Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
46. Jahrestagung des Arbeitskreises für Erdstallforschung e.V. in
Kirchdorf am Inn
vom 27. bis 29. Oktober 2023
Seit dem Frühjahr 2023 gab es eine neue Vorstandstandschaft mit Otto Cichocki und Ralf Keller im Erdstallarbeitskreis. Eine der wichtigsten Aufgaben war und ist immer eine jährliche Tagung auf die Beine zu stellen und das gelang.
2018 hat dort, im Gasthof Inntalhof, schon einmal eine Frühjahrstagung stattgefunden. Nun kehrte man wieder dorthin zurück.
Es war eine Art Neuanfang, nachdem einige Jahre hindurch leider das Niveau ziemlich gesunken war. Es hatte Streit und unschöne Szenen gegeben, zahlreiche Austritte. Momentan gibt es nicht mehr einen einzigen Verein, sondern gleich drei Gruppen bzw. Grüppchen. Außerdem war wegen der Coronazeit ein Zusammenkommen ja auch nicht mehr möglich gewesen. Ausdruck der Krise war auch das Nichterscheinen der jährlichen Hefte des "Erdstalls". Nun gab es gleich ein Doppelheft mit vielen inhaltsreichen Artikeln, einer guten Bebilderung und einem makellosen Layout dank der eifrigen Schriftleiterin Heike Gems-Müller.
Am Freitag, den 27.10, fand ab 16.30 Uhr die Mitgliederversammlung statt. Ich bekam nur noch den letzten Tagesordnungspunkt mit, die Abstimmung über die Erhöhung des Mitgliedsbeitrages. Keiner wußte mehr, wann der Beitrag von 25 Euro einstmals festgelegt worden war, solang ist das schon her. Am Ende wurde demokratisch abgestimmt und auf 30 Euro erhöht. Dann ging es hinauf ins gut geführte Restaurant und das schmackhafte Abendessen und das feine Bier wurden einverleibt.
Ab 19.30 Uhr begann dann im Keller die "Ideensammlung und
die Diskussion zu künftigen Aktivitäten des Arbeitskreises". Welche Linie
soll weiter verfolgt werden? In die Öffentlichkeit gehen oder Zurückhaltung?
Was trägt mehr zur Erhaltung der Erdställe bei? Wichtig ist, daß Erdställe
eine hohe Wertschätzung als wertvolles Kulturerbe gewinnen bzw. bewahren. Dass
die Grundbesitzer, auf deren Land sie sich befinden, sie nicht einfach als
lästige Erscheinungen sehen und sie zuschütten oder plattmachen. Und daß auch
in Zukunft noch Interessierten, der Zugang dazu möglich ist. Wem? Nur einigen
"chosen few" ("Wissenschaftler"?) oder noch mehr? Das Wort
von den "Opfererdställen" fiel, die "Flehluckn" zum
Beispiel. Oder "Schauerdstall". Warum baut man eigentlich nicht unter
Verwendung modernster Technologie, Stichwort "Laser-Scanning", neben
dem echten Erdstall eine naturgetreue Kopie aus Spritzbeton? Rabmühle2? Das
körperliche Erlebnis, einen Erdstall zu befahren, alleine schon sich bücken zu
müssen, auf allen Vieren sich fortbewegen zu müssen, gar auf den Bauch sich
legen zu müssen, um wo durchzukommen, das ist es doch. Und am Ende durch eine
Schlupfröhre hindurch auf der anderen Raumseite wieder hervorzukommen. Das ist
durch nichts anderes ist das zu ersetzen.
Der Arbeitskreis hat zur Zeit noch 160 Mitglieder. Was wissen wir voneinander?
Wie viele sind da wirklich noch "aktiv" und wieviele sind eigentlich
nur noch Bezieher des Erdstallhefts? Wo liegen die Interessen und die
"Lieferungsmöglichkeiten"? Der beste Weg sich kennenzulernen, ist zu
den Treffen zu kommen!
Am Samstag war der wichtigste Teil der Tagung. Vormittags gab es Vorträge (Erdstall(?)grabung in Eggenburg, Otto Cichocki - Atemluftsituationen in verschiedenen Erdställen, Martin Müller - Bauschächte in den Erdställen, Josef Weichenberger), nachmittags Exkursion in 2 Erdställe im Innviertel, abends eine Nachbesprechung der Exkursion und dann wieder Vorträge (3D-Visualisation mit Digitalkamera und Photogrammetrie-Software, Otto Cichocki, Eine Reise zu den Zufluchtstunneln von CuChi in Vietnam, Franz Lindenmayr / eingeschoben wurde dann noch ein Vortrag von Werner Breuherr zum Erdstall in Reichersdorf und der Problematik seiner Erhaltung).
Am Sonntag fand wieder einmal eine Umstellung auf die Winterzeit
statt, so daß der "Jubiläumsempfang" anläßlich des 50-jährigen
Bestehens des Arbeitskreises eine Stunde "später" erst stattfand. Es
waren ca. 25 Teilnehmer da, manche trugen festliches Schwarz. Eine klare
Ansprache von Otto, weitere Grußworte von Ralf, dann eine Filmshow von
früheren Fernsehbeiträgen über Erdställe, präsentiert von Martin Müller.
Dann zeigte ich noch Bilder von der letztjährigen Erdstalltagung in Mölln in
Niederösterreich. Ich konnte mir einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen.
Otto sagte, daß man seit 130 Jahren nun schon Erdstallforschung betreiben
würde, und bezog sich damit auf die Arbeit von Karner. Wer noch ein wenig
tiefer blickt, der hat schon in seinem Klassiker den Satz gelesen: "Die
ersten Forschungen auf dem Gebiete der künstlichen Höhlen fanden in Bayern
statt." Siehe erdstall/anfaenge.
Egal, das sind alles nur Lernschritte, Vielleicht wissen wir in ein paar Jahren
noch mehr Einzelheiten. Wer weiß das schon wirklich?
Dann gab es noch einen Sektempfang und ein kleines Büffet. Netzwerken....
Eine gelungene Tagung, die mit Hoffnung in die Zukunft blicken läßt. Das Schlimmste, was uns passieren könnte, wäre, daß jemand mit der "Lösung des Erdstallrätsels" daher kommt. Da gab und gibt es ja immer wieder Leute, die sich damit brüsten, aber noch alle "durchgefallen" sind. Das ist ja gerade das Spannende an den "Erdställen" oder den "Unterirdischen Gängen" wie sie einst genannt wurden, bevor die "Erdstalleritis" ausgebrochen ist. Bei Karner war das noch anders.
Ich habe schon ein paar Jahre vorwärts gedacht. Wenn ich einmal nicht mehr sein werde, was geschieht man mit meinen Photos? Meine Kinder brauchen sich jetzt nicht mehr mit dieser Frage herumschlagen. Ich habe eine große Schachtel mit Kleinbild- und 6x6-Dias aus den Jahren 1993 und später an der Erdstallverein weitergegeben. Ein besserer Ort ist mir dafür nicht eingefallen. Es gibt ja jetzt Platz im Krahuletzmuseum in Eggenburg/Niederösterreich für den Erdstallverein und werden dort hoffentlich ein gültliches Schicksal haben.
Der Tagungsort:
der INNTALHOF in Kirchdorf am Inn
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Unterwegs auf Exkursion
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Abends Vorträge | ||
Blick aus dem Hotelfenster auf das Inntal | ||
Das 50. Jubiläum - ein Grund zum Anstoßen | ||
Die "Relique", der "Karner", in besten Händen | ||
Keine KI notwendig
- sondern hier ist echte HI Human Intelligence |
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Blick in die Vergangenheit auf ausgelegten Photos |
Am Tag danach war ich im Haus der Kunst in München. Die Ausstellung "Inside other spaces" wird dort gerade gezeigt. Ihr Thema: Kunst von Frauen. Sehr spannend. Auch die Parallelitäten zu dem, was ich Tage zuvor noch erleben durfte - einen Erdstall. Die Formähnlichkeiten. Welche Rolle haben die Frauen bei der Schaffung der Erdställe gespielt? Ich kenne bislang dazu keinerlei Überlegungen....
https://www.hausderkunst.de/en/eintauchen/inside-other-spaces-environments
Literatur:
Links:
https://www.erdstall.de/de/home
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