eines der nächsten HÖREPSY-Treffen
Material dazu:
"Im Biwak tut die fehlende Wärme des Kochers der Gemütlichkeit kaum Abbruch. Wir haben immerhin Wurst, Nüsse aus den alten Biwakbeständen und sogar Ostereier. Und so gibts Schoggieier im Salamimantel mit Mandeltopping. Dazu zaubert Karlin aus seinem Schleifsack eine Flasche (pardon, ein Plastik-Weithalsgefäß) edlen Weines hervor, wir stossen auf uns und die Höhle an. Ein zweites Fläschlein hätten wir glatt auch noch geschafft, doch findet sich nirgends eines und so müssen wir wohl oder übel früh in die Schlafsäcke kriechen." | Meyer, S. 30 |
"Eine Woche später, am 23.9.07 realisierten Urs Meyer und der Autor die erste Durchquerung der Lachenstockhöhle vom unteren Eingang über die Hauptgänge und die 'Porta Alpina' zum oberen Eingang. Eine Flasche Champagner hatte die ca. 1 km lange Höhlenstrecke ebenfalls überstanden, und so konnte gebührend auf das Ereignis angestossen werden." | Dickert, Andreas, S. 19 |
Klassisch ist die Szene aus dem Alten Testament von Lot mit seinen Töchtern...... | |
Das Thema ist auch gut für Mythenbildung: Im Östlichen Steinernen Meer in der Umgebung der Wasseralm soll es eine Höhle geben, in die ein früheres Mitglied des Vereins für Höhlenkunde in München Anfang der 70er Jahre mehrere sehr gute Flaschen Whisky eingelagert haben soll. Leider ist er schon verstorben und hat an niemandem das Geheimnis, wo diese rätselhafte Höhle liegt, weitergeben können. Vielleicht wird sie ja mal gefunden. | mündliche Mitteilung von Toni Müller |
"In der Höhle kochten wir dann wieder richtig auf. Mit dem vorhandenen Schnaps erreichten wir sehr schnell die nötige Bettschwere." | Hild S. 11 |
"Wir kamen zügig voran, waren bald in "unserem" Biwak und begannen gleich uns häuslich niederzulassen. Erst einmal wurde Gudruns mitgebrachte Fledermausgirlande aufgehängt und dann ging es ans Essen kochen. ...Dieser Abend endete mit reichlich Tee mit Rum (eh klar!) und zahlreichen Liedern: "What shall wo do with the drunken caveman.." | Zimmerebner S. 26 |
"YangWu: Wissen Sie eigentlich, wie der Alkohol in die Welt kam? Jedenfalls nach China? Ein Untertan des Königs wurde beauftragt, für das eben geerntete Getreide eine optimale Lagerungsstätte zu finden. Er fand eine Baumhöhle. Etliche Wochen später suchte er das Versteck wieder auf und fand dort eine Reihe größerer und kleinerer Tiere glücklich schlafend. Nach einer Erklärung forschend, stieß er bald auf einen stark riechenden Saft. Er nippte daran. Die Wirkung ließ nicht auf sich warten. Stolz berichtete er dem Fürsten von seiner Entdeckung. Dieser befahl ihm, mehr von diesem Saft zu besorgen. So wurde der Bauer zum ersten Schnapsproduzenten Asiens." (Aus: Georges Delnon, Trinkt Turandot Tee? Ein Gespräch mit Musik und Schnaps, in: Elke Heidenreich, Ein Traum von Musik - 46 Liebeserklärungen, Edition Elke Heidenreich bei C. Bertelsmann, München 3. Auflage 2010)) | |
In der Höhle Areni-1 in der Provinz Vayotz Dzor in Armenien hat man die bislang ältesten Vorrichtungen gefunden, die der Herstellung von Wein gedient haben. Sie sind ungefähr 6.100 Jahre alt! Man fand mehrere Bottiche, einen für die Fermentierung, Kerne und ausgepreßte Trauben und Trinkgefäße. Gleich daneben fand man Gräber. Wurde der Wein bei Begräbnissen verwendet? | Spelunca 122-2011, S. 3 |
In der grotte de Selva-Pascuala, Provinz Cuenca, Villar de Humo, wurden 13 rund 6.000 Jahre alte Zeichnungen entdeckt. Eine davon stellt wahrscheinlich einen halluzinogenen Pilz dar, der in der Gegend wächst, Psilocybe hispanica. Ist diese Darstellung mit irgendwelchen schamanischen Riten in Zusammenhang zu bringen? In Algerien fand man Darstellungen dieses Pilzes, die 7 bis 9.000 Jahre alt sind. | Spelunca 122-2011, S. 3 |
In der Grotte de Courniou im Departement Hérault in Frankreich forschte Ende des 19. Jahrhunderts u.a. Louis Armand. Nach einem Abstieg in einen Schacht berichtete er von der Entdeckung einer großen wunderbaren Halle, dem "salle Armand". Martel zeichnet sie in seinen Plan ein und führt sie in "Les Abimes" auf. Als andere später versuchen, sie auch aufzusuchen, gelingt das nie einem. Es taucht das Gerücht auf, daß es sie gar nicht gibt. Robert de Joly schreibt dann dazu in seinen Memoiren: "Le jour où Armand était descendu ici, il avait sans doute dû un peu trop forcer sur la dive bouteille - ce qui lui arrivait assez fréquemment." |
Robert de Joly, Memoires, S. 82 |
"Die Mitnahme alkoholischer Getränke als Rauschmittel in Höhlen und Bergwerken, um die Angst einflößende Wirkung und Kälte des Höhlenraums beherrschbar zu machen, hat lange Tradition." | Mattes 232 |
"Sigmund Freud...beim Besuch der Rudolfshöhle (Divaca): Am Vormittag gingen wir in die Rudolfshöhle, angefüllt mit allerlei seltsamen Tropfsteinbildungen....Das Merkwürdigste war unser Führer, im schweren Alkoholdusel, aber ganz sicher und humoristisch belebt. Er war der Entdecker der Höhle selbsst, ein verkommenes Genie offenbar, sprach immer von seinem Tode, seinen Konflikten mit den Geistlichen und seinen Eroberungen in diesen unterirdischen Reichen. Als er äußerte, daß er schon in sechsundreißig "Löchern" im Karst gewesen sei, erkannte ich ihn als Neurotiker und sein Konquistadorentum als erotisches Äquivalent. Er gab einige Minuten später die Bestätigung, denn als ich ihn fragte, wie weit man in der Höhle kommen kann, antwortete er: "Es ist wie bei einer Jungfrau: je weiter man kommt, desto schöner ist es. Ich überzahlte den "größten Lumpen von Divaca", wie er sich nennt, mit einigen Gulden, damit er sich schneller aus dem Leben trinken kann." | Pilgram 230f |
"..es gab nichts Erwähnenswertes, außer daß wir am Biwak ganz schön Alkohol in den Tee bekamen....Lustig wurde es wieder im Eisteil, beim Ausstieg aus der Höhle, denn seltsamerweise war vor dem Frühstück noch ziemlich viel Alkohol übrig (danach nicht mehr), Höhlenforscher sind halt doch Säufer!" | Triller, Hirlatz 14 |
Höhlenwhisky aus der Dechenhöhle: "In
der Kristallgrotte der Dechenhöhle heißt es für die Besucher:
"Bitte Ruhe, der Whisky schläft!" In Hagen-Dahl wird von der Märkischen Spezialitätenbrennerei ein feiner Single Malt Whisky destilliert. Aus Münchner Braumalz, einem stark geröstetem Gerstenmalz, das reich an Kaffee- und Schokonoten ist, stellt die Vormann Brauerei aus Dahl eigens für die Brennerei eine Whiskymaische her....." |
In der Kristallgrotte der Dechenhöhle heißt es für die Besucher: "Bitte Ruhe, der Whisky schläft!"^ |
"In der Fledermaus-Höhle von Albanol bei Granada und in den Schweizer Pfahlbauten fand man Hinweise darauf, daß die Mohnpflanze in Europa mindestens schon 4 Jahrtausende bekannt ist. Wahrscheinlich wußten bereits die Menschen der Altsteinzeit von der Wirkung solcher Gifte." | Schmidt, Innenweltverschmutzung 31 |
"In der jetzt vorgestellten Untersuchung hatten die Wissenschaftler Rückstände aus der kalifornischen Pinwheel-Höhle analysiert. Sie ist benannt nach einer wirbelförmigen Abbildung aus roter Farbe an der Decke, die an ein Windrädchen erinnert. Die Forscher interpretieren die Malerei als Abbild einer sich öffnenden Blüte des Kalifornischen Stechapfels, einer hallozinogen wirkenden Pflanze, deren Gebrauch unter anderem bei Initiationsritualen von Heranwachsenden in der Region dokumentiert ist." | DPA, Kunst und Drogen 14 |
"Bei einem kleinen Haschzigaretterl im Biwak (das gab es damals!) wurde schnell wieder Frieden geschlossen." | Klappacher, Entdeckungsgeschichte 14 |
"Ich...merkte, daß ich erstmals im Leben betrunken war. Nach ein paar Schritten fiel ich um. Ich lag im Gras, mit dem Gesicht nach unten, und konnte keinen Finger mehr rühren. So nah an der Erde hatte ich mich noch nie gefühlt; ich roch sie, spürte sie an der Wange, hörte in der Tiefe den unterirdischen Fluß, den Timavo, brausen..." | Handke, Wiederholung 315 |
"Nach einem erfolgreichen Forschungstag in den Gamslöcher-Kolowrath-System am Untersberg: "Im Biwak herrscht Hochstimmung. Sekt und Whisky gurgeln durch unsere Kehlen. Steaks schmurgeln in der Pfanne. Ein Forschungstag bleibt uns noch. Morgen.." | Dumfahrt, Explosion 58 |
"Am Vormittag gingen wir in die Rudolfshöhle...Das Merkwürdigste war unser Führer, im schweren Alkoholdusel, aber ganz sicher und humoristisch belebt....Ich überzahlte den "größten Lumpen von Divaca", wie er sich nennt, mit einigen Gulden, damit er sich schneller aus dem Leben trinken kann." | Sigmund Freud in einem Brief an Wilhelm Fließ vom 14.4.1898, S. 232 |
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In der Lampohütte 2006 - das gute österreichische Bier! |
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Im Hohlloch bei St. Wolfgang | |
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Beim 16th International Symposium on Vulcanospeleology in Puerto Aroyo/Galapagos gesichtet |
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Brauerei in der Hersbrucker Schweiz |
"cave radler" - eine Biersorte, gekauft 2015 im Bayerischen Wald | |
Spezialbier für die Höhlenforschertagung in Nesselwang 2019 2019 tagung nesselwang |
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Sakeopfer in einer japanischen Höhle | |
"Höhlenwein" beim SGH-SSS-Kongreß im Muotathal/Schweiz |
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Werbung für Budweiser Bier | |
Whiskywerbung |
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Literatur:
Baudelaire, Charles | Le Spleen de Paris, Hamburg 2019 |
Benjamin, Walter | Einbahnstraße, Bibliothek Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1955 |
Berg, Sibylle | Wie halte ich das nur alles aus? Hanser, München 2013 |
Dickert, Andreas | Kurznachrichten - Aktuelles aus dem Forschungsgeschehen, Höhlenpost 130-2007, S. 19 |
DPA | Kunst und Drogen, SZ Nr. 274, 26.11.2020, S. 14 |
Drouin, Philippe | L'ALCOOL ET LA SPELEOLOGIE; gus 33, 1982, p 2 |
Dumfarth, E. | Explosion, ATLANTIS 1/89, S. 58 |
Freud, Sigmund | Briefe 1873-1939, S. Fischer Verlag, |
Garberi, Maria Luisa, Forti, Paol0 | USI Impropri (?) La fruiione della cavità nell'iconografia antica e moderna, SSI, Bologna, ridedizione 2022 |
Glomp, Ingrid | Im Dopamin-Dorado, PSYCHOLOGIE HEUTE April 2011, S. 57 |
Grün, Anselm | Erkaufte Träume, in: Buch der Lebenskunst, Herder-Verlag, Freiburg im Breisgau 2002, S. 191 |
Gschlößl, Roland | Feste der frühen Bauern: 160 Liter Bier und tönerne Trinkbecher, Bayerische Archäologie 2/2020, 18-24 |
Gschlößl, Roland | Mohn als Kulturpflanze: Nahrung oder Droge? Bayerische Archäologie 2/2020, 25 |
Handke, Peter | Die Wiederholung, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1986 |
Hanske, Paul-Philipp, Sarreiter, Benedikt | Ekstasen der Gegenwart. Über Entgrenzung, Subkulturen und Bewusstseinsindustrie, Matthes & Seitz, Berlin 2023 |
Herrmann, Sebastian | Im Rausch der guten Laune, SZ Nr. 28, 4.2.2022, S. 24 |
Hild, Ingo | Rotwandlforschung 2010 vom 31.07. bis 03.08.2010, ATLANTIS 3-4/2011, S. 3ff. |
Joly, Robert de | (1975): Memoirs of a Speleologist, Zephyrus Press, 1975. Autobiography. |
Klappacher, Walter | Entdeckungsgeschichte der Salzburger Höhlenwelt, Atlantis 42-2020, Heft 1-4, S. 14 |
Mattes, Johannes | Reisen ins Unterirdische, Wien Köln Weimar 2015 |
Meyer, Ulrich | Abschied von einer Legende, Höhlenpost Nr. 133-2009, S. 30 |
Michaels, Axel | Die Kunst des einfachen Lebens - Eine Kulturgeschichte der Askese, becksche Reihe, München 2004 |
Pilgram,, Gerhard, Berger, Wilhelm, Koroschitz, Werner | tiefer gehen - Wandern und Einkehren im Karst und an der Küste, Drava-Unikum, Klagenfurt-Celovec 2011 |
Pollan, Michael | Verändere dein Bewußtsein, München 2019 |
Priesner, Claus | Hinter den Grenzen des Ich, KULTUR & TECHNIK, 4/2107, 6-14 |
Reichholf, Josef H. | Warum die Menschen sesshaft wurden - Das größte Rätsel unserer Geschichte, S. Fischer-Verlag, Frankfurt a. M 2008 |
Rücker, Gernot | "Wer täglich trinkt, ist abhängig", Interview von Wolfgang Bäumer mit Gernot Rücker, SZ Nr. 236, 12./13.10.2024, S. 31 |
Schmidt, Jürgen von | Innenweltverschmutzung, Knaur-Verlag, München/Zürich 1973, S. 31 |
Schreiber, Daniel | Nüchtern - Über das Trinken und das Glück, Hanser, Berlin 2014 |
Schuller, Alexander | Im Rausch sich verlieren und wiederfinden - Zur Anthropologie der Sucht, SZ Nr. 110, 114./15. Mai 1994, Seite V |
Serrao, Marc Felix | Der Geist in der Flasche, Süddeutsche Zeitung Nr. 83, 11./12. April 2015, S. 55 |
Triller, Adolf | Hirlatzhöhle 28./29.1.78, Der Schlaz 24-1978, S. 13f. |
Worlizek, Kurt | Schnaps und Höhle! Vereinsmitteilungen Salzburg 2-1976, S. 15 |
Zimmerebner, Sabine | Neustart der Forschungstätigkeiten in den Windlöchern 2011, ATLANTIS 3-4/2011, S. 23ff. |
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