Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Landschaft und Höhlen der Hohenloher Ebene
Schandtauberhöhlensystem / reicht hinüber, naturbedingt, bis ins Nachbarland Bayern!
Themenweg "Unterirdische Schandtauber"
Als "weite, flachwellige Landschaft"
bezeichnet Thomas Rathgeber die Hohenloher Ebene, und trifft
damit sehr gut den Landschaftscharakter dieses Teils im Nordosten
Baden-Württembergs, der als "Hohenloher Ebene"
bezeichnet wird. Rudolf Schlauch, ein Heimatkundler, bezeichnete
sie mal als "noch immer eine der köstlichsten Landschaften,
die es in Deutschland gibt" und Christoph Bartmann schrieb
beim Blick vom Waldenburger Schloß: "Man sieht über die
Felder und Hecken der Hohenloher Ebene, eine karge und wenig
fruchtbare Hochfläche, die in bewaldeten Schluchten zu den
Tälern hin abbricht, die Jagst und Kocher durch den Muschelkalk
gegraben haben."
Unterhalb einer Lettenkeuperüberdeckung erstreckt sich der
Muschelkalk. Er ist etwa 195-225 Millionen Jahre alt, und damit
um einiges älter als die ansonsten häufig auftretenden
Jurakalke auf der Schwäbischen und Fränkischen Alb. Oft trennen
nur wenige Meter Felsüberdeckung die Erdoberfläche von
kilometerlangen Höhlengängen. Sehr markante
landschaftsprägende Erscheinungen sind die 2.000 Erdfälle, die
sich über die gesamte Fläche erstrecken und gelegentlich 10 bis
15 m tiefe Schachthöhlen.
Erst ab Mitte der 60er Jahre setzte die Erforschung der Höhlen in dieser Region richtig ein, die dann innerhalb kurzer Zeit sehr große Erfolge gebracht hat. Seit einiger Zeit hört man wenig von Neuentdeckungen, denn der größte Teil des Gebietes ist nun gut durchsucht und katastermäßig erfaßt. Überraschungen sind immer möglich, weshalb überhaupt nicht auszuschließen ist, daß noch weitere sehr bedeutende Höhlen eines Tages dort gefunden werden.
Die bedeutendste Höhle des Gebiets liegt beim Dorf Schmalfelden und trägt den Namen "Fuchslabyrinth". Ein großflächiger Steinbruch befindet sich nördlich des Ortes, und dort begann am 1. November 1974 die Geschichte der Erforschung einer der längsten Höhlen Deutschland. Thomas Rathgeber kroch in eine unauffällige Öffnung in der Steinbruchwand und dahinter öffnete sich bis dahin noch unbekannt gebliebene Höhle mit heute 8689 m vermessener Länge Mai 2009 /14.278 m - Juli 2023). Die Arbeitsgemeinschaft Höhle und Karst Stuttgart erforschte in den folgenden Jahren das gewaltige Gangsystem, das "durch mehr als 50 annähernd parallel in Nord-Süd-Richtung verlaufende Kluftgänge geprägt" ist. Zusammen mit den Verbindungsgängen mache es den Eindruck eines "Schachbretts". Der extrem labyrinthische Charakter der Höhle kommt schön in einem Ausspruch von Ralph Müller in einem Interview mit "nature press" zum Ausdruck: "Statistisch verzweigen sich die Gänge etwa alle drei Meter." Die Grundfläche, unter der sich das System erstreckt, ist bescheiden: Bei 6.400 m Gesamtlänge sind die Abmessungen gerade mal 250 m auf 440 m. Die Dimensionen der Gänge sind gering. Eine durchschnittliche Höhe von 1,5 m bis 3 m, eine Breite von 0,4 m bis 1,5 m. Der Boden wird durchwegs von Lehm in verschiedensten Formen gebildet. Inzwischen ist auch ein tiefer liegendes wasserführendes System angefahren worden, das zur Schandtauber hin entwässert.
Der Steinbruch bei Schmalfelden
Unterhalb von Sulzdorf, das heute ein Stadtteil
von Schwäbisch Hall ist, fließt der Schwarzlachenbach in die
Bühler, die kurz zuvor aus den Keuperbergen in den Muschelkalk
eingeflossen ist. Im letzten Abschnitt stürzt er über eine
Kalktuffkaskade nach unten. Gleich neben dem Bach, gut sichtbar
von der anderen Seite der Felswand, die das Plateau begrenzt, auf
dem im Mittelalter eine kleine Kirche stand, sind die beiden
Eingänge in die Anhäuser Tuffhöhlen. Vor dem
Eingang der der zweiten Höhle wurde 1976 ein Engel aufgestellt.
Leicht erreichbar ist nur die Anhäuser Höhle 1 über einen
ausgetretenen Pfad, der entlang der Begrenzungsmauer des heute
als Freizeitgelände und früher als Friedhof gedient habenden
Geländes. Im Bach liegen ein paar Steine und mit deren Hilfe
kann man unschwierig in den Eingang gelangen. Auf 16 m Länge
wurde sie 1974 von Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Höhlen
und Karst Stuttgart vermessen. Eine Sage berichtet von einem
Einsiedler, der einst dort gelebt haben soll. Im 2. Weltkrieg
diente sie als Unterstand für die Bewohner der Umgebung.
Bedeutsam ist, daß die Tuffhöhle 1 auf alten Aquarellen, die
hauptsächlich das Kirchlein zeigen, aufscheint. Von einem Prof
Reick und einem Konrad Schauffele aus Hall stammt ein Bild, auch
aus dem Jahre 1828 kennt man ein Gemälde von Friedrich Ernst
Haspel.
Anhäuser Tuffhöhlen (6825/01 und 02) | ||
Im Bühlertal liegt noch eine bemerkenswerte Karsterscheinung, die Quellgruppe Neunbronn unterhalb von Hohenstadt. An der Grenze Mittlerer/Oberer Muschelkalk treten zahlreiche Quellen im Talgrund aus speisen einen kleine, ziemlich verschmutzten Stausee, dessen Wasser über einen Kanal zu einem E-Werk geleitet wird. Möchte man zu den Quellen selber, muß man eine kleine Balance- und Klettertour entlang der Staumauer hinlegen. Viel sehen tut man trotzdem nicht. Wo kommt das Wasser her? Da war für die Hydrologen eine rechte Überraschung, als sie 1972 mal untersuchten, wo die Wässer der Jagst, die bei Crailsheim im Untergrund verschwanden, genauer des Kreuzbaches, und des Weidenbaches, der bei Wallhausen abtaucht, wieder zum Vorschein kamen, im Neunbronnen nämlich. Da sind beträchtliche unterirdische Strecken zurückgelegt worden, nämlich bis zu 17,75 km Luftlinie! Ein Fall von "unterirdischer Flußpiraterie"!
Bei der Quellgruppe Neunbronn im Bühlertal
...wird fortgesetzt
Steinbruch bei Gammesfeld |
Literatur:
Bartmann, Christoph | Es flattert die Wäsche, lüftet das Federbett - Deutsche Landschaften(28): Hohenlohe, Süddeutsche Zeitung LITERATUR Samstag/Sonntag, 18./19. Oktober 2003, Seite VII |
Rathgeber, Thomas | Neue Ergebnisse der Höhlenforschung im Hohenloher Muschelkalk, Abb. Karst- u. Höhlenkunde, Reihe A, Heft 16, München 1977, S. 63-73 |
Rathgeber, Thomas | Beschreibung einige Schachthöhlen der östlichen Hohenloher Ebene, Beiträge zur Höhlen- und Karstkunde in Südwestdeutschland, Nr.11, Stuttgart November 1976, S. 17-26 |
Hagdorn, Hans, SImon, Theo | Geologie und Landschaft des Hohenloher Landes, Thorbecke, Sigmaringen 1985 |
Karl, Edwin | Ponorhöhlen in Hohenlohe am Beispiel der Vogelsberger Ponorhöhle, Beiträge zur Höhlen- und Karstkunde in Südwestdeutschland, Nr.37, Stuttgart Oktober 1994, S. 30-32 |
Rathgeber, Thomas | Funde von Sauriern und Fischen der Trias aus den Hohenloher Höhlen, Beiträge zur Höhlen- und Karstkunde in Südwestdeutschland, Nr.17, Stuttgart November 1994, S. 20-22 |
Rathgeber, Thomas | Karstkundliche Exkursion in Nordost-Hohenlohe und Taubergrund mit weiteren natur- und landeskundlichen Besonderheiten, Beiträge zur Höhlen- und Karstkunde in Südwestdeutschland, Nr.37, Stuttgart Oktober 1994, S. 37-55 |
Nething, Martin | Über das Fuchslabyrinth und die benachbarten Spaltenhöhlen bei Schmalfelden, Beiträge zur Höhlen- und Karstkunde in Südwestdeutschland, Nr.37, Stuttgart Oktober 1994, S. 1-19 |
Schlauch, Rudolf | Hohenlohe Franken, Glock und Lutz, Nürnberg 1964 |
Ross, Michael | Der Themenweg "Unterirdische Schandtauber" zwischen Schrozberg und Rotherburg ob der Tauber, Mitt. Verb. dt. Höhlen- und Karstforscher, 67(2), München 2021, 42-48 |
Ross, Michael | Heizen und Kühlen mit "Höhlenwasser", Mitt. d. Verbandes der deutschen Höhlen- und Karstforscher 68(4), München 2022, S. 95-101 |
Simon, Theo | Schwebende Schichtgrundwasser-Stockwerke und schichtgebundene Verkarstung im Oberen Muschelkalk von Nordost-Württemberg, Laichinger Höhlenfreund 22 (2) 105-114, Laichingen 1987 |
Simon, Theo, mit Beiträgen von.. | Geologische Karte von Baden-Württemberg 1:25000, Erläuterungen zum Blatt 6625 Schrozberg-West, 1. Auflage, Freiburg i. Br. 2003 |
Simon, Theo, Wolf, Reinhard | Erdfälle und Höhlen - Karst auch im Muschelkalkgebiet unseres Landes, Blätter des Schwäbischen Albvereins 3/2023, S. 17ff. |
Wasmund, Michael | Da geht noch was! - Neues von Fulab und Schandtauber, in Tagungsband zur 54. Jahrestagung des VdHK in Waischenfeld 29.5.2014-1.6.2014, hrsg. von Jutta und Stefan Uhl, 2014 |
Wasmund, Michael | Die Vogelsberger Ponorhöhle bei Kocherstetten, Beiträge zur Höhlen- und Karstkunde in Südwestdeutschland, Nr. 31, Stuttgart 1987, S. 3-8 |
Zander, Jürgen | Zum Problem der ehemaligen Jagst-Versickerung bei Crailsheim, Beiträge zur Höhlen- und Karstkunde in Südwestdeutschland, Nr.2, Stuttgart November 1973, S. 2ff. |
Zander, J. | Hydrogeologische Untersuchungen im Muschelkalkkarst von Nord-Württemberg (östliche Hohenloher Ebene) - Arbeiten aus dem Inst. für Geol. und Paläont. Univ. Stuttgart N.F. 70: 87-182 |
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