Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Die Mangfallbrückenhöhle
- ein vom Menschen geschundener Ort
Ihr Leben begann mit dem Wasser. Stark kalkhaltig war es, floß schnell von seinem Ursprung hinunter zur Mangfall, floß über Pflanzen, die sie allmählich mit einem Überzug aus Kalk verfestigte, baute allmählich eine richtige Terrasse aus Tuff auf. Ein Hohlraum bliebt frei, zieht sich etwa 20 m hinein in den Fels. Nur schmale Menschen können sich hineinzwängen durch eines der beiden Löcher, die den Eingang bilden. Dann wird es gerade mannshoch, oder auch "frauhoch", noch eine Schliefstelle, noch ein länglicher Raum. Dann ist alles auch schon wieder zu Ende.
Vermutlich hörte die aktive Phase der Höhlenbildung damit auf, daß die Stadt München, die zahlreichen Wässer um den Taubenberg faßte und zur Trinkwasserversorgung der Großstadt dorthin leitete. Die Bäche versiegten, die Höhle trocknete aus, nichts mehr mit frischen Sinter. Auch der Bau der Autobahn München-Salzburg genau über der Höhle hatte sicherlich seine Auswirkungen. Vielleicht wurde wegen ihr der Zufluß des Wassers gestoppt. Alles, was mal an größerem Sinter drinnen war, ist sicherlich schon herausgeschlagen worden. Ein paar Zäpfchen gibt es zwar noch, aber die wurden von den Plünderern wohl übersehen oder nicht für Wert erachtet, auch noch mitgenommen zu werden.
Die Höhle wurde ausführlich erforscht, beschrieben und vermessen von Dolfi Triller. Immer wieder bin ich dorthin gefahren, habe einmal auch mit meinen Kindern und unserem Pflegekind Florian mal eine Tour hingemacht, die ich nie vergessen werde. Einmal hatte ich die Schwierigkeit unterschätzt, die es doch gibt, wenn man mit kleinen Kindern den steilen Hang vor der Höhle hinunter will. Da gibt es kaum Griffe und Tritte und es bereitete einige Kopfschmerzen, alle gut runter und wieder rauf zu bringen. Das Hauptproblem war am Eingang. Die Kinder verweigerten einfach das Mitkommen. Für sie waren die kleinen Schlupflöcher einfach so winzig, daß sie sich gar nicht vorstellen konnten, daß da jemand jemals reinkommen könnte. Es bedurfte schon des persönlichen Beispiels, daß ich sie trotz aller Skepsis davon überzeugen konnte, daß es doch möglich sei. Froh waren sie trotzdem, da wieder gut draußen zu sein.
Die traurigste Tour in die Höhle unternahm ich mit Willi Adelung im Mai 2000. Irgendwelche Deppen verwechseln diese kleine Höhle wohl mit einer Mülldeponie! Der Boden ist übersät mit leeren Bierflaschen, ganz oder kaputt. Scherben überall. Stücke eines Kunststoffbodenbelags liegen herum, bildeten wohl mal eine bequeme Liegefläche. Bis ans Ende muß man dem Abfallglas folgen. Selbst im hintersten Eck liegt noch eine Flasche. Dort gibt es dann noch etwas ganz Feines zu sehen. Ein altes, mit dunklem Dreck verschmiertes Telefon hängt da an der Wand, den nach unten hängenden Hörer am Draht dran baumelnd. Telefoniert da gerade jemand mit dem Jenseits? Mit irgendeinem "Höhlengeist"? Das soll ein "Kunstwerk" sein, "geschaffen" von einem von "Kunst" angehauchten "Höhlenforscher". "Kunstwerke" haben heute oft nur eine begrenzte "Lebensdauer". Dann werden sie wieder entfernt, siehe die DOKUMENTA in Kassel. Vielleicht holt sich der "Künstler" bald wieder seine "Schöpfung" von dort ab, sonst fällt sie der nächsten Reinigungsaktion zum Opfer. Sie ist schon geplant.
Was man nicht sollte, das wäre so eine Höhle zusperren. Das wäre dann wirklich der Endpunkt einer Entwicklung, die halt immer öfters nur noch "downwards" führt. Werden und vergehen - das ist nun einmal unsere Welt - auch ein Mahnmal unserer Vergänglichkeit.
Im Eingang steckt Willi | Kinder haben es am leichtesten hier |
Die beiden Teile gehören zusammen. Sie sind Bestandteil der "Installation" eines noch vom Weltkunstbetrieb nicht zur Kenntnis genommenen in München wohnenden zeitgenössischen ..... (Künstlers, Scharlatans, Verrückten, Höhlenschänders....?) |
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Hier sind schon viele Tropf- und Tuffsteine geendet - auf dem Friedhof | |
oder in einer Kapelle (Maria Wald im Chiemgau) | |
Eine davon ist auch vom Menschen nicht verschont worden, die Höhle bei der Maxlmühle. Auch an der Straße sieht der aufmerksame Beobachter, daß beim Durchstich durch einen kleinen Hügel eine kleine Höhle zerstört worden ist. Man sieht davon heute nur noch ein paar kleine Tropfsteine und Wandsinterleisten.
Als ich Ende Mai 2004 die Mangfallbrückenhöhle wieder besuchte, um den Müll aus der Höhle einzusammeln, um ihn möglicherweise für die Ausstellung "Kunst und Höhle 2004" in Aschau wieder zu verwenden, da waren bemerkenswerte Veränderung passiert. Das Telefonkunstobjekt war verschwunden, viele Bierflaschen waren herausgeräumt worden, insgesamt machte die Höhle einen viel aufgeräumteren Eindruck. Trotzdem, ich mußte keine Angst haben, daß da nichts in meinem Plastiksack mehr Platz bekommen würde. Scherben, Scherben, Scherben, ein Teil eines Grablichts, lauter Kleinzeug, das die Menschheit da im Lauf der Zeit hineingetragen hatte, das kam wieder heraus. Am Eingang stand zufällig ein Schwammerlsucher, der sich wunderte, was da passierte. Als er von mir erfuhr, daß ich da gerade unterwegs war, um die Höhle zu säubern, fand er das ganz .... Ich tue es halt. Das genügt.
So sah es aus, eh ich dort war:
Ein Symbol unserer "modernen Zeit", des Ex-und-Hopps, natürlich von der Firma Coca Cola, direkt am Eingang
Bierflaschenscherben
Bilder von der HOLTOUR
So sieht das heute alles aus: verpackt in eine Schachtel, auf den Hausmüllcontainer wartend, nachdem es bei KUNST UND HÖHLE 2004 in Aschau verwendet worden war
Die "Höhlenmüll...." im Rathaus von Aschau
Der Müll aus der Höhle in einer "Kunstinstallation"
Anläßlich des 26. Deutschen Höhlenfotographenstreffens auf dem Spötzlhof bei Wasserburg wurden die mehr als 10 Teilnehmer an der Exkursion am 5. März 2005 von mir auch mal dorthin geführt. Als fotographisch besonders ergiebig erwies sich der Eingangsbereich. Wegen seiner relativen Enge hält er sicherlich so manchen ab, überhaupt in die Höhle zu gehen. So auch bei unserer Tour. Immer wieder mußten wir "psychologische Tricks" anwenden, um die Teilnehmer zu motivieren, sich doch auch noch durch die je nach Körperumfang durchaus grenzwertigen Eingangsöffnungen zu quälen.
"Höhleneingänge" - das war das Hauptthema des HÖPHO 2005 |
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Endlich drinnen | |
Die nächste Engstelle | |
Spinnenkokons von Meta Meinardi | |
Eine alte Wasserstandsmarke | |
Die aus den Höhlen herausgebrochenen Steine wurden für alle möglichen Zwecke verwendet. Einer der edleren Zwecke war, wenn man sie als Grabsteine benützte. Ein Beispiel vom Südlichen Friedhof in München:
Literatur:
Cramer, Klaus | Die Mangfallbrückenhöhle bei Darching in Oberbayern, Die Höhle, 16. Jahrgang, Heft 3 - 1965, S. 81-84 |
Triller, Adolf | Das Alpenvorland, in: Münchner Höhlengeschichte, hrsg. vom Verein für Höhlenkunde in München e.V., Schriftleitung Dolfi Triller, München 1982 |
Links:
Landschaft und
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