Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Heidenlöcher bei Stockach und anderswo, D
Heidenlöcher bei Stockack/Zizenhausen 2017
Souterrains um Überlingen am Bodensee
Oberhalb von Stockach im Hegau verbirgt sich heute in einem großen Wald im so genannten Heidenbühl ein besonderer Ort, die Heidenlöcher. In die gelblichen Sande des ehemaligen Jurameers wurden von Menschen Vertiefungen
gegraben, die wir noch heute besuchen können. Fünf sind es in einer unteren Reihe, drei oberhalb davon.
Warum? Viel wurde schon spekuliert. Vielleicht waren es schon die Römer, die Löcher dort geschaffen haben. In einer Literaturquelle aus dem Jahre 1816 wird schließlich von "römischen Münzen" berichtet, die man gefunden habe. Oder waren es Zufluchtsstätten der ersten Christen? Oder haben sich "Heiden" dort getroffen, um irgendwelchen seltsamen "Kulten" zu frönen? Schlupfwinkel für "Lichtscheue" vielleicht, Notwohnungen in Kriegszeiten? Ein Hafner hatte wohl einmal seine Werkstatt dort, jedenfalls ist die "Hafnerhöhle" noch heute rauchgeschwärzt und man hat in ihr einstmals Bruchstücke von Hafnergeschirr gefunden. Der Volksmund sprach davon, daß früher in den Höhlen "bewirtet" worden sein und eine Höhle als "Faßlager" früher gedient habe, ein Aspekt, der durchaus wahr gewesen sein kann.
Die Zeiten gingen nicht spurlos an den "Höhlen" vorüber. Von den geschwärzten Decken war schon die Rede. Besonders an den Wänden haben sich viele der Besucher "verewigt", mehr oder weniger kunstvoll. Den meisten fällt nur ihr eigener Name ein, den sie dann in den Fels hacken. Andere haben Gesichter gemeißelt.
Einer, es war 1786, hat gleich ein ganzes Gedicht in den Fels hämmern lassen, vielleicht auch es selber getan. Das ist heute nicht mehr feststellbar. Der Zahn der Zeit nagt heftig an ihm. Einer, der es um 1910 noch gut hat lesen können, hat es niedergeschrieben. Die ersten Zeilen: "Heil euch verlaß'nen Heidenlöchern / und euch felsichten Gemächern! / Der Herr von euch und Zitzenhausen, / das ihr da unten immer mehr / aufblühen seht zu seiner Ehr', / stieg auch in eure öden Klausen..."
2017 | |
Die Heidenlöcher bei Stockach sind nicht die einzigen "Heidenlöcher".
Am 12. August 2001 machten wir, Willi Adelung und ich, uns
noch einmal auf, "Heidenlöcher" zu besuchen. Es gab ja
da die von Bambergen, von Karner, als "zwei
ungleich grosse, mit einem Gange verbundene viereckige Kammern,
jede innen mit einem Falzverschlusse, und die von Bermatingen,
ebenfalls bei Karner aufgeführt und ausführlich geschrieben:
"Die Höhle ist eine Doppelhöhle. Die eine ist 21 Fuss
lang, 7 fuss hoch und nahezu so breit, also 7 m lang und 2 m
breit und hoch. Die Richtung war von West nach Ost mit einer
Abweichung von 30 Grad nach Nord."
Wir fuhren zuerst einmal nach Bermatingen und versuchten
dieses Objekt zu finden. Kein leichtes Unterfangen. Wir irrten
hin und her mit dem Auto. Erst der Kauf einer Wanderkarte der
Bodenseeumgebung brachte ein bißchen mehr Licht ins Dunkel. Da
gab es tatsächlich ein Höhlenzeichen drauf, das wir gleich zu
Fuß suchten, aber auch nicht fanden. Erst ein Einheimischer gab
uns den entscheidenden Tip. Wir waren längst schon zweimal an
den Eingängen vorbeigefahren gewesen, aber vom Auto aus, sahen
die beiden Türen einfach wie Pforten zu Kellern aus. Als wir
dann den Efeu, der eine darunter befindliche Informationstafel
schon ziemlich zugewuchert hatte, weghoben, konnten wir lesen,
daß sich da das oder die Heidenlöcher befanden. Außerdem steht
da, daß sie 1840 entdeckt wurden, "nach den Ausführungen
des Altertumsforschers Dekan Eitenbenz es sich um einen
Zufluchtsort für Christen aus der Zeit des römischen Kaisers
Diokletian" handeln solle, und daß ein Erich Kaiser im
Bermatinger Heimatbuch ausführlich über den neueren
Untersuchungsstand geschreiben habe. Leider war keinerlei Hinweis
drauf, wie man da ohne Gewalt hineinkommen könnte, so daß wir
erst einmal ein bißchen frustriert wieder weiterfuhren, aber
immerhin hatten wir den Eingang schon mal gefunden. Man muß vom
Ortskern sich etwas nördlich halten auf einen Weiher am Ortsrand
zu. Am Weg nach oben liegen linkerhand die beiden unübersehbaren
Türen, die den Zugang versperren.
Auch die Heidenlöcher bei Bambergen wurden zu einer Enttäuschung für uns. In Bambergen trafen wir einen Bauern, der auf unsere Frage hin, ob er wisse, wo sie seien, gleich fachkundige Auskunft geben konnte. Als Kind sei er schon drinnen gewesen, aber inzwischen seien sie wohl nicht mehr zugänglich. Wir sollten aus dem Dorf hinaus Richung Osten zur Hauptstraße, dort nach links bis zu einem Parkplatz und von dort zu Fuß bis zu einem Waldweiher. Dort haben sie einmal befunden. Wir fanden das alles nach und nach auch, nur die Löcher nicht. Vielleicht liegt direkt am Wasserspiegel noch ein bißchen etwas, aber dieser Bereich ist nur mit guten Bergschuhen sicher zu begehen und nicht mit Ledersandalen, wie ich sie anhatte.
Zusammenfassend kann sicherlich gesagt werden, daß diese "Heidenlöcher" nicht dem Typus des "Erdstalles" zugeordnet werden sollten. Diese Aussage ist nicht abwegig, weil der Nestor der Erdstallforschung, Pater Lambert Karner, sie in einem epochalen Werk "Künstliche Höhlen aus alter Zeit" als Erdstall aufgeführt und in die Karte über die Verteilung dieser Objekte eingetragen hat.
Heidenlöcher bei Überlingen
Literatur:
Frauenfelder, Reinhard |
Die Heidenhöhlen bei Goldbach-Überlingen, in: Das Bodenseebuch 20, 1933, p. 37-42 |
Haager |
Die Heidenhöhlen am Bodensee. Schriften des Vereins für die Geschichte des Bodensees. Bd. 7, Lindau 1876 p.62-82 |
Hofmann, Franz |
Die Heidenhöhlen bei Goldbach - Über eines der spektakulärsten Reiseziele am Bodensee und seine unwiederbringliche Zerstörung, hegau-Jahrbuch 65 / 2008, Hegau-Geschichtsverein e.V. Singen-Hohentwiel, S. 101-130 |
Karner, Lambert, |
Künstliche Höhlen aus alter Zeit, Wien 1903 |
Scheffel, Joseph Viktor von |
Ekkehard, Hera-Verlag, 22. Auflage, Wilhelmshaven 1949 |
Schneider, Ernst |
Über einige südwestdeutsche Höhlennamen und Höhlensagen, Mitteilungen des Verbands deutscher Höhlen- und Karstforscher, Jhg. 21, Nr. 4, S. 87-90, München 1975 |
Schneider, Ernst |
"Heiden"-Flurnamen, in: HEGAU Heft 2 (10) Singen 1960, S. 264ff. |
Striebel, Thomas | Die Heidenhöhlen bei Zizenhausen - ein Beispiel für künstliche Höhlen älterer Entstehungszeit, MITTTEILUNGSHEFT DER HÖHLENFORSCHUNGSGRUPPE BLAUSTEIN 9. Jahrgang Heft 1+2, Trossingen 1986 |
Striebel, Thomas
|
Die Heidenhöhlen bei Zizenhausen: künstliche Höhlen unbekannten Ursprungs, Der Erdstall 27, Roding 2001, S. 28ff. |
Wagner, Hans | Die Heidenhöhlen bei Zizenhausen, in: HEGAU: Heft 2 (14) Singen 1962, S. |
Links:
Heidenhöhlen
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Stockach Wanderroute 2 - wanderkompass.de
Goldbach: Heidenhöhlen
Molassefelsen (Heidenhöhlen) bei Überlingen - Goldbach (Bodenseekreis)
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