Franz Lindenmayr / Mensch und Höhle
2017
37. HÖPHO - das jährliche Treffen aller an Höhlenphotographie und -film Interessierten
im Wanderquartier "Gesindehaus" bei Dresden, Sachsen
Das obligatorische Gruppenbild mit viel Drumherum
1x1= ?
Normalerweise würde jeder mit "2" heute antworten. Ist das überhaupt eine Frage? Ja.
Bei besonderen Momenten des Zusammenkommens, da kann man schon das Gefühl bekommen, daß es "3", vielleicht auch noch mehr ist. In der "Liebe" zum Beispiel. Oder wenn sich viele Gleichgesinnte zusammenfinden und einen Abend zusammen verbringen. Ich durfte z.B. so einen Moment erleben, als wir uns am Walchensee zum HÖPHO zusammenfunden hatten. Da gab es wirklich so einen "magischen Abend", wo ich am nächsten Vormittag soviele körpereigene Endorphine ausgeschüttet habe, daß es kaum mehr zum Aushalten war. Geschenk des Lebens. Wir hatten keine Drogen genommen. sondern einfach nur Höhlenphotos angeschaut, z.B. drei nebeneindander - und ........ Vergleich - das ist ein uralter Trick, um das Hirn anzuregen, Dinge zu sehen, die es normalerweise gar nicht so zu sehen gibt, aber die sich mit Hilfe von Fotos sich einfach nebeneinander stellen lassen und es ganz besondere Wirkung erzielen können. Da wird deutlich, daß wir alle in Zustände "gehobenen Bewußtseins" kommen können, wenn einfach eine passende Gruppe von Menschen zusammenkommt. Als Einzelner kann man nie dahin kommen, so sehr man das auch möchte, und vielleicht unendlich viele Anstrengungen dahingehend unternimmt. Es passiert einfach, wenn es stimmt. Leider tut es das schon länger nicht mehr bei den HÖPHPOs - aber die Hoffnung aufzugeben, das mag ich, noch, nicht. Denn es gibt einige Leuchttürme....
Was haben wir nicht alles schon versucht bei den HÖPHOs? Drüber und Drunter - zwei Bilder von der Oberfläche und im Untergrund übereinander projiziert, Früher und Später - herrliche Shows gab es z.B. von alten Postkarten und vom jetzigen Zustand einer Höhle usw....
Diesmal gab es so etwas nicht. Aber immerhin existiert es noch, das HÖPHO. Reinhard stellte mir die Preisfrage vor der "Scheune" im schönen Ort Eschdorf am Rande der Sächsischen Schweiz, "Das wieviele Treffen ist eigentlich? Er hatte ja selber schon nachschauen müssen auf meiner Webseite. Es war das 37. Treffen. Aber das ist immer schon eine sehr persönliche Frage, denn keiner ist bei allen dabei gewesen! Ich war zweimal nicht dabei - in 37 Jahren - und bilde damit einen dieser "Leuchttürme".
In Eschdorf bei Dresden hatten die "Eules" ein ideales Quartier für unsere HÖPHOs aufgetan. Das Gesindehaus entwickelt sich langsam zu einem Veranstaltungszentrum, das wir benutzen durften. Geschichte zum Anfassen. Mit Hightech. Wer in den Raum treten wollte, der konnte nicht dem gewohnten PUSH-PULL-Schema folgen. Es galt, den aufgeklebten roten Pfeilen zu folgen - dann öffneten sich die Glastüren von elektrischer Hand getrieben - nach links und rechts wie von Geisterhand. Drinnen war alles perfekt auf unsere Bedürfnisse ausgerichtet. Namenslisten zur Erfassung aller Präferenzen, Frühstück Ja/Nein, Abendessen Ja/Nein, Nichtalkoholisches Getränk.... an langen Holztischen konnte gesessen und gespeist werden, in ein einem Kühlschrank gab es die Getränke zum Selberaussuchen, ein Beamer ist fest eingebaut, so daß man nur den Stecker in den Laptop fügen mußte und los konnte es gehen.
Am Freitagabend begann Reinhard mit der Show. Inzwischen hat er alle Kleinbilddias digitalisiert, und es hat es so leicht, zu bestimmten Themengebieten schnell und einfach Bilder zusammenzustellen. Als Eingangsthema hatte er sich die früheren HÖPHOs ausgesucht. Bilder, die eine "Abkühlzeit" von mindestens 10 Jahren haben, weil sie die verschiedenen Teilnehmer in allerhand Posen, meist ungewollt, zeigen, die sie oft wenig "vorteilhaft" präsentieren. Der Alkohol hat da teilweise mitgewirkt, die Müdigkeit - der Ablacher, ein wenig oft auf "Kosten" des Abgebildeten, war garantiert. So etwas ist heikel.
Erika Bachmann machte weiter mit einer musikuntermalten Zusammenstellung vom letzten HÖPHO 2016. Das Zurückblicken auf die vorangegangene Veranstaltung hat ja eine lange Tradition. Erika machte das routiniert und gekonnt und es war eine Lust, ihr in die Vergangenheit zu folgen.
Langsam wurde es Zeit, daß auch einmal Höhlen gezeigt wurden. Ich zeigte meine Bilderschau, Diaschau kann man nicht mehr sagen, weil die Zeit heute vorbei ist, wo man für jedes einzelne Bild ein eigenes Dia hat, von Hawaii und seinen Höhlen. Anlaß war das 17. internationale Vulkanhöhlenforschertreffen in Ocean View auf Big Island 2016 gewesen, wo ich dabei sein konnte.
Inzwischen sortiere ich die Bilder
immer in drei Kategorien: Vorstellen allgemein der Gegend, die spezielle
Veranstaltung und das der Höhlenphotoblock. Wenn es eilt, dann zeigt
man nur noch die Höhlenphotos. Hier war aber genügt Zeit vorhanden und
es wäre ja sehr schade, nichts von der außergewöhnlichen Gegend zu
zeigen, die ja vom Vulkanismus geprägt ist und durch ihre Lage mitten
im Pazifik ganz schön exotisch wirkt.
Wir hatten damals zweimal die Gelegenheit, die längste Lavahöhle der
Erde, die Kazamura Cave zu besuchen. Sie eignet sich auf klassische
Weise für Tunnelphotos, die wo anders nicht besser gemacht werden
können, aber auch die Kleinformen sind teilweise einzigartig.
Gegen 11 Uhr war Schluß. Die Teilnehmer suchten ihre Schlafplätze auf. Inzwischen haben ja einige große Wohnmobile dabei, in denen sie ein Stück heimische Gemütlichkeit mitrollen, die anderen zogen ins renovierte Fachwerkhaus, wo es genügend Raum zum "Poofen" gab
Am nächsten Morgen hatten die Eules einen Frühstücksservice organisiert, frische Bäckersemmeln besorgt, feine Wurst und Schinken und Käse aufgetischt, der Kaffee dampfte - ein herrliches Frühstück im Kreise der bekannten und noch unbekannten an Höhlenphotogräaphie Interessierten - "a feine Sach". Gegen 9 Uhr wurde das obligatorische Gruppenphoto vor der Scheune aufgenommen, was einige Zeit kostete. Dann ging es in mehreren Autos los auf die große Gruppenexcursion ins "Meißner Hochland". Ein kleines Grüppchen blieb zurück und kümmerte sich um die Vorbereitung des großen Abendessens.
Es ging ins Kalksteinbergwerk Miltitz, das reichlich Punkte bot, wo man sich photographisch austoben konnte. Sogar ein paar Taucher waren da, die dort das Bergwerkstauchen als Sport betreiben. Was es nicht alles gibt. Eine winzig kleine Naturhöhle war auch angeschnitten worden und wurde von unseren Linsen erfaßt. Weiter ging es zu den Pechsteinfelsen, die 60 m über dem Talgrund aus dem Berghang schwarz herausragen. Über einen alten Steinbruch ging es zurück zu den Autos und allmählich zurück zur "HÖPHO-Scheune". Unterwegs wurde noch beim Weingut Wackerbarth gehalten und ein bißchen Kultur genossen. Dann ging es wieder mitten durch Dresden bis ans andere Ende, dort wo schon wieder die kleinen Dörfer inmitten der Rapsfelder liegen und herrliche Ruhe herrscht. Es war noch ein wenig Zeit, was viele zu einem Besuch der Kirche nutzten.
Dann kam das kulinarische Highlight des HÖPHOs - schon eine eingeführte und geschätzte Tradition. Reinhard hatte diesmal eine großes Stück Fleisch auf einer frisch gerösteten Brotscheibe mit einer köstlichen Knoblaubsoße ausgesucht, oben drauf gab es dann noch Pommes Frites und hinterher noch eine Nachspeise in Form einer Creme mit Walnüssen. Das zog sich hin, aber zur Hetze war trotzdem kein Anlaß.
Es wurde fast 20 Uhr, ehe die Hauptbilderschauen des Abends anfingen.
Es begann ganz traditionell mit Kleinbilddias. Leo und Marianne Mayer
hatten sich die Mühe gemacht, eine Schau über das Höhlentauchen
zusammenzustellen mit dem Schwerpunkt der Dominikanischen Republik. Es
gab noch einen richtigen Kleinbildprojektor, das Geräusch des
Bildwechsels, Nostalgie pur. Klaus-Jürgen Fritz machte weiter und wie!
Es ging hauptsächlich um Bergbau unter dem Motto "Spuren der
Vergangenheit". Die Bilder waren exzellent und irgendwo kamen dann
auch tatsächlich noch Höhlen vor, die Schlotten, die ja wirklich
außergewöhnliche Hohlräume darstellen mit bizarren Füllungen. Er
machte auch gleich weiter und präsentierte eine Aktion, wo Bodypainting
die Hauptrolle spielte. Mit einigen weiblichen Modellen ging es ins
Bergwerk, die Bergmannsuniformen und anderes auf den Körper aufgemalt
hatten. Für Voyeure war es nicht wirklich was, darum ging es ja
letztlich auch nicht, sondern um besondere Sichtweisen auf den Menschen
im Berg.
Klaus Groß von den Mühlbachern machte weiter, zeigte Bilder aus der
südfranzösischen Ecke und anderen Regionen. "Bilder" ist
natürlich untertrieben, es waren gekonnt ausgeleuchtete kleine
Kunstwerke. Ein wenig kritisch wurde es, als es um Höhlen in Franken
ging. Da wurde nachgefragt, aus welcher Höhle dieses oder jenes Bild
sei, aber geantwortet wurde nicht, ein Geheimnis daraus gemacht. Man
erkannte natürlich einiges, die Mühlbachhöhle, das Alfelder Windloch usw... Es war schon typisch, daß man eher mit
Ausländern oft sein Wissen teilt als mit seinen Nachbarn.
Wolfgang und Leona Mulde zeigten von einem Ausflug zu EUROSPELEO 2016 in
Yorkshire und dem Peak District sehr gekonnte Photos. Endlich waren
einmal keine Bilderstrecken aus den langsam mir schon zum Hals
heraushängenden südfranzösischen Höhlen zu sehen, sondern einmal aus
England. Auch da gibt es schöne und spektakuläre Höhlen, Alum Pot,
Long Churn Cave, Gaping Gill, Peak Cavern usw.. Der Vortrag war von
Rockmusik begleitet, eine gute Abwechslung zum oft verwendeten
Ambientsound der Vergangenheit. Gelungen war auch der Übergang vom
Standbild zum Video, wenn gerade eine Stelle dazu einlud, zum
Film überzugehen, z.B. beim Durchklettern eines Wasserfalls oder beim
Hochgeholtwerden im Sitz im Gaping
Gill-Schacht.
Günter Forstmeier präsentierte dann meisterhafte Photos von Alex
Bengel und Timo Hess, die diesmal selber nicht dabei sein konnten und wirklich im Moment Spitzenphoto auf Spitzenphoto schießen. Sie haben
den Bogen heraus und machen Bilder, bei denen einem einfach fast die
Luft wegbleibt, "breathtaking" sagen die Leute über dem Kanal
zu solchen Werken. Slowenien, Südfrankreich, aber auch einige Bilder
von der Schwäbischen und Fränkischen Alb. Günther wußte viele Namen
der Höhlen, wenn er sie auch von einem Spickzettel ablesen mußte. Da
war die Luft hinterher heraus - höher klimmen kann man in der
Höhlenphotographie im Augenblick nicht.
Zum Schluß wagte sich Winnfried Brüssler aus Dresden noch in die Arena
und zeigte seine Photos aus Höhlen in Rumänien. Wieder ein Blick zurück in
die photographische Vergangenheit, nun halt digital eingefangen. So
haben wir alle mal am Anfang so photographiert, ehe wir entdeckt haben,
daß es einen großen Unterschied macht, von wo das Licht kommt, am
effektvollsten natürlich von hinten im Gegenlicht. Es war 11 Uhr und
Klaus-Jürgen zeigte noch einen Bilderschau über ein
Brunnenbefahrungsprojekt in der Sächsischen Schweiz. Ich wurde schon
sehr müde und suchte die Heia im Nebenhaus auf.
Am nächsten Morgen gab die Sonne eine spätfrühlingshafte Sondervorstellung und tauchte alles in strahlendes Licht. Es gab wieder das feine Frühstück, dann begannen die "Aufräumarbeiten". Aber einfach nur noch aufbrechen, ohne daß noch ein paar Photos gezeigt werden? Wir hatten wirklich nicht viele Stunden damit zugebracht, Höhlenphotos zu zeigen und aufzunehmen - das war früher schon ganz anders gewesen. So machte ich den Vorschlag, noch einige Photos von mir von der letzten Laosexpedition 2017 anzuschauen.
Die großen hölzernen Scheunentore wurden zugeklappt und dunkel wurde es. Ich konzentrierte mich auf die Höhlenphotos und die zeigen hauptsächlich Tunnels in allen Variationen. Das war eben der Haupttyp von Höhlenform dort, die ich auf verschiedenste Weise ausgeleuchtet habe, jetzt sogar unter Einsatz der Scurionlampe mit der man auch sehr effektvolle Lichteffekte erzeugen kann. Das letzte Bild zeigte noch einen buddhistischen Mönch in der Tham Aen auf einem Kahn, dann war für dieses Jahr die Schau vorbei. Das Tor geöffnet, die Sonne hereingelassen, es blieb nur noch die weiter Heimfahrt, mehr als 500 km sind es zurück bis nach München.
Unterwegs machte ich noch einen Abstecher in die Drachenhöhle in Syrau. Es war ja Sonntag, weshalb der Führungsbetrieb flott lief. Man macht ja aus dem Photographieren dort ein Geschäft und verlangt 2,50 Euros als Gebühr dafür. Ich fragte an der Kasse, ob es überhaupt etwas zum Photographieren gäbe. Die Antwort der flotten Kassiererin: "Für ihr Dafürhalten schon, aber wenn ich nichts finden würde, bekäme ich mein Geld wieder zurück." Tatsächlich gab es dann doch eine Klasse Lasershow am Schluß zu sehen, wo einfach spektakuläre Höhlenphotos möglich sind. Das hat nichts mehr mit den tradierten Vorstellungen vom Photographieren in Höhlen zu tun, aber es sind einfach "kracherte" Aufnahmen! Ich finde, daß das Experimentieren mit Bildvorstellungen längst fällig ist.
Wir sehen uns nächstes Jahr natürlich wieder. Erst war ein Veranstaltungsort im Pfälzer Wald vorgesehen, aber die Schwierigkeiten, ein geeignetes Quartier zu finden, scheinen unüberwindlich. Deshalb geht es wieder in die Fränkische Schweiz, wobei sich Axel Bengel und Timo Hess um die Organisation kümmern werden. Wir dürfen uns schon darauf freuen.
< das Mastermind der Veranstaltung
> inzwischen HÖPHO-Urgestein |
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Kalksteinbergwerk Miltitz | ||
Bei den Pechsteinfelsen | ||
Beim Festmahl | ||
Bei der großen Abendgala |
Unterwegs - Foto Erika Bachmann
Literatur:
Heine, Florian | Mit den Augen der Maler - Schauplätze der Kunst neu entdeckt, Bucher-Verlag, München 2009 |
Mandelstam, Ossip | Die Reise nach Armenien, Bibliothek Suhrkamp, Frankfurt a.M. 9. Auflage 2015 |
Valéry, Paul | Cahiers/Hefte 6, S.Fischer, Frankfurt a.M. 1993 |
Links:
http://evangelische-haeuser.evangelisch.de/haeuser/3327/wanderquartier-gesindehaus
Landschaft und Höhlen in der Sächsischen Schweiz
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