Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Landschaft und Höhlen um Vang Vieng, Laos
Zuerst einmal ist Vang Vieng "eine Kleinstadt in der Provinz Vientiane in Laos". Um die 30.000 Menschen leben dort heute. Dort, wo noch 1998 die Welt zu Ende war, so der Kommentar einer französichen Höhlenforschergruppe aus dieser Zeit, weil die Straße von Vientiane her, das ca. 150 km entfernt ist, dort endete.Die Straße Richtung Luang Prabang war "nicht sicher", weil es immer wieder Überfälle auf Fahrzeuge gab, die viele Tote im Jahr kosteten, fuhr wohl keiner mehr weiter. Heute ist Frieden eingekehrt. Perspektiven zeichnen sich ab, die günstige Lage auf dem halben Weg zwischen den beiden wichtigsten Städten von Laos, die einmalige landschaftliche Lage, die touristischen Möglichkeiten, die bezahlte Beschäftigungsmöglichkeiten versprechen, somit eine positive wirtschaftliche Zukunft, wirkt sich aus.
Der Loose-Führer von Laos bezeichnet Vang Vieng als "die laotische Antwort auf Chinas Yangshou". Ich kenne das Gebiet nicht, aber wenn damit die Karstlandschaften um Guilin gemeint sind, dann ist der Vergleich schon möglich, aber ein wenig einseitig. Denn die großartige Landschaftskulisse von Vang Vieng ist nur halbseitig entlang des Nam Xong. Auf der anderen Seite ist wenig Erhebendes zu sehen.
Das liegt an der komplizierten Geologie, die bis heute noch wenig erforscht ist. Auf der einen Seite türmen sich die Karsttürme, auf der anderen gibt es ganz andere Untergründe, Schiefer, Lava usw..
Wer in Vang Vieng einen "alten" Ortskern sucht, der wird vergeblich suchen. "Zwei namenlose Nord-Süd-Straßen und eine Hand voll Querstraßen sind alles, was Vang Vieng ausmachen". Im Indochinakrieg war der Ort als "LIMA SITE 6" bekannt, eine riesige Lande- und Startbahn für Flugzeuge, die von dort zu ihrem "Kampf gegen den Kommunismus" aufbrachen und wieder zurückkamen. Die gibt es immer noch, ein riesiger Teerfleck in der Landschaft, der heute als Rummelplatz gilt. Die Busse kommen dort an und fahren natürlich auch wieder weiter.
Vang Vieng bekam in wenigen Jahren schon eine extreme Geschichte geschrieben. Mir wurde richtig abgeraten, im Januar 2011, dorthin zu fahren, wegen der Akustik! Gemeint waren die Riesenlautsprecher, die wohl für einige Zeit das Leben dort richtig dominiert, wenn nicht terrorisiert haben. Sie standen auf Nam Xong Island, und verschafften den Gemeinten ihre Hypeerlebnisse. Steigerungen sind ja die Krux des Kapitalismus, aber nicht nur vom dem! Alle Religionen sind ja voll von dieser Idee! Stichwort "Drogen"! Die scheint es mal extrem leicht dort erwerbbar gegeben zu haben - manche scheinen sie auch ungewollt bekommen zu haben, als sie eine "Happy Pizza" bestellt hatten (siehe Loose-Reiseführer).
Von irgendwelchen Drogenerlebnissen kann ich gar nichts berichten. Da gab es Angebote, ein ausführliches "Continental Breakfast" zu genießen oder ein "American Breakfast", eine starke australische Fraktion scheint es auch zu geben, wir landeten in einem relaxten Restaurant, wo man auf dem Boden saß, seine Pizza essen konnte und einen Gintonic dazu trank. Vielleicht verstößt das in einem "islamischen" Land gegen die ortsüblichen Sitten. Hier nicht. Kleine Fahrzeuge mit vielen Gummireifen überall, viele Junge zwängten sich in die Freiräume, standen zum Teil noch außen auf den schmalen Borden, damit alle Platz fanden. Das war ein auffallender Moment.
Wir fanden ein Unterkommen, das eigentlich kaum überbietbar ist. Es war preisgünstig und in einer einmaligen Lage - "Le Jardin Organique". Nachdem wir die Zimmer gesehen hatten, gab es kaum mehr eine Entscheidung. Wozu fährt man eigentlich so weit? **** Danke. Aber wir sahen auch in den "Hinterhof". Vorne ein Blick, wie man ihn nur an ganz wenigen Plätzen dieser Erde haben kann, unten, der Alltag, eine große Gruppe von Chinesen, wo ich mich unwillkürlich fragte, womit die hier eigentlich ihr Brot verdienten? Es gibt ja noch einmal genug Arbeit für die Laoten.
Bei all diesen Reisen stellt sich schnell ein neues Problem. Man hat diesen Ort erreicht, aber wie bewege ich mich dann weiter?
Mit dem Fahrrad. Das war meine erste Idee - und dabei würde ich gerne bleiben. Alleine die Anforderungen des Terrains sind hart. Nur gesunde, kräftige, leistungsfähige Leute halten solchen Forderungen wirklich stand, die anderen "fallen ab". Mit dem Bau von Teerstraßen werden solche Unterschiede dauernd verwischt. Mit der Medizin auch.
Ehrlich, nach drei Tagen Vang-Vieng-Erfahrung sage ich, bei all den anderen Gefahren, die auf einen lauern, ich nähme mir gerne eine Art Mofa, ein Elektrobicyclette oder wie auch immer man so etwas nennen möchte. Bitte keine Geschwindigkeitsrekorde! Das ist längst absolut von Vorgestern. Bei diesen Wegen! Schnelligkeit gibt es nur auf Straßen! Aber die gibt es in der Natur ja nicht. Genauso wenig wie bei uns. Die müssen alle ziemlich gewalttätig überhaupt erst hergestellt werden. Straßenbaufirmen werden beschäftigt! Wer über die "Erde" dahinholpert, der spürt sie "richtig", die Erdoberfläche, heftig oft, wenn der eigene Hintern damit gerade beschäftigt wird.
Was Vang Vieng so besonders macht, sind die gezackten Bergzüge, die sich auf einer Fläche von 30 km in Nord-Süd-Richtung und 15 km in Ost-West-Richtung erstrecken. Sie bestehen aus Kalkstein aus dem Perm-Zeitalter, sind als also zwischen 300 und 250 Millionen Jahre alt. Der Kalk ist schwarz gefärbt, metaphorisiert, d.h. die Schichtenlagen haben sich weitgehend aufgelöst, vielfältig gefaltet und stark verkarstet. Während die höchsten Erhebungen 1.480 m erreichen, liegt der Talboden bei Vang Vieng auf 230 m Seehöhe, ein idealer Nährboden für große und tiefe Höhlen eigentlich. Zwei Hauptzubringer von Wasser, der Nam Xang Nua und Nam Xang Tai, beide mit Einzugsgebieten von mehreren Quadratkilometern, versinken in großen Blindtälern mit Wasserschluckern, die das Wasser Richtung Osten ableiten. Es erscheint dann in großen Karstquellhöhlen auf der Talseite des Nam Xong wieder wie der Nam Nam.
Die längsten derzeit bekannten Höhlensysteme sind die Tham Hong Ye mit 5,5 km erforschter Länge und das System Tham Hoi - Tham Nam Xang mit etwa derselben Erstreckung.
Bekannt waren viele Höhlen den Menschen, die dort lebten, sicherlich schon immer. Sie waren ja wichtig für das Leben und das Überleben. Sie bezogen das lebensnotwendige Trinkwasser daraus, holten sich auch ihre Nahrung teilweise dort. Fledermäuse gelten als Spezialität, auch die Höhlenfische wurden gefangen. Für das seelische Wohl wurden in die Höhlenräume meist in der Nähe der Eingänge zum Beispiel Buddhas errichtet. Und wenn es kriegerisch wurde, dann war eine Naturhöhle ein guter Bunker, so die Tham None, in der zeitweilig 2.000 Menschen den kriegerischen Handlungen aus dem letzten Krieg sich verborgen gehalten hätten. Heute sind einige der Höhlen eine große Hoffnung, ein wenig wirtschaftliche Zukunft dort zu finden. Vielleicht ist Vang Vieng im Moment der Ort der Erde, wo es die meisten Schauhöhlen pro Quadratkilometer auf der Erde gibt, wobei die Frage bliebt, was denn eine Schauhöhle ist. Nur ein Ort, wo einem Geld abgenommen wird, wenn man rein will?
Welche Höhlen habe ich in den wenigen Tagen, wo
ich dort war, überhaupt gesehen? Ehrlich, ich habe da meine
Probleme. Ich habe zum Beispiel die Schilder, die da standen,
meist gar nicht lesen können. Jetzt, hinterher, kann ich ein
paar ausmachen. "Ticket Cave", da gab es eine Höhle,
der hat mir zwar ein junger Mann das Eintrittsgeld
"abgepreßt", ich bin aber alleine hineingegangen,
keine Ahnung, welchen Namen das "Ding" gehabt hat, ...
da gibt es noch mehr zu erzählen.
Eine mühsame Nacharbeit war nötig, um mehr herauszufinden. Das
Internet bietet erstaunlich gute Informationen, sofern man die
entsprechenden Fremdsprachen beherrrscht.
Noch einmal hinfahren? Jederzeit.
Literatur:
Bachmann, Barbara | Zweiter Anlauf, Süddeutsche Zeitung Nr. 291, 17. Dezember 2015, S. 36 |
Hedoiin, M. & L. Renouard | La zone karstique de Van Vieng (Laos), SPELUNCA, 77, 2000, Paris, 39-44 |
Loose, Stefan | LAOS, 4. Auflage, 2010 |
Schultze, Michael | Laos, REISE KNOW-HOW, Bielefeld 6. Auflage 2006 |
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