Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
Carl Wilhelm von Gümbel
und die
Höhlen des bayerischen Alpenanteils
"Als es weder in den Höhlen noch am grünen Tische nicht viel Epochemachendes mehr zu entdecken gab, mußte der Eifer erlahmen, umsomehr als die prähistorische Richtung weit mehr Aussichten bot. Später kamen in Deutschland........ Gümbel...(nahm) die Höhlenforschung wieder in die Hand.." Kraus 233
"...Martel trägt sich seit längerer Zeit mit dem Gedanken, nach baierischem Muster eine Höhlenkarte zu entwerfen." Kraus, Höhlenkunde 235
Carl Wilhelm von Gümbel wurde schon als "bedeutendster Geologe Bayerns" bezeichnet. Ihm fiel die Aufgabe zu, das was "Seine Majestät der König Maximilian II" angeordnet hatte, nämlich eine "umfassende geognostische Durchforschung des Königreiches Bayerns" durchzuführen - weil das von "grossem Nutzen für das Land" wäre. Zu diesem Zwecke wurde eine jährliche Dotation von 5000 FL. bewilligt. Ab 1854 bis 1859 wurden die Geländeuntersuchungen vorgenommen und als erster Bereich Bayerns für die Gesamtpublikation wurde der Alpenanteil ausgewählt. Man hatte sich hohe Ziele gesetzt: die geognostische Beschaffenheit wollte man möglichst vorurteilsfrei auffassen und eine objektive Darstellung der erzielten Untersuchungsergebnisse liefern. Zwei Gründe werden genannt, warum das womöglich nicht erreicht wurde: 1) knappe Zeit, das gilt noch heute, und 2) "die vielfache, oft unbesiegbaren Schwierigkeiten, welche die Hochgebirgsnatur der Alpen der geognostischen Beobachtung entgegensetzt", das gilt noch immer.
Gümbel wollte nur eine Grundlage geben, "auf welcher die Kenntnis der geognostischen Verhältnisse unseres Alpegebirges sich nach und nach erweitern und vervollständigen wird" Gümbel, Geogrnostische XII.
Genau das tun wir Höhlenforscher auf unserem Spezialgebiet seit langem mit großen Erfolg. Der Blick unter die dünne harte Erdkruste lohnt sich immer und bringt oft vollkommen unerwartetes auch ans Tageslicht. Und der Vergleich des Wissens zur Zeit Gümbels und heute zeigt den riesigen Zuwachs an Kenntnissen.
Kurzbiografie Gümbels:
Einige Daten aus seinem Lebenslauf, die auf Kontakte mit Höhlen im bayerischen Alpenanteil hindeuten:
1861 Untersuchung der geologischen Situation des Ifengebiets (Höllocheingang)
?? Angererloch
In der "Höhlenkarte von Bayern", 1879 veröffentlicht, tauchen 6 Höhlen auf, die darin eingetragen sind:-
- Sturmannshöhle
- Angererloch
- Nixloch im Reutalp-Gebirge
- Nixlöcher bei Hallthurm
- Mausloch am Untersberg
- Kolowrathhöhle im Untersberg
Bei genauerer Untersuchung ist sicherlich die Kolowrathhöhle nicht dazugehörig, das Nixloch im Reutalp-Gebirge, wenn das gemeint ist, was er nicht wirklich beschrieben hat, zur "Hälfte", denn die Grenze zwischen Bayern und Salzburg geht mitten durch den Eingang.
In der "Geognostische Beschreibung des bayerischen Alpengebirges und seines Vorlandes, hrsg. v. bayer. Staatministerium der Finanzen, Gotha 1861", gibt es einige Erwähnungen von "Höhlen", die nicht auf der Karte eingezeichnet sind:
Seite im Buch | |
345, 837, 833 |
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542 |
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233 |
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235 |
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249 |
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387 |
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547 |
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818 |
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824 |
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Schneeloch in einer Schlucht im Schneeloche und in der hohen Trettach
unter der Mädelegabel |
824 |
385 |
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Höhlen an der Bucherbrücke | 345 |
Am aufschlußreichsten ist seine Bemerkung im Zusammenhang
mit dem "Angererloch":
"...eine Höhlenbildung, die nicht wegen ihrer Ausdehnung, sondern wegen
der Seltenheit des Vorkommens von Höhlenbildungen in der Alpen erwähnt zu
werden dient.... Es fand sich ausser schwachen Spuren einer Tropfsteinbildung
nichts, was zu weiteren Bemühungen angespornt hätte." (S. 322/323). Andere
Geologen kamen da später zu einem ganz anderen Ergebnis!!
Bemerkenswert ist schon auch, daß in der ersten geologischen Arbeit über Höhlen der bayerischen Alpen, der von Flurl, eine Höhle angeführt wird, die bei Gümbel fehlt: die Bärenhöhle bei Oberammergau. Das ist ein kleines Bespiel dafür, daß es kein ewiges Aufwärts gibt, sondern daß gelegentlich Dinge (? Nichtse? ...Protagoras: Sein ist, Nichtsein ist nicht. Bei einer Höhle? Was ist das überhaupt?) auch wieder vergessen werden können.
1894 In der Neuauflage der Karte in der "Höhlenkunde" von Kraus wird diese dann als siebte aufgeführt.
Das ist schon etwas verwirrend, aber auch nicht unerklärlich. Denn Gümbel hat wohl nur die wenigsten Höhlen, von denen er schreibt, wirklich selber gesehen. Das Sein und Tun bestimmt das Bewußtsein und das Bewußtsein bestimmt das Sein und Tun. Zum großen Teil......
Es wird bald, hoffentlich, eine gründlichere Darstellung dieses Themas erscheinen können.
Gümbel hat natürlich auch die Nachbargebiete von Bayern und ein paar Höhlen darin aufgesucht und zumindest zwei, die Kolowrathhöhle, die er ausführlich beschreibt, und wohl auch den Lamprechtsofen, der ja so einfach erreichbar ist.
Literatur:
Gümbel, Oberbergrath Prof. Dr. (1879): Die natürlichen Höhlen
in Bayern, in: Zeitschrift für Anthropologie und Urgeschichte Bayerns, III.
Band, Heft 1,+ München
Gümbel, C.W. (1861): Geognostische Beschreibung des
bayerischen Alpengebirges und seines Vorlandes, hrsg. v. bayer. Staatministerium
der Finanzen, Gotha 1861
Gümbel, C.W. von (1879): Ueber Bildung von Höhlen in
Bayern, in: Die natürlichen Höhlen in Bayern, Beitr. Anthropol. II: 191:194,
Taf. 14, München
Hofmann, P. (Schriftleitung) (1997): Das Estergebirge,
Karst und Höhle 1996/1997, München
Klappacher, W., Mais, K. (1975): Salzburger Höhlenbuch
Band 1, Landesverein für Höhlenkunde in Salzburg, Salzburg
Klappacher, W. Gesamtredaktion (1996): Salzburger Höhlenbuch
Band 6, Landesverein für Höhlenkunde in Salzburg, Salzburg
Kraus, F. (1894): Höhlenkunde – Wege und Zweck der
Erforschung unterirdischer Räume, Wien
Lindenmayr, F. (2021): Carl Wilhelm von Gümbel und die Höhlen in den Bay. Alpen, Teil 1: Die Höhlen in der "Höhlenkarte von Bayern", in: Der Schlaz 133, Oktober 2021, S. 26-31
Lindenmayr, F. (2022): Carl Wilhelm von Gümbel und die Höhlen in den Bay. Alpen, Teil 2: Was in der "1861-er Höhlenkarte" nicht vorkommt, aber in seinem übrigen Werk erwähnt wird", Der Schlaz 134-2022, S. 41ff.
Meyer, Ulrich (2004): Neue Höhlen am Untersberg 1339, in:
Münchner Höhlengeschichte II, 50 Jahre Verein für Höhlenkunde in München
e.V., München, S. 263
Meyer, Ulrich (2004): Das Geheimnis des Angerlloches, in: Münchner
Höhlengeschichte II, 50 Jahre Verein für Höhlenkunde in München e.V., München,
S. 79ff.
Orth, Hans-Peter (1997): Die Höhlen des Estergebirges, in:
Karst und Höhle 1996/97 Das Estergebirge, München
Sperling, Thomas (2001): Carl Wilhelm von Gümbel
(1823-1898) Leben und Werk des bedeutendsten Geologen Bayerns, Verlag Dr.
Friedrich Pfeil, München
Wolf, Andreas (2004): Forschungsgeschichte und aktuelle
Arbeitsgebiete, in: Münchner Höhlengeschichte II, 50 Jahre Verein für Höhlenkunde
in MünchDaen e.V., München
Zehentner, Gerhard (2010): Das Gamslöcher-Kolowrat-Höhlensystem (1339/1) am Salzburger Untersberg, Forschungsergebnisse 2006–2010. In: Die Höhle, Band 61, 2010, S. 102–108
Links:
https://www.deutsche-biographie.de/sfz69953.html
https://www.zobodat.at/biografien/Guembel_Carl_Wilhelm_von_Mainzer-Naturwiss-Archiv_36_0009-0011.pdf
https://badw.de/fileadmin/nachrufe/SB_math_1899 - Nekrologe.pdf
http://www.angewandte-geologie.geol.uni-erlangen.de/kluftein.htm
http://www.angewandte-geologie.geol.uni-erlangen.de/kluftalt.htm
Gümbel und die Höhlen in Franken
Historisches aus den Höhlen in den bayerischen Bergen
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